Interview mit WOCHENBLATT-Herausgeber Anatol Hennig zur »wohl größten Kampagne für Deine Region«
»Wir mögen die Welt bunt«

Anatol Hennig | Foto: WOCHENBLATT-Herausgeber Anatol Hennig im Gespräch mit der Redaktion. swb-Bild: Kroll
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Singen. Im Interview mit der Redaktion gibt Wochenblatt-Herausgeber Anatol Hennig einen Einblick in die Beweggründe für die »wohl größte Kampagne für Deine Region« und erklärt, wie wichtig der Erhalt der lokalen Welten für das Funktionieren einer Gesellschaft ist und welche Rolle dabei der stationäre Einzelhandel und lokale Medien spielen.

Redaktion: Herr Hennig, das Wochenblatt hat vor ein paar Wochen eine Kampagne gegen die großen Online-Giganten gestartet. Hat das nicht ein bisschen was von David gegen Goliath?
Anatol Hennig: Die Kampagne ist nicht gegen die großen Online-Giganten, sondern für den Mittelstand in der Region. Und ich glaube nicht, dass man von David gegen Goliath sprechen kann, denn es geht dabei um den Einzelhandel und die Welt vor Ort, wir werden auch nichts gegen die Allmachtsphantasien der großen Internetgiganten bewirken, wir können höchstens vor Ort Bewusstsein schaffen und das wollen wir.

Und: Immerhin ist der Handel so groß, dass Regierungspolitiker erst einmal sofort abgewinkt haben, wenn er einen Ausgleich für Ausfälle im neuen Lockdown fordert, mit der Begründung »Das können wir nicht bezahlen«. Kurz vor dem am Wochenende verkündeten Lockdown ging es darum, dass dieser Lockdown ohne weitgehende Ausgleichsmaßnahmen 250.000 Arbeitsplätze kosten würde. Das gibt eine erste Idee, welche Bedeutung der lokale stationäre inhabergeführte Handel hat.

Bei der Kampagne geht es um die Frage, wie Innenstädte zukünftig aussehen sollen, woher das Geld in den Regionen kommt und am Ende geht es auch um die Frage, ob man eine lokale mittelständische Unternehmensvielfalt haben will, ob man will, dass Städte unterschiedlich aussehen und ob man will, dass unternehmerischer Mut in diesem Land belohnt wird. Es geht darum, wer in Deutschland Arbeitsplätze bietet und wer zum Beispiel ausbildet. Wir wollen so informieren, dass jeder die Chance hat bewusst zu entscheiden, für welche Welt er sich einsetzen will, welche Welt er mit seinen Kaufentscheidungen unterstützen will. Das kann der Konsument nur, wenn er weiß, welches Tun was bewirkt.

Redaktion: Was die Online-Riesen anbieten, ist ja im Grunde bequem und das Geschäftsmodell scheint ja gut zu funktionieren. Muss man dann nicht dem Markt einfach freien Lauf lassen, damit sich das »bessere« Konzept durchsetzt.
Anatol Hennig: Wenn das ein freier Markt mit so etwas wie Chancengleichheit wäre, dann wäre es aus meiner Sicht sicher richtig, dem freien Lauf zu lassen, wenn der Wettbewerb noch vorhanden wäre, wäre es ja gut. So ist es aber nicht. Ich will ein paar Beispiele nennen: Wir haben in Deutschland aus meiner Sicht sehr ordentliche weitreichende Arbeitnehmerrechte inklusive Mindestlohn. Das versuchen mehrere Online-Giganten mit alternativen Geschäftsmodellen sehr effizient auszuhebeln. Das beginnt bei dem Taxikonkurrenten Uber und geht momentan weiter, weil von Internetgiganten Logistikketten auf der Basis von mehr oder weniger prekären abhängigen Selbständigkeiten aufgebaut werden. Im Gegensatz zu sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen, in denen zum Beispiel ein Mindestlohn existiert. Diese Selbständigen haben keinen Mindestlohn, keine Lobby und niemand, der sich um ihre Rechte kümmert. Und wenn die einen Unternehmen Mindestlöhne bezahlen (müssen) und die anderen Konzepte durchsetzen, mit solchen Selbständigkeiten, dann ist das im Effekt Wettbewerbsverzerrung.

Einige der Internetgiganten hebeln seit Jahren effizient jeden Wettbewerb aus, in dem sie einfach mit Ihrer Marktmacht Konkurrenten aufkaufen. Instagram ist ein prominentes Beispiel dafür, es gibt zahllose weitere. Von der besseren Idee, die sich durchsetzt, kann also keine Rede mehr sein.

