Großes Interesse - aber auch Bedenken
Agri-PV als Stockacher Chance für mehr lokalen Energiemarkt
Stockach. Auf ein recht reges Interesse stieß eine Informationsveranstaltung zum Thema Agri-PV im Stockacher Ortsteil Wahlwies am Donnerstagabend, bei der allerdings auch viele Bedenken ausgesprochen wurden. Denn die Stadt Stockach will in dem ohnehin von Hagelnetzen für den Obstbau geprägten Ort einen großen Rahmen für die Nutzung der Sonnenenergie über den Obstplantagen, über Beerenfeldern und anderen landwirtschaftlichen Flächen wagen.
Rund 170 Hektar ist das Gebiet groß, in dem über eine Änderung des Flächennutzungsplans die Agri-PV möglich gemacht werden solle, erläuterte Stadtbaumeister Lars Heinzl in seinem Vortrag. Die Chance für die Stadt wird hier auch in der geplanten Erweiterung des Industriegebiets Hardt über die Autobahn A 98 hinweg gesehen, die mittelfristig geplant ist, um weiter Angebote für das Gewerbe in der Stadt machen zu können. Der Idealfall könnte dann sein, dass sich hier Unternehmen ihren Strom von den Wahlwieser Feldern holen könnten, malte Heinzl in seinem Vortrag aus. Auch Bürgermeisterin Susen Katter sieht in dieser Planung eine Zukunftsoption. Der Konflikt, dass man mit Freiflächen-Solarparks der Landwirtschaft Flächen aus der Produktion nehme, sei spürbar. Hier könne man mehr eigenen Strom produzieren, ohne Flächen dafür aufgeben zu müssen.
Bis zur Umsetzung dauert's noch
Lars Heinzl konnte in seinem Vortrag Befürchtungen entkräften, dass die Fläche schnell umgewandelt würde. Es seien mehrere Verfahren nötig, was schon einige Jahre in Anspruch nehmen könne. Hier hätten die Anwohner in der Offenlage auch mehrfach noch die Möglichkeit, ihre Bedenken und Anregungen einzubringen.
Seitens der Vorgaben der Regionalplanung, mit dem aktuell in Überarbeitung befindlichen Teilregionalplan Photovoltaik, der das Ziel von 0,2 Prozent der Fläche für Freiflächen-Photovoltaik gesetzt hat, sei man schon weit in der Umsetzung. Aber hier könnte man die rechnerische Eigenversorgung deutlich verbessern, meinte Heinzl. Im Bereich der Photovoltaik auf den Dächern liege man im Landkreis an der Spitze.
Mit einer solchen Planung wolle man Landwirten keine Flächen wegnehmen. Ihnen soll im Gegenteil sogar noch eine Möglichkeit gegeben werden, von den Flächen, die hier ohnehin zu 80 Prozent mit Hagelnetzen versehen seien, einen zusätzlichen Ertrag zu ermöglichen. Im Idealfall auch mit direkten Abnehmern, womit man sich gegenüber den Tarifen des "Erneuerbare Energiegesetzes" (EEG) noch verbessern könne und bei größeren Anlagen deren Abschaltung bei Überproduktion im Netz vermeide, also auch einen besseren Wirkungsgrad erreiche.
Interesse bei den Landwirten
Dr. Ulrich Mayer vom Kompetenzzentrum Obstbau aus Langenargen verwies auf Pilotprojekte mit verschiedenen Techniken. Klar gebe es auch bei Obst einen gewissen Minderertrag von zehn bis 15 Prozent. Allerdings gebe es durch die hohen Sommertemperaturen inzwischen bereits Ertragsausfälle, weil das Obst dann nicht mehr wächst. Man werde schon bald selbst Versuche im Weinanbau machen. Der Schatten der Anlagen schütze auch den Boden. Aus den Zuhörerreihen wurde nach den Investitionen gefragt. Die seien natürlich sehr groß, meinte Mayer. Aber man müsse hier eine Betriebszeit von über 20 Jahren dagegen halten. In dieser Zeitspanne müsse Hagelnetze mehrfach ausgewechselt werden, was man sich dann sparen könnte.
Mark Kugel vom Unternehmen "Sonntag Energy", das erst seit kurzem auf dem Markt ist, verwies auf ein starkes Interesse der Landwirte hier am See. Zumal Anlagen mit einer Größe von bis zu 2,5 Hektaren, die vom Landwirt selbst betrieben würden, durch die neue Gesetzgebung als privilegiert gelten. Dann könnten sie auch ohne Sicherung im Flächennutzungsplan umgesetzt werden und seien bis zu einer bestimmen Größe auch nicht Stromsteuer-pflichtig. Knackpunkt sei freilich immer die Distanz zum Netzverknüpfungspunkt, da man bei einer Mittelspannungsleitung bei rund 200 Euro für den verlegten Meter lande. Wie Lars Heinzel ergänzte, werde man bei Bedarf ein kleines Unter-Umspannwerk zur Weiterführung in das größere Umspannwerk Stockach vor Ort platzieren.
Die meisten der Besucher blieben freilich erst mal skeptisch, verwiesen auf die Bedeutung des Tourismus im Ort und dass sie es lieber hätten, "dass alles so bleibt wie es ist."
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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