Soziale Berufe im Fokus
Arbeit und Ausbildung mit Herz
Region. Eine ruhige und familiäre Atmosphäre herrscht im Haus St. Klara. Im Zentrum von Singen gelegen, leben hier 41 Menschen mit Behinderung zwischen 28 und 73 Jahren zusammen unter einem Dach in sechs Wohngemeinschaften á sieben Personen. Jede Wohnung verfügt über einen Kurzzeitpflegeplatz und ist ausgestattet mit Wohn- und Esszimmer, Küche, großzügigen Sanitärräumen sowie ein Balkon. »Dabei haben wir Menschen im Haus, die mehr Pflegebedarf haben, während andere deutlich mobiler sind. Wir schauen natürlich immer, dass es von der Zusammenstellung der Menschen in der Wohngemeinschaft her passt «, erzählt Leiterin Gisela Zoder.
Das Haus bietet zudem eine Tagesstruktur für insgesamt 20 Senioren an – ob interne oder externe Senioren, spielt keine Rolle. Zusätzlich gibt es zwölf Plätze für Tagesbetreuung von Menschen mit Schwer- oder Mehrfachbehinderungen im Förder- und Betreuungsbereich, berichtet sie. Insgesamt 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind im St. Klara beschäftigt, die Bewohner werden rund um die Uhr an 365 Tagen betreut. »Der Caritas Verband bietet eine vielfältige Behindertenhilfe an«, sagt Personalreferentin Lisa Bammel. »Für uns steht die ganzheitliche Betreuung und individuelle Förderung im Vordergrund. Wir schauen daher auch immer, wie wir uns weiterentwickeln können, damit wir dazu beitragen können, dass Menschen mit Behinderung sich auch frei entfalten können.«
Dafür braucht es aber auch Heilerziehungspfleger, die speziell für die Begleitung von Menschen mit Behinderung ausgebildet werden. »Sie bringen genau das mit, was hier gefordert wird«, weiß Bammel. So wie Melanie Kola. Die junge Frau ist seit einem Jahr im Haus St. Klara und absolviert die dreijährige berufsbegleitende Ausbildung. Ihr Vorpraktikum hat sie in der Werkstatt St. Pirmin absolviert. Montags und dienstags ist sie in Rottweil in der Schule an den anderen Tagen im Haus St. Klara. »Theorie und Praxis kommen zusammen, das finde ich gut«, berichtet Melanie Kola. Zu ihren Füßen liegt Calvin, ihr Therapiehund. »Seit der Hund da ist, herrscht hier sehr viel Freude«, weiß Zoder. »Er ist eine Bereicherung für das Haus.«
»Die meiste Zeit liegt er einfach nur da«, berichtet die Auszubildende. Damit strahlt er eine Ruhe aus, die sich auch auf die Menschen um ihn herum überträgt. Er hat sich oft als Eisbrecher bewiesen. »Die Bewohner suchen die Harmonie, nicht zuletzt auch durch Calvin«, sagt die Leiterin Zoder. Nicht jeder Hund kann zur Therapie eingesetzt werden. »Der Hund muss belastbar sein, weil er auch mal Stress aushalten muss«, so Kola. Calvin möchte sie auch in ihrer Praxisprobe einbeziehen. Hier wird sie dann zeigen, wie der Hund beispielsweise bei der Verbesserung der Feinmotorik helfen kann, etwa durch das Bürsten des Fells.
Melanie Kola und Calvin sind ein Gewinn für die Einrichtung, denn auch in der Heilerziehungspflege mangelt es an Fachkräften, beklagt Bammel. »In der Behindertenhilfe braucht es hauptsächlich Heilerzieher. Wir bieten jedoch auch Quereinsteigern die Möglichkeit der Um- und Weiterbildung. Es ist ein verantwortungsvoller Beruf und wir achten darauf, dass unsere Mitarbeiter bestens darauf vorbereitet sind«, erläutert sie. So gibt es regelmäßige Reflexionsgespräche und auch Kurse zur Kinästhetik werden angeboten.
»Was man mitbringen sollte ist Empathie, Geduld und Belastbarkeit, genauso wie ein respektvoller, menschenfreundlicher Umgang. Man sollte sich auf das Zwischenmenschliche einlassen, aber dennoch professionelle Distanz wahren können«, weiß die Auszubildende. Man sollte Autorität ausstrahlen können, aber die wichtigste Aufgabe ist es, Orientierung zu geben. »Authentizität ist ebenfalls eine wichtige Eigenschaft«, ergänzt Gisela Zoder. Die Menschen würden es merken, wenn man sich verstellen würde. »Keiner unserer Bewohner braucht Mitleid«, stellt die Leiterin klar. In diesem Zusammenhang lobte Lisa Bammel die Unterstützung der Stadt Singen. »Wir haben es geschafft, dass Menschen mit Behinderung in Singen wahrgenommen und auch angenommen werden«, freut sich die Personalreferentin.
