Gemeindetag trifft Abgeordnete
Gemeinden fordern endlich Signal der Entlastung

Schon im letzten Herbst schlugen die Bürgermeister Alarm wegen der Belastungen der Gemeinden. Getan habe sich in der Politik seither aber nicht viel. Im Bild Benjamin Mors (Steißlingen) und Johannes Moser (Engen) im Oktober mit ihren "Jetzt reichts"-Positionspapier. | Foto: Philipp Findling/swb-Archiv
  • Schon im letzten Herbst schlugen die Bürgermeister Alarm wegen der Belastungen der Gemeinden. Getan habe sich in der Politik seither aber nicht viel. Im Bild Benjamin Mors (Steißlingen) und Johannes Moser (Engen) im Oktober mit ihren "Jetzt reichts"-Positionspapier.
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Steißlingen. Auf Einladung des Kreisverbandes Konstanz des Gemeindetags Baden-Württemberg fand kürzlich im Feuerwehrgerätehaus Steißlingen ein intensiver politischer Austausch zwischen den Bundestagsabgeordneten aus dem Wahlkreis Konstanz mit Landrat Zeno Danner sowie den Ober- und BürgermeisterInnen statt. Dr. Lina Seitzl (SPD) und Andreas Jung (CDU) und Maximilian Heck, in Vertretung für die dienstlich verhinderte FDP Bundestagabgeordnete Dr. Ann-Veruschka Jurisch, stellten sich den drängenden Problemen der Städte und Gemeinden, die auf schnelle Veränderungen pochten.

Kein Ruck kam nach den Alarmmeldungen

Im Zentrum der Gespräche stand die prekäre Lage, in der sich die Städte und Gemeinden in verschiedenen Bereichen befinden. Die BürgermeisterInnen machten deutlich, dass den Kommunen durch die stetig wachsende Aufgabenübertragung von Bund, Ländern und der Europäischen Union an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gestoßen sind. Die Bürgermeister/innen knüpften mit dem Austausch an das Positionspapier der kommunalen Spitzenverbände an, die bereits im September 2022 mit einer klaren Botschaft an die Öffentlichkeit gingen, dass angesichts der multiplen Krisen und der großen Zukunftsherausforderungen darf es kein „Weiter so“ geben. Der Landrat und die Bürgermeister/innen stellten fest, dass nach ihrem Eindruck auf Bundes- und Landesebene seither wenig geändert hat und deswegen dieser Dialog gesucht wurde.

"Bund und Land machen es sich zu einfach"

Ein zentrales Thema des Treffens war die immense Herausforderung der Flüchtlingsunterbringung und Integration. Die Kommunen im Landkreis sehen angesichts der schon erfüllten Aufnahmequote von 4 Prozent der Bevölkerung kaum noch Möglichkeiten, weitere Menschen aufzunehmen. Die allgemeine Wohnungsnot sowie begrenzte finanzielle und personelle Ressourcen machen die Situation zusätzlich schwierig noch weitere Unterbringungsmöglichkeiten zu finden. Die Kommunen appellieren daher eindringlich an den Bund und das Land, es sich nicht zu einfach zu machen und die Verantwortung für die Migration und Integration auf die Kommunen abzuschieben. Ansonsten drohen die Belegung der Schulsporthallen und Bürgerhäuser. Die Aufgaben für die Unterbringung und Integration binden viele Verwaltungsressourcen, die dringen für andere kommunale Pflichtaufgaben fehlen. Die Kommunen forderten schnelle Lösungen für eine finanzielle und personelle Entlastung bei der Flüchtlingsunterbringung, Veränderungen in den gesetzlichen Vorgaben, vereinfachte Reglung für den Wohnungsbau, eine generelle Arbeitspflicht und rasche Maßnahmen zur Bewältigung der unkontrollierten illegalen Einwanderung, sowie eine gerechte europäische Verteilung.


