Dehoga ruft zum gemeinsamen Protest auf
Wirte laufen Sturm gegen die Mehrwertsteuer-Erhöhung

Manfred Hölzl als Vertreter der Gastronomen im DeHoGa Kreisverband und Heinz-Oskar Stärk als Vertreter der Hoteliers bei der großen Kundgebung für die Beibehaltung der Mehrwertsteuer. Darin wird eine Schicksalsfrage für die Zukunft der Branche gesehen.
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  • Manfred Hölzl als Vertreter der Gastronomen im DeHoGa Kreisverband und Heinz-Oskar Stärk als Vertreter der Hoteliers bei der großen Kundgebung für die Beibehaltung der Mehrwertsteuer. Darin wird eine Schicksalsfrage für die Zukunft der Branche gesehen.
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Singen/ Kreis Konstanz. Sie "brennen" meist für ihren Beruf und sehen ihn oft als Berufung, aber jetzt haben sie Angst verbrannt zu werden. Denn mit der Aufhebung der Mehrwertsteuersenken aus den Coronazeiten sehen sie eine Mehrbelastung auf sich zukommen, die viele von ihnen nun endgültig in die Knie zwingen wird. "Seit Corona war die gesenkte Mehrwertsteuuer für viele die einzige Möglichkeit gewesen, noch etwas zu verdienen", bringt der Großhändler Georg Netzhammer auf den Punkt. Und wenn das nun wegfällt, die Preise dadurch nochmals um etwa zwölf Prozent steigen, weil die Mehrwertsteuer von den sieben Prozent zum Jahreswechsel wieder auf 19 Prozent hochgehen würde?

Die Berufsorganisation "DeHoGa" (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband) schlägt dazu ganz laut Alarm. Denn obwohl die Steuersenkung bereits für den Jahreswechsel droht, gibt ist noch keine wirkliche Entscheidung, dass die Absenkung weiterlaufen würde. Im MAC in Singen hatte der Kreisverband der DeHoGa auf Einladung der beiden Vorsitzenden Heinz-Oskar Stärk und Manfred Hölzl am Dienstag eine recht gut besuchte Protestkundgebung der Gastronomen und Hoteliers durchgeführt - der Teil einer landesweiten Kampagne ist. Und wie die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Lina Seitzl dort sagte, wird die Unsicherheit noch einige Wochen andauern. Nach ihren Informationen wolle man in Berlin im Finanzministerium noch die Steuerschätzung im November abwarten, da es durch die aktuelle Lage auch viele Sparzwänge gebe müsse man sehen, ob man es sich leisten könne auf Einnahmen von erwartet drei Milliarden Euro zu verzichten, oder auf der anderen Seite eine andere Kompensationmöglichkeit zu finden, wo das benötigte Geld noch herkommen könnte, musste sie die Gastronomen vertrösten. "Obwohl ich auch die Sorgen der Gastronomen verstehe", wie sie sagte. "Die Diskussion ist in Berlin angekommen", versicherte Seitzl.
Zur Gegenfrage aus dem Publikum war die Abgeordnete allerdings schon zum nächsten Termin entschwunden: Denn die Nachfrage, ob denn jemand ausgerechnet habe, ob man diese drei Milliarden überhaupt zusammen bekommt, wenn weniger umgesetzt wird, oder auch verschiedene Unternehmen den Löffel hinschmeissen müssten, blieb so im Raum stehen.