»Da steckt so viel Ehrlichkeit in der Arbeit mit Menschen mit Behinderung. Wenn man etwas rein gibt kommt auch ganz viel zurück«, sind sich die drei einig und auch Calvin scheint dem zuzustimmen, als er den Kopf hebt und sein Frauchen anschaut.
Entlastung und Unterstützung im Alter
Klein aber fein präsentiert sich die Geschäftsstelle der Sozialstation Oberer Hegau in der Schillerstraße 10a in Engen. Mit rund 90 Mitarbeitern, etwa 300 Klienten im großen Einzugsgebiet - Aach, Mühlhausen-Ehingen, Volkertshausen, Engen und Tengen sowie die dazugehörigen Ortsteilen - wird jedoch ein großer Pool aufgefangen, der eine wichtige Stütze im Alter ist.
»Wir wollen für unsere Klienten ein zuverlässiger Partner sein, damit diese im Alter, bei Krankheit oder Behinderung möglichst lange ein weitgehend selbstbestimmtes Leben in ihren eigenen vier Wänden führen können.«, so Geschäftsführer Jürgen Holland. »Unser Ziel dabei ist es, Patienten aktivierend zu pflegen, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten, Angehörige zu entlasten und die Familien bedarfsgerecht zu unterstützen. Wir pflegen einen freundlichen, respektvollen Umgang mit unserem Gegenüber.«
Auf die individuellen Bedürfnisse, Gewohnheiten und Lebensumstände von Kunden und Angehörigen einzugehen gehört ebenso zur ganzheitlichen Betreuung wie das situationsangepasste Arbeiten.
Dabei wird ein breites Spektrum an Leistungen abgedeckt: Von der Grundpflege im Alltag in den Bereichen Körperpflege, Ernährung und Mobilität, zur Begleitung von Behördengängen oder der Behandlungspflege ist alles dabei, was den Alltag in der letzten Lebensphase erleichtern und angenehm gestalten soll.
»Wir entwickeln gemeinsam mit unseren Klienten den ganz individuellen Pflege- und Versorgungsplan, stimmen diesen mit dem Arzt und Therapeuten ab und dokumentieren ihn. Zudem klären wir die Fragen nach den entstehenden Kosten und prüfen die Möglichkeit der Kostenübernahme durch die Kranken- und Pflegekasse«, erläutert Holland.
Seit 2008 stehen Klienten auch eine Tagespflege mit zwölf Plätzen zur Verfügung. »Wir bieten von Montag bis Freitag eine umfassende Betreuung mit bedarfsgerechten Aktivitäten. Unser tägliches Angebot verbindet dabei die fachgerechte medizinisch-pflegerische Versorgung mit bunten und vielfältigen Tagen in Gemeinschaft«, erklärt der Geschäftsführer. Die Tagespflege kann sowohl an einzelnen als auch an mehreren Wochentagen besucht werden, ganz individuell nach den Wünschen der Klienten. Auch ein Schnuppertag ist jederzeit möglich.
»Wir sind was die Tagespflege betrifft voll ausgelastet«, gesteht Holland. »Daher planen wir eine Neueinrichtung mit zwölf Plätzen in Tengen im Ärztehaus, das dort entstehen soll«, berichtet er. »Das ist für uns ein interessantes Thema, da dort auch mit der Kinderkrippe ein spannender Austausch stattfinden kann. Zudem sorgt aufgrund unseres Einzugsgebiets ein zweiter Standort für Entzerrung«, ist sich Jürgen Holland sicher.
Die Sozialstation Oberer Hegau bildet auch Auszubildenden eine Chance, die Arbeit mit älteren Menschen kennenzulernen. »Wir haben derzeit zwei Auszubildende im Haus, die 2020 ihre Ausbildung beenden.«
Respektvoller Umgang
Für viele Menschen im Alter ist der Einzug in eine Pflegeeinrichtung oft eine große Umstellung. Der Übergang in diese neue Phase des Lebens ist für die Betroffenen nicht immer einfach. Der Auszug aus dem alten Zuhause sowie das Zurücklassen der gewohnten Umgebung kann oft mit Verlustängsten zusammenhängen – umso wichtiger ist es daher einen Ort zu finden, welcher den früheren Lebensumständen so nahe wie möglich kommt. Das Helianthum in Steißlingen bietet diese Möglichkeit.
