Vom Schreibtisch an den Briefkasten
Was ich als Vertretungs-Zusteller erlebt habe

Eigentlich fülle ich als Redakteur das WOCHENBLATT mit Inhalten. Als "Urlaubsvertretung" brachte ich dieses Mal die Zeitung zu den Leserinnen und Lesern. | Foto: Anja Kurz
  • Eigentlich fülle ich als Redakteur das WOCHENBLATT mit Inhalten. Als "Urlaubsvertretung" brachte ich dieses Mal die Zeitung zu den Leserinnen und Lesern.
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Singen/Engen. Sommerzeit ist Ferienzeit: Das gilt auch für die Zusteller des WOCHENBLATTs, die die Zeitung über das Jahr hinweg Woche für Woche zustellen. Und so ist das Team vom Zustellservice froh um jede Person, die als Urlaubsvertretung einspringt. Doch wie ist es eigentlich, Zeitungsausträger zu sein? Als Redakteur und Journalist möchte ich Fragen wie diese beantworten. Deshalb entschloss ich mich spontan, mich einmal selbst auf den Weg zu machen und damit zumindest einem Teil unserer Leserschaft das aktuelle WOCHENBLATT in den Briefkasten zu stecken.

Gesagt, getan. Seitens der Kolleginnen des Zustellservices wurde diese Entscheidung freudig entgegengenommen. Ich bekam eine Karte meines Bezirks und ein Info-Blatt ausgehändigt, mit Informationen wie: "In dieser Straße nur die ungeraden Hausnummern" oder "Der Briefkasten ist seitlich am Haus" oder "Bissiger Hund". Rund 550 Zeitungen galt es in meinem Gebiet zuzustellen, etwa fünf Stunden waren dafür angesetzt. Nach Absprache, wo die Zeitungspakete abgeliefert werden sollen, ging es für mich zurück an die Redaktionsarbeit, um die Zeitung fertigzustellen, die ich am nächsten Tag austragen würde.

Ein Start mit Hindernissen

Mittwoch, 7 Uhr. Nach dem Füttern der Katzen verlasse ich meine Wohnung und mache ich mich zusammen mit meiner Redaktionskollegin Anja Kurz auf, um die Zeitungen in den Kofferraum zu laden. Sie hat selbst einen Bezirk übernommen und dieser grenzt an meinen, weshalb wir uns entschieden haben, uns zusammenzutun. Am vereinbarten Ort - einer alten Bushaltestelle - warten schon die Zeitungsbündel auf uns. Zumindest die für ihren Bezirk. Von meinen fehlt jede Spur. Stattdessen warten Zeitungen für einen anderen Bezirk darauf, abgeholt und verteilt zu werden.

Also rufe ich beim Zustellservice an - wie vorgesehen bei "Unstimmigkeiten". Dort ist man verdutzt und verspricht, der Sache nachzugehen. Was sich herausstellen sollte: Die Austrägerin eines dritten dort abgelieferten Bezirks - eine echte Frühaufsteherin - war uns zuvorgekommen und hatte fälschlicherweise meine Pakete mitgenommen und angefangen, sie in ihrem Gebiet zu verteilen. Ein Fehler, der schnell aus der Welt geschaffen war. Zwischenzeitlich entschieden meine Redaktionskollegin und ich uns aber, mit ihrem Bezirk zu beginnen - ihre Zeitungen hatten wir schließlich.

Rücksicht auf die "Urlaubsvertretung"

Mit dem WOCHENBLATT im Kofferraum ging es also los - nachdem wir von einer Dame gefragt wurden, ob wir die Zeitung austragen würden, sie habe das WOCHENBLATT schon einige Zeit nicht bekommen. Glücklicherweise konnten wir sie beruhigen: Sie bekommt die Zeitung zugestellt. Die Austrägerin war schließlich bereits unterwegs. Eine Nachricht, die die Dame sichtlich freute. Sie zeigte dann auch Verständnis für die Situation. Es sei ja heutzutage nicht mehr so einfach, Austräger zu finden. "Sie kennen das ja von früher", sagte sie zu mir.

Generell kann ich sagen, dass mich die Menschen freundlich empfangen haben. Ich wurde gegrüßt, man nahm die Zeitung hin und wieder persönlich an der Haustür oder im Garten dankend entgegen und half weiter, wenn es galt, eine gut versteckte Haustür zu finden: "Sie sind die Urlaubsvertretung? Schön." Mehr als einmal erklärte mir ein Hausbewohner vom Balkon aus den Weg zum Briefkasten und bedankte sich im Anschluss für die Zeitung. Vor dem angekündigten "bissigen Hund" blieb ich verschont. Die Vierbeiner, denen ich begegnete, waren neugierig, freuten sich - wie Herrchen und Frauchen - über den Besuch. Ein Mitarbeiter des Bauhofs fragte, ob für ihn auch ein Exemplar übrig sei und natürlich bekam er eine Zeitung. Ebenso ein älterer Herr, der direkt auf uns zukam und danach fragte.

Ein zufriedener Zusteller

Nach gut sechs Stunden, rund 20.000 Schritten und etwa 800 ausgetragenen Exemplaren in zwei Bezirken war die Arbeit getan. Es blieben mir schwere Beine und ein gutes Gefühl. Am Tag zuvor hatte ich am Inhalt der Zeitung gearbeitet und zum ersten Mal durfte ich direkt erleben, dass es Menschen gibt, die das WOCHENBLATT und damit meine Arbeit wertschätzen. Allein deshalb hat sich der Ausflug in die Welt der Zusteller gelohnt.

Autor:

Tobias Lange aus Singen

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