Händler, die online versuchen, Ihre Geschäftsmodelle auf der Amazonplattform aufzubauen, berichten uns davon, dass sie befürchten, dass, sobald sie Erfolg haben, Amazon ihnen ihre erfolgreichen Geschäftsmodelle wegnimmt und mit eigenen Produkten und Dienstleistungen durchzieht. Das kann Amazon einfach, weil Amazon Macht über die gesamte Infrastruktur und Einfluss auf die gesamten Wertschöpfungs- und Lieferketten hat. Das ist wie, wenn die Stadt Radolfzell, Stockach oder Singen nur darauf warten würde, dass ein Händler vor Ort hier Erfolg hat und dann mit wesentlich weniger Kosten, weil steuerfrei und mit Staatsangestellten, dem Händler Konkurrenz machen würde und dann noch Straßenmaut für den Einzelhandel verlangen würde. Das würde der Händler nicht durchhalten. In punkto Steuern: Der Mittelstand und auch die Einzelhändler der Region, sie bezahlen hier in diesem Land gleich mehrfach Steuern und vor Ort Gewerbesteuer. Damit entsteht schlussendlich unser Wohlstand im Land und auch in dieser Region. Die Internetgiganten haben mit kreativen Konstruktionen dafür gesorgt, dass sie in Hochsteuerländern wie Deutschland so wenig wie nur möglich bezahlen. Die Folge ist ein horrender Geldabfluss aus dem Land.
Außer in den Logistikzentren von Amazon und den selbständigen Logistikkräften bieten die Internetgiganten hier keine Arbeitsplätze in den Region an, unterstützen keine Familien, Vereine etc. Aber sie bestimmen mittlerweile, was viele in der Gesellschaft für die neue Wahrheit halten. Weil sie damit locken, dass es bequemer ist bei Ihnen zu kaufen, jeder sofort der ganzen Welt mitteilen darf, was er denkt und dem Konsumenten und dem Bürger scheinbar mehr Macht geben. Aber das ist bereits jetzt eine Karikatur von Macht. Die Algorithmen und der Wille einiger weniger, eine neue Welt zu schaffen, haben hier die Macht, nicht die Menschen. Und die Menschen glauben, dass sie jetzt endlich die Macht haben gegenüber den Unternehmen hier und den Politiker.
Der Handel und die Medien sind der Anfang. Der Handel ist quasi der Kontaktpunkt der Wirtschaft zu den Bürgerinnen und Bürgern, die Medien sind unter anderem der Kontaktpunkt der Politik zu den Bürgerinnen und Bürgern. Wenn diese Kontaktpunkte weltweit fast komplett in der Hand von jeweils ein oder zwei Unternehmen sind oder sie die Macht darüber haben, dann hat das Folgen, die man bereits sieht.
Aus meiner Sicht bricht so mittel- bis langfristig und durch Corona beschleunigt, das Gesamtprinzip, wie unsere Gesellschaft funktioniert, auseinander.
Kurz gesagt: Es herrschen hier nicht die gleichen Rahmenbedingungen für alle. Wir mit unserer Kampagne möchten ein Bewusstsein dafür schaffen, zumal sich die Internetgiganten ja aufmachen, weitere Bereiche zu erobern, den Gesundheitsbereich zum Beispiel.

Redaktion: Warum ist dieses ganze Thema für das WOCHENBLATT als lokale Zeitung überhaupt so wichtig?
Anatol Hennig: Das Wochenblatt steht seit über 50 Jahren für einen unabhängigen lokalen Journalismus. Dieser war schon immer für alle gedacht und nicht nur für diejenigen, die ihn sich bezahlt leisten können. So hat das Hans-Joachim Frese als Gründer des Verlags begonnen und so lebt es seine Tochter und Verlegerin Carmen Frese-Kroll mit Ihrer Familie und uns weiter. Dieser lokale Journalismus für alle lässt sich schlicht und einfach nur aus der Region finanzieren. Sprich: Auch wir sind Teil dieses Gesamtkonzerts. Umgedreht sind wir aber auch ein Kommunikator, der in alle Haushalte kommt und eine gemeinsame Informationsbasis und Diskussionsbasis schafft. Diese Basis braucht eine Gesellschaft vor Ort, wenn sie funktionieren soll.
Und das können Facebook und Co., die letztlich Filterblasen schaffen, nicht ersetzen, sie schaffen eine Karikatur dieser Basis, in der sich Menschen oft sehr respektlos begegnen, beliebige Sachverhalte behauptet werden können ohne Folgen etc.. Außerdem sind wir seit unserer Gründung Partner des Mittelstandes. Wir haben in Singen, Radolfzell, Stockach und im Hegau zusammen mit dem Handel und Organisationen wie Singen aktiv Konzepte gestrickt und Erlebnisse geschaffen. Von Weihnachtsmärkten über Beachpartys bis hin zur Aktion »Kunsthandel« in Singen.