Bürokratie erdrosselt die Gemeinden

Ein weiterer kritischer Punkt, der in der Diskussion deutlich hervorgehoben wurde, ist die wachsende Bürokratie, die die Situation der Kommunen zusätzlich belastet. Die immer weiter zunehmende Regelungsdichte der übergeordneten Parlamente und Staatsbehörden entfremdet sich zunehmend von der Lebenswirklichkeit der Menschen vor Ort. Beispielweise die zu geringen Freigrenzen bei der Verpflichtung zur europaweiten Ausschreibung oder die unstrukturierte Einführung des Paragraphen 2 b Umsatzsteuergesetz führen zu einem enormen Verwaltungsaufwand ohne erkennbaren Nutzen und behinderten teilweise sogar die Aufgabenerfüllung der Städte und Gemeinden. So sei mit der Verschiebung der Einführung der Umsatzsteuerpflicht auf das Jahr 2025 den Kommunen nicht geholfen, wenn nicht vom Finanzministerium klare und eindeutige praktikable Anwendungsregelungen erlassen würden. Die Städte und Gemeinden können angesichts der unklaren gesetzlichen Definition nicht jährlich tausende Rechnungen in die Hand nehmen um Einzelfallentscheidungen bezüglich einem Mehrwertsteueraufschlag zu treffen. Dafür habe man das Personal in den Verwaltungen nicht.

Ein Verweis der Abgeordneten auf die Umsetzung des EU Gesetzes, fruchtete bei den Bürgermeistern/innen nicht. Zum einen solle das Bundesparlament den Mut haben, schlechte EU Regelungen zu verändern und zum anderen hätten Gespräche mit Kollegen aus den Partnerstädten ergeben, dass die anderen europäischen Regierungen einen politischen Spielraum für die kommunalen Verwaltungen ausgenutzt haben und eine Mehrwertsteuerpflicht nicht eingeführt wurde. Jedenfalls kennen die Kolleginnen und Kollegen aus den Partnerstädten diese Mehrwertsteuerregelung gar nicht.

Rolle der Kommunen beim Wärmegesetz definieren

Letzter wichtiger Diskussionsschwerpunkt war die Energiewende und das Gebäudeenergiegesetz. Die Kommunen stehen voll und ganz hinter dem Ziel die Klimaneutralität zu erreichen, sie verringern seit Jahren den Co²- Verbrauch, bauen Photovoltaikanlagen auf den eigenen kommunalen Einrichtungen, erstellen Bebauungspläne für großflächige Photovoltaikanlagen und stellen Windenergiestandorte bereit. Die Kommunen äußerten ihre Sorge darüber, dass die Bundesregierung die Verantwortung für diesen Prozess der künftigen Gebäudeheizungen und Wärmenetze einseitig den Kommunen überlässt. Sie forderten klare Aussagen darüber, welche Rolle den Kommunen bei der Umsetzung von Wärmenetzen zukommt und wie die notwendigen Finanzierungsmechanismen für die Energiewende und den Aufbau von Wärmenetzen aussehen sollen.

Jetzt ist aktives Handel von den Abgeordneten gefordert

Der Vorsitzende des Gemeindetages, Johannes Moser (Engen) äußerte sich nach dem konstruktiven Gespräch zuversichtlich: "Die Bundestagsabgeordneten haben unsere berechtigten Sorgen und Nöte ernst genommen und signalisiert, dass sie diese in ihre politische Agenda aufnehmen werden. Im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger erwarten wir ein schnelles aktives Handeln und zeitnahe, umsetzbare gesetzliche Veränderungen im Bundestag". Der Kreisverband des Gemeindetags blickt nach diesem Gespräch optimistischer in die Zukunft und will auf das Engagement vertrauen, den Landkreis und die Kommunen bei den drängenden Herausforderungen der Kommunalpolitik offensiv zu unterstützen.

Quelle: Gemeindetag Landkreis Konstanz, Johannes Moser

Autor:

Presseinfo aus Singen

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