Oliver Ehret und Bernd Häusler stellen sich dem Wochenblatt (Teil 2)
Wirtschaftsentwicklung auf dem Prüfstand

Foto: Oliver Ehret und Bernd Häusler vor der offiziellen Kandidatenvorstellung in der Stadthalle.
swb-Bild: stm.
  • Foto: Oliver Ehret und Bernd Häusler vor der offiziellen Kandidatenvorstellung in der Stadthalle.
    swb-Bild: stm.
  • hochgeladen von Redaktion

Singen (of/stm). Im bisherigen Singener OB-Wahlkampf wurde die Wirtschaftsentwicklung nach Ansicht des WOCHENBLATTs bisher nicht ausführlich genug in den Fokus genommen. Für Abhilfe soll der zweite Teil unserer Fragerunde dienen

Frage: Wie kann das wirtschaftliche Potenzial der Stadt Singen in Zukunft noch gesteigert werden.

Oliver Ehret: Singen ist die Wirtschaftsmetropole im westlichen Bodenseeraum. Diese Stellung muss gefestigt und ausgebaut werden. Im Handel sind wir mit dem Zentrenkonzept immer gut gefahren. Dieses sollte, ggf. mit Modifikationen, weiter Bestand haben. Im Bereich Gewerbe und Industrie läuft die Flächenvermarktung gut. Wir prüfen gerade im Rahmen eines Gewerbeflächenentwicklungskonzepts Möglichkeiten einer verstärkten Innenentwicklung insbesondere im Gewerbegebiet. Hier sind durchaus noch Flächenpotenziale vorhanden, die wir mittelfristig benötigen und nutzen sollten. Die ohnehin starke Infrastruktur wird weiter ausgebaut. Eine wirtschaftsfreundliche Verwaltung ist eine Selbstverständlichkeit.

Bernd Häusler: Als ehemaliger Wirtschaftsförderer ist mir bewusst, dass wir im Rahmen einer aktiven Bestandspflege noch intensiver die Belange der klein- und mittelständischen Betriebe berücksichtigen müssen, ohne dabei unsere Großbetriebe zu vernachlässigen. Durch eine dienstleistungsorientierte Verwaltung mit einem Oberbürgermeister, der die Wirtschaftsförderung als Chefsache erkennt, wird ein wirtschaftsfreundliches Klima in der Stadt erzeugt, welches auch gezielt Neuansiedelungen von innovativen Unternehmen ermöglicht. Neue Gewerbeflächen sind endlich, deshalb ist es dringend notwendig, brachliegende Flächen - z.B. Industriestraße, Teilbereiche Pfaffenhäule - für Gewerbe, Handwerk und Industrie wieder zu reaktivieren. Neben den harten Standortfaktoren müssen aber auch die weichen Standortfaktoren, wie bezahlbarer Wohnraum für Fachkräfte, gute Betreuungs- und Bildungsangebote für Kinder und das Sport-, Freizeit- und Kulturangebot gepflegt und ausgebaut werden, um Singen als attraktiven Wirtschaftsstandort weiter entwickeln zu können. Nur eine Stadt, die auch neben dem Arbeiten etwas bietet, hat Chancen im Wettbewerb um Unternehmen und Fachkräfte bestehen zu können.

Frage: Wie viel zusätzlich Verkaufsflächen verträgt die Kernstadt Singen noch. Und: Braucht man dazu ein »ECE«-Shoppingcenter am Bahnhof?

Oliver Ehret: Die GMA hat in ihrer jüngsten Potenzialstudie einen mittelfristigen Bedarf an innerstädtischer Verkaufsfläche von 18.000 bis 25.000 qm ausgemacht. Gleichzeitig wird ein Bedarf gesehen, die Aufenthaltsqualität insbesondere im Bahnhofsbereich und das Sortiment in einigen Bereichen, etwa bestimmte Top-Marken, auszubauen. Diese Aspekte können gut von einem Shopping Center erfüllt werden. Insofern liegt es auf der Hand, sich damit zu beschäftigen, zumal es ein konkretes Interesse von ECE gibt, hier zu investieren. Klar ist aber auch, dass ein solches Vorhaben sich einer neutralen Verträglichkeitsanalyse unterziehen muss, um den bestehenden Einzelhandel nicht zu gefährden. Ich garantiere, dass ein solches Center nur realisiert wird, wenn die Vorteile die Nachteile überwiegen und die Dimensionierung vernünftig ist.