»Wir setzen uns mit großer Anteilnahme mit unseren Hausgästen auseinander. Wir wissen, dass für viele eine neue und oft auch schwierige Lebensphase beginnt. Daher begleiten und fördern wir ohne Zeitdruck den Alltag für die Menschen in unserer Lebensstätte«, berichtet Yvonne Sprenger. Ein Hausgast etwa lebt mit ihrer Hauskatze im Seniorenzentrum.
»Viele ältere Menschen haben wenig oder gar keine sozialen Kontakte mehr«, bedauert sie. Daher wird im Helianthum Wert auf ein reges soziales Miteinander gelegt. Spaß am Spiel, Bewegungsförderung, Feierlichkeiten, das gemeinsame Singen im Helianthum-Lärchen-Chor, Ausflüge oder Bastelaktionen – das vielfältige Programm bietet für jeden Geschmack etwas an. »Uns ist bewusst, dass es um mehr geht als um die bloße Stillung der Grundbedürfnisse oder eine optimale medizinische Versorgung. Sinnvolle Aktivitäten angepasst an Zustand und Möglichkeiten, eine herzliche Gemeinschaft und gesundes Essen haben einen großen Einfluss auf das Wohlbefinden unserer Hausgäste. Hier wird jeder integriert. Um das Miteinander zu fördern, haben wir viel Herzblut investiert, um einen schönen Rahmen zu schaffen, der zu Gespräch und Begegnung einlädt, so wie unser Gemeinschaftsraum im Bestandsgebäude.«
Die familiär geführte private Einrichtung unter der Leitung von Oliver Stellfeld bietet seit der Eröffnung des Neubaus im November 2018 insgesamt 155 Pflegeplätze an. Dabei verfügt das Bestandsgebäude über 45 Pflegezimmer für ein bis zwei Personen. Im Neubau sind 87 Einzelzimmer auf drei Ebenen in sechs Wohnbereichen sowie vier Pflegeappartements entstanden. In der Wohnküche kann jeder Hausgast wie er kann und möchte mithelfen, erklärt Yvonne Sprenger. Das Seniorenzentrum verfügt über eine hauseigene Wäscherei sowie Küche, in der täglich frisch, regional und saisonal gekocht wird.
Durch die familiäre Atmosphäre haben die Hausgäste einen Bezug zu den Pflegekräften. »Wir legen Wert darauf, dass die Pflegekräfte Deutsch können, denn es ist uns ein wichtiges Anliegen, dass sich Hausgäste und Pflegekräfte unterhalten können. Dadurch wird auch Vertrauen aufgebaut. Es ist jedoch schwer Personal zu finden, das zu uns passt und das Konzept des Helianthums auslebt«, gesteht Sprenger.
Es sind auch viele Quereinsteiger im Seniorenzentrum angestellt, die als Altenpflegeassistenten das Personal verstärken. »Um die hohe Qualifikation unserer Mitarbeiter nachhaltig zu gewährleisten, investieren wir konstant in ihre Weiterentwicklung durch regelmäßige interne Schulungen und externen Fortbildungen«, so Sprenger weiter.
Ein Mensch verdiene in allen Phasen seines Lebens einen respektvollen Umgang. Wenn einer der Hausgäste das Ende seiner Lebensbahn erreicht hat, gibt es einen würdevollen Abschied. Den Hausgästen wird die Möglichkeit gewährt, von dem Verstorbenen Abschied zu nehmen. Für das letzte Lebewohl wird dann der Verstorbene im Beisein aller Mitarbeiter durch den Haupteingang begleitet. »Sterben und Tod gehören zum Leben, deshalb legen wir Wert auf einen offenen Umgang mit dem Thema«, weiß Yvonne Sprenger. Und diese Offenheit ist einer der Gründe, warum sich die Hausgäste hier so wohlfühlen.
Alt trifft Jung
Nicht nur die Arbeit mit Menschen mit Behinderung oder Senioren machen den sozialen Berufszweig attraktiv. Auch Gemeinden und Städte suchen händeringend Erzieher und Sozialpädagogen für Kindertagesstätten und -gärten. Wer sich also lieber um den Nachwuchs kümmern möchte, wird hier fündig. Und das beste: oft gibt es Berührungspunkte mit Senioren, von denen beide Seiten profitieren.
Autor:Redaktion aus Singen |
Kommentare