Unverständnis aus der Politik
Zweites Gleis bei Horb soll erst ab Dezember genutzt werden
Singen/Horb. Mit dem Bau des zweiten Bahngleises bei Horb sollte eine erste wichtige Engstelle in der Bahn-Verbindung zwischen Singen und Stuttgart beseitigt werden. Doch bis die Fahrgäste etwas davon haben, vergehen weitere Monate, kritisiert der Verkehrsexperte der SPD im Landtag, Hans-Peter Storz, nach jüngsten Medienberichten. Denn die Bahn hatte ihm nun mitgeteilt, dass die vier Kilometer lange Neubaustrecke erst zum Fahrplanwechsel im Dezember 2024 für den Zugverkehr freigegeben werde. Zu Beginn der Bauarbeiten war eine Fertigstellung des sechs Kilometer langen Abschnitts auf Herbst 2023 angekündigt worden. "Die Bahn will bei Horb den ersten Preis für die langsamste Baustelle Deutschlands gewinnen", mutmaßt der Landtagsabgeordnete aus Singen.
Die Bahn-Verbindung nach Stuttgart wurde wegen des Baus eines zweiten Gleises und eines neuen Stellwerks bei Horb ab dem zweiten Halbjahr 2023 für mittlerweile über ein halbes Jahr unterbrochen. Einer Ankündigung der Deutschen Bahn zufolge konnten die Arbeiten dennoch nicht fertiggestellt werden. Als Gründe wurden neben der Witterung auch Personalengpässe genannt. Den Verweis auf schlechtes Wetter hält Storz für einen schlechten Witz: Der Tiefbau sei während der gesamten Sperrungsdauer allenfalls für wenige Tage beeinträchtigt worden. Der wahre Grund liege in unzureichenden Kapazitäten der Bahn. "Unser Vertrauen in Terminankündigungen und Versprechen des Unternehmens sinkt von Tag zu Tag."
Die Konzernbevollmächtigte der Bahn für Baden-Württemberg kündigte an, dass die Unterbrechung der Bahnlinie zwischen Oberndorf und Stuttgart nun aber planmäßig am 28. März, also kurz vor Ostern, wieder aufgehoben werde und die Strecke weiterhin eingleisig befahren werde. Denn das zweite Gleis gibt es noch gar nicht, wie Bilder von der Baustelle zeigen. Und der nächste beschwerliche Umstieg auf Ersatzbusse stehe für die Fahrgäste schon fest: Wenn im Herbst die kurze Neubaustrecke mit dann zwei Gleisen getestet werde, komme es erneut zu einer Sperrung, wurde angekündigt. Wie die Bahn selbst schreibt, könnten aufgrund eines bundesweiten Personalengpasses bei Plan- und AbnahmeprüferInnen die notwendigen Tests und Abnahmen erst Anfang Dezember durchgeführt werden.
2014 habe die Bahn die Planfeststellung für den Bauabschnitt bei Horb beantragt. "Wenn jeder Bauabschnitt für den Ausbau der Gäubahn so lange geht, können sich Bahnfahrer im Jahr 2100 auf eine schnelle Verbindung von Singen nach Zürich freuen", lautet die düstere Prognose von Storz.
Jurisch: Gefahr weiterer Verzögerung
"Ich freue mich, dass der Abschnitt Horn-Neckarhausen bald fertiggestellt ist", schreibt die FDP-Bundestagsabgeordnete Dr. Ann-Veruschka-Jurisch. "Ich kann aber nicht nachvollziehen, dass eine fertiggestellte Strecke noch zehn Monate ungenutzt bleiben soll. Ich erwarte, dass die Inbetriebnahme schon mit dem Sommerfahrplan am 9. Juni stattfindet. Bei dem nur sechs Kilometer langen Abschnitt sind auch die notwendigen Tests und Abnahmen überschaubar."
Jurisch befürchtet für die angekündigten Tests weitere gravierende Verzögerungen: Die Inbetriebnahme eines neuen Abschnitts, der Optimierungen mit sich bringt, kann immer nur zum Fahrplanwechsel stattfinden, da dadurch Züge auch schneller werden. Aus diesem Grund seien zusätzlich die aktuell von der DB geplanten Tests direkt vor dem Fahrplanwechsel im Dezember als kritisch zu sehen, da sich bei einer Verzögerung der Tests oder bei auftretenden Problemen die Inbetriebnahme nochmals stark nach hinten schieben würde.
Gastel: 177 Tage Unterbrechung in 2023
Im Zuge der vielen Unterbrechungen hatte der Grüne Bundestagsabgeordnete Matthias Gastel eine Anfrage an das Bundesverkehrsministerium gestellt: Laut der Antwort war die Strecke in 2023 an 177 Tagen vollständig gesperrt gewesen. Und 2024 werde es nicht besser: Die vollständige Sperrung seit dem 8. Januar 2024 werde nach den aktuellen Ankündigungen voraussichtlich bis zum 27. März 2024 andauern. Des Weiteren solle die Gäubahn Ende Mai 2024 gesperrt werden, um die Erneuerung zweier Eisenbahnüberführungen (Eutingen, Ergenzingen) vorzunehmen. Ende Juli folgen dann laut DB AG Arbeiten in den Bereichen zwischen Stuttgart-West und Stuttgart Vaihingen, sowie zwischen Böblingen und Stuttgart-West.
Quellen: DB AG Newsroom, Wahlkreisbüro Hans-Peter Storz, Bundestagsbüro Dr. Ann-Veruschka Jurisch
Autor:Redaktion aus Singen |
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