Redaktion: Was bedeutet die aktuelle Situation für die Zukunft der Medien?
Anatol Hennig: (überlegt) Die Medien haben im Kern sicher ein ähnliches Problem wie der Handel. Was Amazon für den Handel ist, sind Facebook und Google für den Journalismus, auch wenn soziale Medien natürlich keine journalistischen Medien sind. Das ist Konkurrenz, die unter anderen Rahmenbedingungen arbeiten kann als wir. Ein Beispiel: Wir müssen das, was wir veröffentlichen, vorher prüfen, weil wir dafür verantwortlich sind im Sinne des Pressegesetzes. Das gilt für Facebook und Co. nicht. Und wenn sie dafür verantwortlich wären, dann wäre deren Geschäftsmodell nicht mehr möglich.

Die Medienbetriebe in diesem Land wissen, dass sie auf den Digitalkanälen keine Chance ohne Facebook und Google haben, Reichweiten zu erzielen und sind also abhängig. Von der alten Unabhängigkeit des unternehmerfinanzierten Journalismuses kann leider im digitalen Raum keine Rede mehr sein. Deshalb aber auch deshalb, weil es so immer noch von den meisten am liebsten gelesen wird, übrigens gilt es, das Papier zu erhalten. Hier ist die Unabhängigkeit noch vorhanden.

Der Staat ist zudem Konkurrent des unternehmerfinanzierten Journalismuses. Das ist er seit langem, aber wenn die Umsätze der Medienunternehmen zurückgehen, wird das ein immer wunderer Punkt: Die Medien, die aus den GEZ-Einnahmen gespeist werden, die Amtsblätter und steuerfinanzierte Pressestellen, die Journalismus mit von Eigeninteresse geleitetem Storytelling ersetzen, erschweren derzeit, sinnvolle, weil tragende Geschäftsmodelle zu halten oder aufzubauen.

Der Springerkonzern hat gerade einmal etwas mehr als ein Drittel des Umsatzes, den die GEZ-Einnahmen in Deutschland ausmachen. Dort, wo über die Zukunft des Journalismuses gesprochen wird, geht es immer mehr um staats- oder stiftungsfinanzierten Journalismus. Man hat das Gefühl, dass die Politik in weiten Teilen unternehmerfinanzierten Journalismus als Zukunftsmodell fallen gelassen hat. Ich persönlich glaube, dass dieser unternehmerfinanzierte Journalismus vor allem mit vielen kleinen Verlagshäusern aber ein Garant für die Pressefreiheit ist. Es ist wesentlich einfacher über ein paar Stiftungen und über die Rundfunkräte der öffentlich-rechtlichen Sender Einfluss auf die Haltung von Journalisten und damit über die Berichterstattung zu nehmen als über viele privatwirtschaftlich organisierten Medien.

Redaktion: Medien haben aber auch eine wichtige Funktion. Gerne werden sie als die vierte Gewalt bezeichnet, die auf die drei staatlichen Gewalten eine Kontrollfunktion ausüben soll. Aus dieser Sichtweise heraus: Tut der Staat Ihrer Meinung nach genug, um die lokalen Welten, die ihn finanzieren, zu schützen?
Anatol Hennig: Der Journalist und Politik-Berater Michael H. Spreng hat einmal gesagt: »Eher bewacht ein Hund einen Wurstvorrat als ein Parteipolitiker die Pressefreiheit.« Ich will es ein bisschen harmloser ausdrücken, weil wir bei vielen Politikern, mit denen wir sprechen, merken, dass ein Bewusstsein dafür da ist, dass die lokale Medienvielfalt geschützt werden muss. Das ist besonders bei denjenigen der Fall, die sich mit der Situation in Amerika auseinandersetzen oder auseinandergesetzt haben. Dort gibt es Regionen, in denen es keine lokalen Medien mehr gibt und sich die Leute nur noch über Facebook, Twitter und Fox-News informieren können. Wer sieht, was in solchen Regionen passiert, der weiß um die Bedeutung von lokalen Medien für eine funktionierende Gesellschaft vor Ort.