Steuer-Wirrwarr

Die Gastromen und Hoteliers drückt natürlich noch viel mehr als die Aufhebung der Mehrwersteuersenkung. Sie bemängeln insgesamt eine Ungleichbehandlung, wenn zum Beispiel von der Systemgastronomie bis zu den Pizza-Lieferanten Essen "to go" mit sieben Prozent Mehrwehrsteuer verkauft wird. Und wann man sich hinsetze in ein Lokal, wo der Aufwand viel Höher sei, müsste man dafür auch mehr Steuern zahlen, klagte Thorsten Rauber von "IBIS Hotel" in Singen. Für ihn noch absurder: Trinkt man einen Kaffee, wird er voll versteuert, für den Cappuccino sind es nur sieben Prozent, weil da mehr Milch als Kaffee drin ist. "Es geht insgesamt auch darum, mit den zu vielen Regeln bei der Mehrwertsteuer endlich mal aufzuräumen", pflichtete ihm der Bundestagsabgeordnete Andreas Jung bei und verwies auf einen schon gestellen Antrag der CDU zur dauerhaften Steuersenkung für die Gastronomie. Und: In Frankreich gebe es Untersuchungen darüber was passiert, wenn es im Ort kein Lokal mehr gibt. Die Wähler würden dann dort "Le Pen" - also der Rechtsaussenm-Partei in die Arme laufen. Jetzt wo für die Gastromomen alles teuer wurde und auch für die Kunden, wäre es ein falsches Signal, warf er ein. Die Soziale Funktion hob auch Hans-Peter Storz als tourismuspolitischer Sprecher seiner Fraktion heraus. In seinem Heimatdorf an der Schwäbischen Alb habe es mal vier Gastsatätten gegeben. Inzwischen gibt es dort keine mehr. "Das war für das Dorf der Untergang". Seine Fraktion hat auch schon ein Positionspapier auf die Reise geschick um die Steuer so zulassen, wie das die letzten zweieinhalb Jahre funktioniert hatte.

Keine Perspektive für Investitionen

Dass die Gastronomen und Hoteliers noch viel mehr drückt, brachte Siegfried Schaffer vom Höri-Hotel zur Sprache. Energiepreise lägen um ein vielfaches höher als vor der Krise, die Lebensmittelpreise seien dramatisch gestiegen, auch die Gehälter der Mitarbeiter sind markant erhöht worden und totzdem fehlen sie, oft auch wegen Wohnraum den sie sich leisten könnten. "Wenn ich nächstes Jahr im Hotel renovieren will, sollte ich bald mal wissen, ob wir uns das leisten können", kritiserte er das lange Warten auf eine Entscheidung. Denn wenn die Steuer wieder hochgeht, könne er das gleich lassen. Corinna Weihermannvom Landgasthaus Burg Rosenegg erinnerte noch mal daran, welche wirtschaftliche Bedeutung der Tourismus im Land, und Speziell hier am See und seinem Umland hat: das sei eine Region der Gastlichkeit und sie fürchtet, dass diese nun "verbrannt" wird, weil die Inhaber wie Mitarbeiter schon eine lange Zeit voller Belastungen hinter sich haben.

Die Mitglieder der Dehoga aus der Region haben fleißig viel Bierdeckel von der Kundgebung mitgenommen, um damit ihre Forderung auf auf die Tische zu bekommen.
Nach drei Verlustjahren in Folge steht das Gastgewerbe laut dem DehoGa-Bundesverband in Deutschland noch immer vor großen, teilweise existenziellen Herausforderungen. Laut dem Statistischen Bundesamt liegen die preisbereinigten Umsatzverluste im ersten Halbjahr 2023 mit real 10,4 Prozent deutlich unter den Werten des Vorkrisenniveaus in 2019 (nominal + 9,6 Prozent). Das Gaststättengewerbe schneidet bei diesen Vergleichswerten mit einem realen Umsatzminus von 13,0 Prozent (nominal + 8,7 Prozent) sogar noch schlechter ab. September liegen die preisbereinigten Umsatzverluste im ersten Halbjahr 2023 mit real 10,4 Prozent deutlich unter den Werten des Vorkrisenniveaus in 2019 (nominal + 9,6 Prozent). Das Gaststättengewerbe schneidet bei diesen Vergleichswerten mit einem realen Umsatzminus von 13,0 Prozent (nominal + 8,7 Protzent) sogar noch schlechter ab - mit regional sehr großen Unterschieden.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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