Aber alle reden von klugen Lösungen
Kopfzerbrechen für Sparer

Die Bankenkrisen sind längst im heimischen Geldbeutel angekommen. Wer bei seiner Altersversorgung auf private Lösungen gesetzt hatte, spürte schon länger, wie die prognostizierten Gewinnanteile nach unten korrigiert wurden. Krisen kann man natürlich auch herbeireden, vor allem solche am Geldmarkt. Natürlich haben wir uns oft auch selbst irrational verhalten. Mit dem Euro kam fast zeitgleich der Jubel über die Gewinne am Neuen Markt. „Infineon“ war in aller Munde: Wer sich für gescheit hielt, musste einfach mitmachen! Technologie-Werte waren Trumpf. Die heimischen Banken informierten kaufwillige Kunden ausführlich über mögliche Risiken der Geldanlage. Sie taten dies zum Teil bis zum Exzess: Aber, was später geschah, hat ihre Aufklärungsaufwendungen nur bestätigt. Andere haben Lehrgeld zahlenmüssen, weil sie ihre Altersversorgung bei einem Geldinstitut ohne klassische Einlagensicherung haben liegen lassen – vielen Unkenrufen zum Trotz!

Das alles macht Geldanlagen heute nicht einfacher, denn wir Menschen lernen bekanntlich pathologisch. Das gebrannte Kind scheut das Feuer. Als „stärksten Trieb
der Deutschen“ bezeichnete letzte Woche just „Die Zeit“ den Sparwillen der Menschen am nördlichen Alpenrand. Und sie kombinierte weiter: Für Generationen war es eine Gewissheit: Aus Geld wird mehr Geld, wenn man es zur Bank bringt. Doch jetzt gibt es keine Zinsen mehr – und das könnte für immer so bleiben. Woran liegt das? Und was tun, wenn die Welt nun zinslos bleibt?

Selbst die Geschichte mit dem Schwarzgeld ist schwieriger geworden. Die Schweiz und Lichtenstein sind ferner geworden, das Bankgeheimnis gleicht wohl eher einem Schweizer Käse. Und Uli Hoeness ist statt eines Denkmals zum Mahnmal geworden. Jetzt ist sogar EU-Chef Jean-Claude Juncker von seiner luxemburger Vergangenheit eingeholt worden. Aber auch sonst liegen unsere Geldbeutel-Probleme in Brüssel!

Die EZB ist mit 0,75 Prozent auf einem historischen Niedrigzinsniveau angekommen. Wie wird das weitergehen? Das ist eine Stunde der oft selbsternannten Experten. Die des Handelsblatts gehen davon aus, dass das Zinsniveau bis spät ins kommende Jahr so bleiben wird, fürchtet zudem, dass Slowenien bald unter den Rettungsschirm schlüpfen wird. Für Neubauten ist das günstig, für Konzepte der Altersabsicherung schlecht. Kopfzerbrechen bereitet die Situation Sparern, die aktuell Geld anlegen müssen, weil zum Beispiel Lebensversicherungen ausgezahlt wurden. Banken und Versicherungen haben ihre Marketing-Experten längst an die Front geschickt. Die Badische Beamtenbank hat vielleicht den intelligentesten Slogan gefunden: „Klüger anlegen im Zinstief“.

Wer sich im Wochenblatt-Land umschaut, stößt meist auf ähnliche Konzeptionen: Persönliche Beratergespräche und dabei eine Menge Papier auf den Tisch – bunt und fröhlich aufgemacht. Für Tagesgeld gibt es derzeit auf Nachfrage meist 0,2 bis 0,3 Prozent Zinsen. Höhere Beträge gelten als Lockangebot für Neukunden, sind auf kurze Laufzeiten beschränkt oder in der Summe begrenzt. Dann kommen die fröhlichen Pakete mit Fonds und Aktien: Alles ist wohldosiert, auf Kundenneigungen zugeschnitten, Vorsicht ist gleichsam die Mutter der Porzellankiste.

Viele Unternehmen setzen auf mehr Informationen und wollen Schwellenängste abbauen. Das gilt für Fonds, die manchem Sparer zu kompliziert sein sollen, oder auch für den jetzigen Einstieg in den Aktienmarkt: Wer weißt da schon, wann der richtige oder falsche Zeitpunkt sein soll? Durch das Lebensversicherungsreformgesetz vom Juli dieses Jahres ist der Garantiezins von 1,75 Prozent auf 1,25 Prozent gesenkt worden. Die Anbieter reagieren mit Werbung: Bei Verträgen bis zum Jahresende gilt der alte Zinssatz!

Gute Berater sind natürlich gefragt. Das sind natürlich Fachleute, die nicht gezwungen sind, hauseigene Produkte zu verkaufen. Wer im Internet nachfragt, landet schnell bei den Hausbanken der großen Automarken oder den vielen Direktbanken. Die Vorgaben der EZB haben irgendwie gewirkt, denn selbst die Schotten sind hier sparsam geworden. Öko und Energie sind Themen, speziell Holzanlagen in der Schweiz sind mit verlockenden 12 Prozent Zinsen zu finden. Aber das wären junge Bäume, bei denen „Lothar“ jederzeit grüßen könnte. . .

Tipps sind nicht zu geben. Zu hinterfragen ist, warum eine regionale Zeitung unter die Auflistung von Tagesgeldzinsen als Prognose einen nach unten gehenden Pfeil setzt. Der Kunde macht dann nichts falsch, wenn er beim aufrechten Gang bleibt und sich an seinen ganz persönlichen Bedürfnissen und Zukunftsplänen orientiert. Aber was ist, wenn die fünf Wirtschaftsweisen an der zukünftigen Konjunktur herummäkeln? Wessen Geschäft betreiben die wirklich? Warum noch einmal ein Aufguss zu Müttertrente und Mindestlohn? Auf zum Rollenspiel mit der Kanzlerin! Und zu Energiefragen Putin und Schröder fragen . . .

Von Hans Paul Lichtwald

- Redaktion

Autor:

Redaktion aus Singen

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