Dr. Uwe Vahl prägte die Hohentwielstadt
»Die Stadt damals richtig umgekrempelt«
Es waren bewegte Zeiten damals, zwischen 1982 und 1991 in Singen gewesen, erinnert sich Dr. Uwe Vahl, der die Stadt Singen in der recht kurzen Phase doch recht markant geprägt hatte. Es war die Phase nach der großen Aufbauarbeit den unvergessenen Singener Bauamtsleiters Hannes Ott in der Nachkriegszeit, bei dem es für Singen vor allem um Wachstum ging, um die großen Zuströme neuer Einwohner zu bewältigen. Nicht nur dass das Wachstum kein Dauereffekt war, das gewachsene Mittelzentrum, das sich eine Weile gerne sogar als neuer Sitz der Landkreisverwaltung gesehen hätte, setzte nun in der dritten Amtszeit von OB Friedhelm Möhrle auf Qualität in der Stadt. Und dafür war ein Städtebauer wie Dr. Uwe Vahl genau der richtige Mann zur richtigen Zeit. Es gab eine Aufbruchstimmung in dieser Zeit, denn als er 1982 nach Singen kam, war die Diskussion über Fußgängerzonen in der Autostadt Singen auf ihrem Höhepunkt angelangt. Es musste schnell gehen auf einmal. Schon 1984 wurde die August-Ruf-Straße zur Fußgängerzone, wenig später kam die Scheffelstraße hinzu, die eben für ein deutliches Plus an Aufenthaltsqualität sorgen sollte und den Handel stärken sollte. »Wir haben damals die Stadt richtig umgekrempelt«, erinnert sich Uwe Vahl ganz lebhaft, denn hier war er nun, der Weg weg von der Arbeiterstadt hin zu einer Stadt, in der Kultur für eine neue Identität sorgen sollte.
»Ich habe immer versucht, hier eine treibende Kraft zu sein und das gab sogar Lob von der damaligen CDU-Fraktion, die den »Farbklecks« mit seinen Visionen zur lebendigen und sozial strukturierten als wichtigen Part für die Zukunft der Stadt erkannte. Als der damalige Bauamtsleiter Rüdiger Neef sehr überraschend zum Baubürgermeister gewählt wurde, übernahm der Stadtplaner das Bauamt. Eine Zeit die durchaus von Spannungen geprägt war. Friedhelm Möhrle hatte damals einen richtigen Coup gelandet. Er holte das soziokulturelle Zentrum »Gems« von seinem Gründungsort Arlen nach Singen – ins alte Dorf. Der Umbau des damaligen Kreuz zu einem neuen Kulturstandort war der zweite Anlauf für den noch immer ehrgeizigen OB Möhrle, der ja zuvor für seine Vision von der Stadthalle im Bürgerentscheid gescheitert war. Nun war die »Kulturmeile« das neue Stichwort für Singen geworden.
Die »Gems« im Kreuz war damals der Anfang, für neue Strukturen so sorgen. Nächster Schritt war eine neue Musikschule und die Schaffung der »Musikinsel« mit dem damaligen Architekturbüro Blomeier/ Müller/Achatz mit dem eine markanter Punkt geschaffen wurde. Auf dem Weg zur Kunsthalle in der Ekkehardstraße, bot dann die Schaffung des ersten Singener Kunstmuseums, infolge der Phase der »Alten Sparkasse« die nächste Chance, die Stadt kulturell aufzuwerten und der Kunst endlich einen entsprechenden Raum und ein Magazin für die Sammlung zu schaffen. Zusammen mit dem Stararchitekten Hans-Dieter Schaal wurden weitere Visionen angegangen: die Urnenwand im Waldfriedhof Singen ist ein gebautes Ergebnis dafür geworden, auch ein Markenzeichen für die Stadt. Und da war das Ende des »ESKA« in Singen gewesen, dem ein Leerstand in der Singener City zu folgen drohte. Dr. Uwe Vahl erinnert sich noch intensiv an die Diskussionen der damaligen Zeit. Denn damals ging es auch darum, das ganze Quartier abzureißen, ähnlich wie für den Bau der Sparkasse seinerzeit oder noch viel früher für das Warenhaus Karstadt. Letztlich habe hier der Denkmalschutz gesiegt um alte Bausubstanz und damit ein Gesicht der Innenstadt zu retten.
Auch das »Geschiebe« am Nordportal der Stadt bei der Aachbrücke der Bundesstraße war so eine Idee, der Stadt hier ein anderes Gesicht zu geben. Da war bei den Genehmigungsbehörden im Regierungspräsidium ziemlich viel Überzeugungsarbeit nötig, um so etwas hinzubekommen.
Und noch auf ein anderes Projekt ist Dr. Vahl ganz stolz: denn auch im Singener Süden drohte bei den Werkswohnungen von Georg Fischer an der Rielasinger Straße die Abrissbirne, um sie durch funktionale Wohngebäude zu ersetzen. Letztlich gelang es, hier eine Sanierung umzusetzen, die Singen hier ein wichtiges Stück seiner Geschichte bewahren konnte. »Als ich nach Singen kam, war immer wieder eine Art Hassliebe der Menschen zu ihrer Stadt zu spüren, die zwar Arbeitsplätze bot, aber sonst nicht mehr viel. Ich glaube dass es damals in vielen Diskussionen mit dem Gemeinderat gelungen war, hier für mehr Wohlfühlqualität zu sorgen«, so Dr. Uwe Vahl im Gespräch mit dem WOCHENBLATT.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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