Ein Singener Projekt der vielen Superlativen
Wie geht es dem Hegau-Tower?

„Nur der Hohentwiel ist höher, als der Hegau-Tower“, sagte schon der damalige Ministerpräsident Erwin Teufel bei der Eröffnung des Towers 2008. Das Hochhaus hat sich neben dem Hausberg zum Blickfang der Stadt entwickelt. 
 | Foto: Upwind Holding GmbH
  • „Nur der Hohentwiel ist höher, als der Hegau-Tower“, sagte schon der damalige Ministerpräsident Erwin Teufel bei der Eröffnung des Towers 2008. Das Hochhaus hat sich neben dem Hausberg zum Blickfang der Stadt entwickelt.
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Singen. "Das ehrgeizigste Projekt in der Geschichte der Stadt", "ein stadtbildprägendes Gebäude", der "Aufbruch der Stadt zu einem Dienstleistungsstandort": Schon die Einträge und Zitate in der Stadtchronik zeugen von den Hoffnungen und Zielen, die mit dem Bau des Hegau-Towers verbunden waren. Doch die Geschichte nahm schnell eine tragische Wende, mit dem Freitod Roland Grundlers, des Geschäftsführers der GVV (die städtische Grundstücks-, Vermietungs- und Verwaltungsgesellschaft), deren dann enthüllter finanzieller Schieflage, bis hin zur Insolvenz.

Schon im Dezember 2002 wurde das Projekt Hegau-Tower, der aus 18 Stockwerken mit insgesamt 67,5 Metern Höhe besteht und vom renommierten Berliner Architekten Helmut Jahn erarbeitet wurde, möglichen Investoren und Mietern vorgestellt. Auf der Industriebrache des Maggi-Areals sollte eine Top-Adresse für Büros entstehen und dadurch Singen ein weiteres Standbein - neben Industrie und Handel - aufgebaut werden: die Dienstleistung. 2004 folgte der Baubeschluss des Gemeinderates für Tower und den davor gelegenen Flachbau, zum Spatenstich kam es am 15. Dezember 2006, eröffnet wurde er am 10. Oktober 2008.
Im Rohbau wurden dabei 3.100 Tonnen Betonstahl, 14.000 Kubikmeter Beton und 1.200 Tonnen Stahl eingesetzt. Das Hochhaus mit einer Fassade aus einer Stahl-Glas-Konstruktion und sein Architekt wurden mehrfach ausgezeichnet, etwa mit dem "Distinguished Building Award – Honor Award" (übersetzt etwa "Auszeichnung für Herausragende Gebäude - Ehrenpreis") im Jahr 2009. Die Erstauslastung war gut: Fast 90 Prozent der Fläche waren vermietet oder verkauft. Der Flachbau wurde im Jahr 2011 durch den Bund angemietet und wird bis heute durch das Hauptzollamt Singen genutzt.

Große Schwierigkeiten bereitete dem Hegau-Tower jedoch die Finanzierung: War 2002 noch von 22,5 Millionen Euro die Rede, sprach man 2009 dann von 30 Millionen Euro. Erst im Laufe der Untersuchung der GVV-Insolvenz "stellte sich heraus, dass das Glashochhaus mit seinen 18 Stockwerken von Anfang an eine Fehlkalkulation war", so ein Eintrag aus der städtischen Chronik aus dem Jahr 2015. Die Bilanzen der GVV wiesen große Fehler auf – sie kämpfte "statt der ausgewiesenen Gewinne in Wirklichkeit mit Millionenverlusten". Die Kosten für den Tower überstiegen mit tatsächlich 39 Millionen Euro die geplanten 24 Millionen Euro deutlich, da ein großer Teil der Investitionen in Franken stattfanden und ein schlechter Wechselkurs die Kosten weiter in die Höhe trieb. Die Pleite der GVV hatte dabei nicht nur immense Auswirkungen auf die Finanzen der Stadt, weil diese in Folge einen zweistelligen Millionenbetrag tilgen musste. Auch die Zukunft des Hegau-Towers war zwischenzeitlich ungewiss.

2015 kaufte die Oswa-Gruppe aus der Nähe Stuttgarts die GVV-Objekte auf, so auch einen Großteil der Fläche des Hegau-Towers. Schon seit 2008 gehörten dem Singener Familienunternehmen Upwind Holding 2,5 Stockwerke, 2018 dann wanderten weitere zwölf Etagen in deren Besitz. Oswa habe das Gebäude in den drei Jahren zuvor gut entwickelt, so Laurent Burkart, einer der Geschäftsführer der Upwind Holding: "Als wir das Haus übernommen haben, hatte es einen Leerstand von circa 20 Prozent. Wir haben darauf aufgesetzt und jetzt ist es seit 1,5 Jahren immer voll ausgelastet." Dennoch ist die Belegung im Wandel. Einen Meilenstein der jüngsten Zeit bilden das Ende von Gastronomie- und Hotel-Angebot direkt im Tower. Mit dem Auszug des Hotels Ende Juli 2024 wurde zum ersten Mal seit langem wieder ein komplettes Stockwerk frei, das nun umgebaut werde, so Burkart. Über eine Nachfolge auf dieser Fläche mache er sich keine Sorgen. "Die Fläche im Tower ist extrem nachgefragt", berichtet er. "Es gibt keine vergleichbare Fläche in der Region und das hat sicher einen großen Anteil, warum der Tower so erfolgreich ist. Und erfolgreicher, als voll ausgelastet dazustehen, kann er nicht sein."

Konnte das nur die Privatwirtschaft schaffen? Nein, zumindest sieht Laurent Burkart keinen Grund, warum diesen Erfolg GVV und Stadt als öffentliche Träger nicht hätten erreichen können. "Das Gute am Hegau-Tower für den Standort Singen" sei in der Diskussion um die damaligen Fehler zu kurz gekommen. "Er hat sich zum Wahrzeichen für die Stadt entwickelt." Dazu trage auch das geballte Unternehmertum im Haus bei - von medizinischen Einrichtungen, über Anwaltskanzleien bis hin zu IT-Unternehmen. Aus kleinen Anfängen entwickelten sich dort teils große Erfolgsgeschichten. Es habe natürlich auch ein paar Ideen gegeben, die nicht zum Erfolg führten und eingestellt wurden, berichtet Burkart. Aber - und das gilt für das Projekt Hegau-Tower insgesamt gleichermaßen: "Ohne Mut, ohne Innovation kann auch in der Zukunft kein Erfolg entstehen."

Autor:

Anja Kurz aus Engen

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