Wie Massenmedien auf ihren Augenblick warten?
Einfluß auf Politik aus der Schublade
Auf den richtigen Augenblick kommt es an, um wohlgehütete Stories wie eine Bombe zu zünden. So jetzt mit dem DFB und seiner Mär vom Sommermärchen. Von diesem deutschen Wundersommer spürte ich kaum etwas, denn den erlebte ich nach meinem operierten Lendenwirbelbruch in der Reha-Klinik. Neben der Cafeteria-Theke sah ich nur jeden Morgen die Titelseite der BILD-Zeitung mit den Legenden von Poldi und Schweini, das war schon ein Sommerwunder – bis heute. Schweinis WM-Finale von Rio war schon grandios! Aber wie Poldi auf weit über hundert Länderspiele kommen konnte, weiß nur Jogi Löw allein! Zugleich wollen Millionen Fußballfans Bundestrainer und Schiedsrichter zugleich sein!
Fußball ist eine der schönsten Nebensachen auf der Welt! Wann schafft es der Fußball mitten unter die TOP-Meldungen zwischen Politik und Wahrheit? Wenn der Blatter Sepp mit der FIFA-Ethik kollidiert!? Wenn der Kaiser einen Stein aus seiner Krone verliert? Ja, wenn endgültig Geld den Ball auf dem Fußballfeld rollen lässt!? Da gab es vor 30 Jahren den Fußballskandal mit Canellas von Offenbach, Spielern von Schalke, Hamburg und Hertha! Aber auch das ging vorüber! Schlimm wird es erst, denn die Ikonen mit ihm Spiel sind: Der heilige „Franz“, Werbeikone Günter Netzer, Weltbekleider Adidas. Plötzlich lohnt sich die Meldung, da wird vor der Story der Hut gelupft! Und bei „gut Glück“ bestimmt die Schlagzeile ein Wochenende lang die Medien – TV oder Radio! Und die Widersprüche träumen im Wochenendurlaub. . . .
Wichtig ist es, die Schlagzeile zum richtigen Zeitpunkt zu platzieren. Das schafft nur der Verlag mit dem optimalen Archiv, den treffenden Schubladen darin! Beim „Sommermärchen“ geht es längst nicht mehr um ein Sportthema, ein Zusatzthema zur „causa“ Blatter im Fifa-Konzert. Es geht darum, wie deutsche Medien Skandale aufarbeiten und „servieren“. Das ist seit Jahren ein ungeklärtes Phänomen unter Journalisten: Wie funktioniert Recherche und schnelle Umsetzung bei den Top-Themen? Oder sind es die Schubladen gesammelten Wissens, die auf Abruf eingesetzt werden können? Wer füllt diese Schubladen und wer entscheidet über die jeweilige Einsetzung?
Guter Journalismus sieht anders aus! Gute Journalisten leben von einem noch besseren Gedächtnis! Sie erinnern sich sehr genau und können Informationen einordnen! Sie brauchen aber keine schwarzen Kassen und keine ebenso schwarzen Schubladen! Beides gibt es in der Tat. Da gibt es Dossiers über Personen und Vorgänge. Und plötzlich wird dann der jeweilige Joker gezogen! Was will das jeweilige Medium damit bewirken? Es will Politik machen, Einfluss gewinnen! Wahlen will man für Freunde gewinnen oder auch nur ein Geschäft in Gang bringen oder halten. Oder man will nur zeigen, wie gut es ist, auf der richtigen Gehaltsliste zu stehen!? Nehmen wir nur Kaiser Franz und seine bayuwarischen Spezerln: Der eine schreibt sich bei BILD gesund, der andere hat irgendwann die Abbiegespur verpennt – und sitzt als Freigänger im Promi-Knast.
Reden wir über Wolfgang Niersbach. Jetzt könnte aus dem Journalist des deutschen Presseinformationsdienstes plötzlich der Fifa-Chef werden. Merkwürdig gebremst ging der DFB-Chef bisher die Debatte mit, als sehe er seine Chance kommen, wolle aber in der ganzen Promi-Kiste keinen Fehler machen. Es ist ein wenig wie beim Halma: Wer wackelt, hat als erster verloren! Wer sagt zudem, dass Niersbach der einzige Deutsche mit weiteren Mandatsambitionen ist?! Von den letzten Skandalen haben wir gelernt, dass interessierte Medien auch einmal einem konkurrierenden Mitbewerber einen wirkungsvollen Tipp geben können. Ja, sie warten auf ihren optimalen Augenblick! Und, was sie wirklich bewirken wollen, verraten sie uns vorher nicht: Wer lenkt uns in die Ferne und zugleich in die Irre?
Fußball ist längst aus dem Ruder gelaufen. Denken wir an die politischen Ausschreitungen bei Europa-Qualifikation, Armutsbekundungen bei der WM in Brasilien, Führungslosigkeit permanent im Blattersumpf. Wenn es um Doping im Fußball geht, wird schnell abgewunken, denn diese Sportart sei als Ausdauersportart nicht über Doping beeinflussbar. Und dann war wieder Ruhe. So ist das Jahr für Jahr. Dabei ist der Kontakt zwischen Journaille und Fußball grenzenlos. Alles geht ineinander über. Das habe ich einmal bei einer Pressekonferenz in Singen nach dem Duell des deutschen und des Schweizer Meisters erlebt: Christoph Daum mit dem VfB Stuttgart und Otmar Hitzfeld mit den Grashoppers Zürich. 40 bis 50 Journalisten saßen im Raum, deutlich wurde, wer mit wem mehr zu tun hatte. Von der Stuttgarter Zeitung war ein Herr Roland Eitel anwesend. Der schrieb später Jürgen Klinsmanns Buch einer Erfolgsgeschichte und wurde DFB-Pressesprecher. Der Rest ist Legende: Daums Haare und ein Mann zuviel auf dem Platz gegen Leeds. Wer läßt wen hochgehen? Wer hat gesammelt? Oder wer hat den richtigen Augenblick nur verpennt?
An den Umständen des Sommermärchens waren viele dran! Einige keifen jetzt, der Spiegel habe die Story nicht ausrecherchiert zu schnell geschossen? Das deckt sich mit meinem Eindruck: Die Story war heiß und musste über Nacht ins Blatt! Wartete da nicht überall ein Staatsanwalt?! Eben doch „Niersbach ante portas“! Die Strauß-Affaire lässt grüßen! In dem Verlag kennt man die Risiken, denn Rudolf Augstein war lange genug im Knast! Entscheidend wird sein, welche WM wann und so angepfiffen wird!
Von Hans Paul Lichtwald
- Redaktion
Autor:Redaktion aus Singen |
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