Festakt mit Blick in die Geschichte im Hegau-Museum
Vor hundert Jahren: altkatholische Kirche im eigenen Haus

Altkatholisch Jubiläum | Foto: Pfarrer Robert Geßmann überreicht den Referenten ein kleines Präsent; v. li.: Prof. Günter Esser, Britta Panzer, Fritz Möhrle, Robert Geßmann. swb-Bild: eck
  • Altkatholisch Jubiläum
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Singen (eck). Vor knapp 150 Jahren bildeten die Alt-Katholiken eine Protestbewegung zur römisch-katholischen Kirche und spalteten sich ab. Die im 1. Vatikanischen Konzil erlassenen Papstdogmen führten zum Widerstand einiger Bischöfe, Theologen und Einzelpersonen. Zu wenig demokratisch war ihnen die Alleinentscheidungsbefugnis und die Unfehlbarkeit des Papstes „bei endgültigen Entscheidungen in Glaubens- und Sittenlehren“.

Auch in Singen bildete sich 1873/74, dem Jahr der alt-katholischen Kirchengründung, eine neue Gemeinde mit etwa 120 Personen. Wenige Jahre später wurde die alt-katholische Kirche staatsrechtlich anerkannt und konnte eigene Kirchen eröffnen. Von der römisch-katholischen Kirchengemeinde abgelehnt, durfte die neu gegründete alt-katholische Gemeinde ihren Gottesdienst damals in der evangelischen Kirche abhalten. Für die Singener Alt-Katholiken bestand keine dogmatische Schranke zur evangelischen Konfession.

„Unsere Gottesdienste sind seit jeher ökumenisch“, sagt Pfarrer Robert Geßmann. Rund 50 Jahre später, im Jahr 1917, konnten die Alt-Katholiken das evangelische Kirchengebäude für 25.000 Reichsmark erwerben. Anlass für die Singener alt-katholische Kirchengemeinde das 100-jährige Bestehen ihrer Kirche St. Thomas zu feiern.

Während eines Festaktes im Hegau-Museum gibt der alt-katholische Theologe Prof. Dr. Günter Esser einen Überblick zur Abspaltung und zum Entstehungsprozess der alt-katholischen Kirche. Die Singener Stadtarchivarin Britta Panzer berichtet über die Gründungsphase der lokalen alt-katholischen Gemeinde Singen. In der Rolle des Pfarrers Schäufele, dem letzten evangelischen Pfarrer vom Hohentwiel, lässt Fritz Möhrle aus Singen den geschichtlichen Ablauf Revue passieren. Sehr humorvoll schildert er, aus Schäufeles Sicht, das damalige Verhältnis und die Partnerschaft zu den Alt-Katholiken. Für den musikalischen Rahmen der Veranstaltung sorgt Elias Gabele an der Harfe.

Die alt-katholische Gemeinde Singen zählt gegenwärtig rund 260 Mitglieder. Von Anbeginn ökumenisch und weltoffen, schliesst sie Geschiedene und Wiederverheiratete von den Sakramenten nicht aus, somit auch nicht von einer weiteren Eheschliessung. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften werden gesegnet. Die gleichgeschlechtliche Ehe ist in Diskussion und werde bei der nächsten Synode thematisiert, sagt Pfarrer Geßmann. Über alle wichtigen Fragen der alt-katholischen Kirche entscheide die alle zwei Jahre stattfindende Synode. Zu der aus allen Kirchengemeinden, auch aus Singen, Abgeordnete entsandt werden. In der alt-katholischen Kirche werden die Priester, nach ihrer Bewerbung, durch die Kirchengemeinde gewählt. Das Priesteramt steht beiden Geschlechtern offen.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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