Bernd Häusler: Wie viel zusätzliche Verkaufsfläche die Kernstadt noch verträgt, ist so einfach nicht zu beantworten. In einem bin ich mir jedoch sicher: Die von der GMA in den Raum gestellten zusätzlichen Verkaufsflächen von 18.000- 25.000 qm für die Innenstadt sind aus meiner Sicht utopisch. Bei einer aktuellen Verkaufsfläche von 55.000 qm in der Innenstadt, wäre dieses eine Steigerung von fast 50 %. Woher soll der Umsatz kommen, um diese Flächen wirtschaftlich zu betreiben? Hier nur auf die Schweizer Kundschaft und einen guten Franken-Kurs zu setzen, halte ich für fahrlässig. Sollte das Wirklichkeit werden, wird dieses nach meiner festen Überzeugung zu einer Verödung der Scheffelstraße und der oberen August-Ruf-Straße - unseren beiden Fußgängerzonen - führen. Wollen wir das? Ich nicht! Ich bin nicht gegen ein ECE-Shoppingcenter am Bahnhof, aber es muss für unsere Innenstadt verträglich sein. Deshalb fordere ich ein zweites Gutachten eines anderen Fachbüros, um die möglichen Konsequenzen eines geplanten ECE-Shoppingcenters mit 18.000 qm Verkaufsfläche aufzu-zeigen. Wir alle wollen eine urbane Innenstadt, ohne Geschäfte wird das aber sehr schwierig werden. Deshalb gilt es hier sehr vorsichtig und besonnen zu agieren.

Frage: Wie realistisch schätzen sie die Chancen ein, ein gemeinsames Oberzentrum Konstanz-Singen zu bilden. Mit welchen Zeiträumen müsste man rechnen?

Oliver Ehret: In der weiteren Umgebung gibt es ja bereits gemeinsame Oberzentren (Friedrichshafen-Ravensburg-Weingarten / Lörrach-Weil am Rhein), deshalb ist das nicht unrealistisch. Wir stellen in der täglichen Arbeit immer wieder fest, dass ein gemeinsames Oberzentrum für Singen, aber auch für Konstanz große Vorteile hätte. Viele größere Ansiedlungen sind nur im Oberzentrum Konstanz zulässig, wo aber die Fläche fehlt. Deshalb habe ich die Gespräche mit dem Regierungspräsidium bei Möbel Braun und Bauhaus persönlich begleitet, damit diese großen Investitionen nicht außerhalb des Landkreises landen. Mit dem neuen Konstanzer OB Uli Burchardt habe ich im Zuge des Gesundheitsverbundes bereits ein erstes Sondierungsgespräch geführt. Wie letztlich die Befindlichkeiten in Konstanz sind, lässt sich schwer einschätzen. Daher will ich nicht über Zeiträume spekulieren. Klar ist, dass wir kein Kirchturmdenken brauchen, sondern einen regionalen Konsens.

Bernd Häusler: Ich glaube nicht, dass die Landesplanung ein gemeinsames Oberzentrum Konstanz-Singen ausweisen wird. Deshalb ist es auch müßig, über Zeitraume zu spekulieren. Ich frage mich auch, wo hier der eigentliche Mehrwert für Singen liegen soll. Wir haben bereits eine kaum noch zu steigernde Zentralität. Diese haben wir auch ohne den offiziellen Status Oberzentrum erarbeitet. Vielmehr müssen wir uns als Einzelhandelsstandort Singen auch weiterhin auf unsere Stärken besinnen. Diese liegen weiterhin in der sehr guten Erreichbarkeit, im umfassenden Warenangebot in der Innenstadt als auch im Singener Süden sowie im hervorragenden Parkplatzangebot.

Frage: Was würde sie als obersten Wirtschaftsförderer der Stadt auszeichnen, wenn sie gewählt sind?

Oliver Ehret: Singen verfügt bereits über eine schlagkräftige Wirtschaftsförderung. Die von mir vor zwei Jahren geschaffene Stabsstelle Wirtschaftsförderung mit Herrn Rahn hat sich als Ansprechpartner für Firmen etabliert und wird allseits geschätzt. Was Singen aktiv auf dem Feld des Standortmarketings immer wieder für großartige Leistungen erbringt, steht auch außer Frage. Als OB möchte ich weiterhin einen ehrlichen und offenen Dialog mit den Firmen und Akteuren aus allen Bereichen des wirtschaftlichen Lebens praktizieren. Die weitere erfolgreiche Gestaltung unseres Wirtschaftsstandortes können wir nur gemeinsam bewältigen.

Bernd Häusler: Für mich ist Wirtschaftsförderung absolute Chefsache, da mir der unmittelbare Zusammenhang zwischen wirtschaftlichem Ertrag und notwendigen Ausgaben in eine zeitgemäße städtische Infrastruktur sehr bewusst ist. Nur mit einer florierenden Wirtschaft ist es uns möglich, die sozialen, sportlichen und kulturellen Angebote in unserer Stadt in der gewohnten Qualität aufrecht zu halten. Auf Grund meiner beruflichen Erfahrung als Wirtschaftsförderer sind mir die Sorgen und Nöte der Unternehmer sehr wohl bewusst. Für mich war es in meiner gesamten 19-jährigen Zeit als Mitarbeiter der Stadt Singen immer wichtig, lösungs- und dienstleistungsorientiert zu arbeiten. So möchte ich auch in den kommenden acht Jahren mit den Unternehmern arbeiten. Wir brauchen keine Probleme, sondern Lösungen.

- Stefan Mohr

Autor:

Redaktion aus Singen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

2 folgen diesem Profil

Kommentare

Kommentare sind deaktiviert.
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.