Peter Voncken verstarb nach engagiertem Leben
„Gastmahl“ war ihm näher als Benzingeruch
Wo Peter Voncken unterwegs war, da pulsierte die Welt. Verlassen hat er uns und die Welt aber still und schweigend. Verstorben ist er auf der Intensiv-Station der Uni-Klinik in Freiburg. Dabei hatte er schon viel auf seinem Leidensweg überstanden. Am Blasenkrebs war er erfolgreich operiert worden, aber bei der Bandscheiben-OP gab es Komplikationen mit einer Lungenentzündung, Krankenhaus-Keinem und künstlichem Koma. Was genau woher kam, lassen wir offen: Brachte er es vom Urlaub auf Madeira mit? Brachte er es von Singen zur Uniklinik mit? Dort meinten Ärzte, er hätte besser gleich zu ihnen kommen sollen?! Seine Freunde posteten im Internet einander wochenlang Hoffnung zu: Aufwärts dank Luftröhrenschnitt! Ja, so geht eben Krankenhaus heute! Das war bei mir vor neun Jahren anders, als ich im Singener Krankenhaus lag: Peter Voncken besuchte mich und sprach mir Mut und Hoffnung zu. Wissen statt Mutmaßungen, das schafft eine Basis für die Zukunft. Aber Peter Voncken hat uns viele Fragen hinterlassen. Lassen wir die so stehen.
Vor rund 35 Jahren habe ich Peter Voncken in der Rielasinger Straße in Singen auf der Ziellinie der Deutschland-Tour kennengelernt. Er startete gerade als Lokalredakteur beim Singener Wochenblatt. Gemeinsam gewartet haben wir auf Dietrich Thuraus Supersprint am Ebert-Platz. Danach kannte ich pvcs Vita als Volontär bei Auto, Motor, Sport in Stuttgart plus alle Abenteuer samt Unfall als Racer im Grenzbereich von USA und Mexiko. Bald wurde klar, dass er „Handgepäck“ dabei hatte: Ana Watson, seine „Krankenschwester“ vom Hausboot, die er wenig später zwecks „Asyl“ ehelichte. Vonckens zogen nach Bodman. Damit kamen wir uns noch einen Schritt näher. Ana hatte Probleme mit Peters Arbeitsintensität, wenn es am Nachmittag in die nächste Runde ging! Fuhr ich mittags heim, begegnete ich ihr oft als Fußgängerin vor unserem Ort. Der Mensch ist schließlich nicht zum Mittagessen kochen geboren!?
Das war er auch in Konstanz nicht, wohin Peter jetzt zog, um Ana mehr heimatsprachliche Kontakte zu ermöglichen. Geholfen hat es der Beziehung auch nicht. Geschieden wurde einvernehmlich, bevor ihr Flugzeug in Zürich gen Südamerika flog. Für Peter Voncken begann eine neue Zeit, auch wenn er seinen Ruf als Bruchpilot nicht mehr los wurde. Auf der Heimfahrt von der Gems in Arlen hatte er eine komplette Ampelanlage mit Kreisverkehr abrasiert. Verleger Hans-Joachim Frese hatte eine wöchentliche eigene Fernsehzeitung als Projekt angekurbelt, das Peter Voncken mit Leben erfüllen sollte. Mit Kopfbild in Farbe wurde der neue Singener Bürgermeister Fuchtel im Interview präsentiert. Problem: Er war am Dienstag vom Gemeinderat nicht gewählt worden! Anschließend verlor er die OB-Wahl auch noch gegen Möhrle. Das war das Ende der Wochenblatt-Fernsehzeitung. Das Blatt wurde zur Rarität, zum Sammlerstück. Mehrere Pechvögel waren im Spiel!
Beim „Kir Royal“ trennten sich die Geister, erst im „Kunsthäusle“, dann bei Vonckens Bericht im Wochenblatt. In der CDU-Mittelstandsvereinigung hatte Klaus Bregger es bis zum Bundesvorsitzenden gebracht, der zu den Sonntagsnachrichten seine Schüsse auf Kanzler Kohl abfeuerte. Mit seinen Freunden wollte Bregger einen Abend der Begegnung feiern. „Kir Royal“ wurde am Eingang kredenzt. Eine saftige Gesellschaftsglosse machte Voncken daraus im Wochenblatt zum Aufmacher. Es sollte die bissigste Story seines Lebens werden, die ihm zwar eine Menge Ärger einbrachte, zugleich aber signalisierte, wohin sich Journalismus seiner Meinung nach bewegen sollte. Als frisch gebackener Lokalchef des „Schwarzwälder Boten“ blieb ich in meinen Formulierungen eher moderat. Original Franz Xaver Kroetz (Baby Schimmerlos“) traf ich später in der „Färbe“ beim Dialog.
Das Glück war aber plötzlich auf Peters Seite: Mit Resa fand er die Frau des Lebens. Die Lehrerin gab seinem Leben eine neue Struktur – eine „Zonta“-Frau an seiner Seite! Beim Seefunk mutierte pvc zum Vorsitzenden des regionalen Journalisten-Verbandes. Er sammelte das Häufchen der Aufrechten hinter sich durch Programm mit Stil. Er ließ seine Beziehungen spielen. Bei den Bregenzer Festspielen lud er zum Dialog mit den Verantwortlichen vorab im Festzelt. Auf der Mainau führte Graf Björn in die Pop-Art Ausstellung ein, bevor des zum Schweden-Buffet ging. Seine Liebe galt der Moderation. Ein Höhepunkt war die Seefunk-Live-Übertragung zur OB-Wahl 1993 vom Singener Stadtfest vor dem Singener Stadtfest. Eine TED-Umfrage wurde zum Bumerang, obwohl die Abstimmung der ersten zehn Minuten das richtige Wahlergebnis mit Renner vor Schrott erbracht hatte. Ein Jahr später moderierten wir die neue kreisweite Mülltrennung auf der Bühne des Radolfzeller Altstadtfests. Doch dann dominierte bei Peter wieder das Gaspedal in seinem Leben. Bei Motorpresse Schweiz fand er in Zürich eine neue Betätigung. Aber Gaspedal? Er pendelte jeden Tag nach Zürich und zurück. In Singen änderten sich seine Themen: Das „Gastmahl“ war ihm näher als der Benzingeruch. Und kulturell waren die Vonckens immer unterwegs. Das Schreiben kritischer Zeilen reizte ihn stets. Drei Dinge sind in seinem Leben als Journalist untypisch geworden: Er feierte noch seinen 60. Geburtstag und trat in diesem Frühjahr die Schweizer Rente an. Seine Frau Resa überlebte er zeitlich nur knapp. Peter Voncken ist eben anders, hatte hart mit seinen gesundheitlichen Einschränkungen zu kämpfen. Lebensmut und Hoffnung haben den rheinischen Jecken nie in Stich gelassen. Angepasst war er nie. Dafür pflegte er den aufrechten Gang zu sehr. Der Dialog mit ihm war immer lebhaft und lebendig – wie es sich unter Freunden gehört! Adieu.
Von Hans Paul Lichtwald
- Redaktion
Autor:Redaktion aus Singen |
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