Die Politiker, die sich nicht damit auseinandersetzen, sehen das oft sehr lapidar und sagen, dass eben auch die Medien neue Geschäftsmodelle entwickeln müssen. Sie blenden das immense Machtgefälle zwischen den Internetgiganten, das sie selbst durch Nichtstun mit geschaffen haben, einfach aus, und das der Journalismus an sich unter die Räder kommt, weil wir alle Storys erzählt bekommen wollen und unsere meistens doch sehr unreflektierte Meinung mit der ganzen Welt teilen wollen.

Redaktion: Haben Sie das Gefühl, dass der Staat vor den Online-Riesen sogar ein Stück weit kapituliert?
Anatol Hennig: Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich das nicht weiß. Ich glaube, es gibt da auch nicht »den« Staat. Es gibt sicher einige, die sich dem nicht stellen wollen und es gibt einige, die sich denken, dass das Prinzip »der größere frisst den kleineren« sich bewährt hat und das eben jetzt so ist. Aber mittlerweile ist die Macht der großen so groß, dass eben Wettbewerb gar nicht mehr stattfindet, die Internetgiganten außer in China stärker sind als selbst die Staaten. Und diejenigen, die sich in der Tiefe damit beschäftigt haben, ja, ich denke, die sehen ein großes Problem.

Redaktion: Gehen wir nochmal zurück zur Sichtweise aus der Perspektive der Kontrollinstanz: Was müsste Ihrer Meinung nach der Staat tun, um die lokalen Welten besser zu schützen?
Anatol Hennig: Die staatlichen Stellen müssten sich mehr mit der Realität vor Ort in den lokalen Welten auseinandersetzen. Es ist zum Beispiel schön, wenn Politiker sagen, der Händler muss doch einfach nur digitalisieren. Das kann er aber nur bis zu einem bestimmten Punkt. Zum Schluss hat nämlich Amazon eben viel mehr Macht und besitzt die Infrastruktur. Und für einen Händler, der ein stationäres Geschäft betreibt und eine Vielzahl von Produkten anbieten will, ist es nicht möglich einen Standalone-Online-Shop für eine Region aufzustellen. Solche Shops funktionieren, wenn dann nur hochspezialisiert und bundesweit und das sind dann wieder keine lokalen Welten mehr.

Außerdem sind online die Margen so gering, dass sich daraus kein stationäres Geschäft ,mit Arbeitskräften und Ausbildungsstellen finanzieren lässt. Ich glaube, die Politik müsste sich mehr mit der Frage beschäftigen, wie eine Gesellschaft in die Zukunft gehen soll und müsste dann die notwendigen Schlüsse daraus ziehen. Und da sind die Regionen die Basis. Das Leben findet in diesen Region statt. Die Politik sollte sich damit beschäftigen, wem eigentlich in Zukunft die Daten gehören, die da erhoben worden sind und erhoben werden von den Internet-Bigfive-Unternehmen. Müssten die nicht uns allen gehören? Der Staat kann dort, wo er Regeln schafft, wie Unternehmen das auch tun sollten, immer wieder prüfen, ob die Regeln bewirken, was sie sollen, oder ob die Regeln zum Beispiel dem Mittelstand schaden, weil sie dort Mehraufwand ohne Nutzen für die Allgemeinheit bedeuten und dort, wo die Regeln Nutzen hätten (Beispiel Datenschutz), bei den Großen Internetkonzernen einfach durch schlaue Winkelzüge oder pure Macht ausgehebelt werden. Da ist in den letzten Jahren viel falsch gemacht worden.

Der Staat muss sich außerdem mit dem Steuersystem auseinandersetzen, denn die Frage ist, wie kann es sein, dass Digitalkonzerne lokal viel mehr Macht haben als die Unternehmen vor Ort, und die lokale Infrastruktur nutzen, zum Beispiel dadurch, dass sie Pakete über Kreis- und Gemeindestraßen ausfahren, dafür aber keine Verantwortung übernehmen, weil sie vor Ort und in dem Land, in dem sie Geld verdienen, wenige oder keine Steuern zahlen?

Und dann: Der Staat sind wir alle. Also müssen wir vielleicht unseren Ichschnelljetztsoforthabenwill-Drang etwas zügeln und erst überlegen, bevor wir wie blind und taub klicken und kaufen oder klicken und nur schnell unsere Meinung loswerden wollen, ohne die Folgen unserer Tipperei zu bedenken.

Redaktion: Wir haben jetzt darüber gesprochen, was der Staat tun muss um lokale Welten zu schützen, aber was tun denn die lokalen Unternehmen, um zukunftsfähig zu bleiben? – Sie bekommen da ja einiges mit, oder?
Anatol Hennig: Die gesamten lokalen und regionalen Online-Marktplätze haben sich als nicht wettbewerbsfähig erwiesen gegenüber den großen Internetgiganten. Das heißt im Klartext: Jeder Händler muss seine eigene Strategie suchen, wie er stationär und online vernetzt, wie er nah am Kunden bleibt. Und da stellen wir ja seit rund einem Monat jede Woche spannende Konzepte aus der Region vor.

Für den stationären Händler, der sich einen Standort mit Miete und Angestellten leistet, ist der Faktor entscheidend, dass sich im Handel Menschen begegnen. Da geht es auch um Beratung, aber es geht auch um das Gefühl, dass wir gerade alle vermissen: Begegnung unter Menschen ist so viel mehr. Und sie ist der Kitt in unserer Gesellschaft, das spüren gerade viele, die versuchen, vom Homeoffice aus den Anschluss zu behalten. Wir sind soziale Wesen und ich glaube, dass wir keine bessere Welt schaffen, wenn wir darauf hinarbeiten, dass wir uns nur noch digital wahrnehmen. Ich glaube sogar, dass das Folgen für unsere Gesundheit haben wird. Und ich glaube, es gibt viele Menschen, die es zu schätzen wissen, vor Ort einen Ansprechpartner zu haben, der mal sagt: »Probieren sie doch mal diese Hose an, ich glaube, die könnte Ihnen sehr gut stehen.« Nicht umsonst gibt es im Mode-Onlineshopping 50 Prozent Retouren, was übrigens auch ein Thema der Nachhaltigkeit ist. So ein Geschäft vor Ort hat mit dem Unternehmer und den Mitarbeitern eine Seele, die fühlt man. Das ist ein Vorteil, wenn man ihn richtig ausspielt.

Ein weiterer ganz entscheidender Punkt sind Erlebniswelten. Das können zum Beispiel Aktionen sein. Es braucht einfach charmante Ideen, manchmal nur kleine. Im ersten Lockdown hat eine Modehändlerin aus Stockach ihren Kunden Köfferchen mit einer Auswahl zum Anprobieren zukommen lassen. – Was für eine unglaublich charmante Idee! Sowas macht die Welt vielfältiger und macht das Leben vor Ort attraktiver.
Sporthändler bieten kleine Laufevents an, das Fotogeschäft fotografiert auf hohem Niveau direkt vor Ort. Alles kleine Innovationen, die zukunftsfähig sein können, wenn die Händler sie kommunizieren und die Menschen sie wahrnehmen. Es gibt Einzelhändler, die fahren selbst zu den großen Modemessen und Schuhmessen, um für Ihre Kunden das richtige auszusuchen. Da wird richtig viel Liebe reingesteckt.

Das ist die bunte Welt des Handels der Region. Im Gegensatz zu Konzepten, in denen es darum geht, wie weltweit der Konsum zentralistisch organisiert werden kann und nur wenige daran wirklich verdienen. So wird die Welt eben grauer. Und ich mag die Welt bunt und da kann ich glaube ich auch für das ganze Wochenblatt sprechen. Wir mögen die Welt bunt.

Redaktion: Da steckt doch schon viel positive Energie drinnen. Was macht Ihnen in diesen Zeiten sonst noch Mut?
Anatol Hennig: Mir macht Mut, dass ich eine Idee davon habe, wie bunt und vielfältig ich die Welt in dieser Region gerne weiter hätte und dass ich unglaublich froh darüber bin, in einem Unternehmen zu arbeiten, in dem viele diese Ansicht mit mir teilen und wir diese bunte Welt mit unserer Werbewirkung sehr gut unterstützen können, auch wenn wir jetzt gerade wieder fleißig am Anzeigen- und Beilagenaufträge stornieren sind. Außerdem glaube ich, dass es sich lohnt, sich für das einzusetzen, was man für stimmig hält, und im Zweifel auch gegen das zu kämpfen, was man nicht für stimmig hält. Und was ich für stimmig halte, ist in einer Demokratie ein aus vielen Quellen finanzierter kritischer und kritikfähiger Journalismus für alle Menschen in der Region.

- Dominique Hahn

Autor:

Redaktion aus Singen

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