Kein Einzelfall - dank Singener Allianz - Flüchtlinge in Vollzeitbeschäftigung
Vom Sozialempfänger zum Steuerzahler Teil 2

Flüchtlinge Arbeitswelt | Foto: Dank des Schulterschlusses der Singener Allianz und der ehrenamtlichen Arbeit von Menschen wie Michael Greuter (links) und Bernhard Grunewald (rechts) haben Salim Karou (2.v.l.) und Saber Safi die Integration in die Arbeitswelt geschafft. swb-Bild: stm
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Singen. Vor knapp zwei Jahren hat das WOCHENBLATT am Zenit der Flüchtlingswelle mit der Titelgeschichte »Vom Sozialempfänger zum Steuerzahler« die Frage beleuchtet, wie können Flüchtlinge in der Region Eintritt in die Arbeitswelt finden. Die beiden damals vorgestellten Flüchtlinge, Salim Karou und Saber Safi, haben, wie sie bei einem exklusiven Gespräch mit dem WOCHENBLATT erklärten, inzwischen beide eine Vollzeitstelle und können so eine eigene Wohnung bezahlen.

Möglich wurde diese positive Entwicklung, wie Bernhard Grunewald vom Helferkreis HAsyliS betonte, durch die kontinuierliche Arbeit der Singener Allianz unter Federführung der Arbeitsagentur. Nur durch diesen engen Schulterschluss von Helferkreis, Stadtverwaltung, dem Landratsamt, der Handwerkerrunde, Wohlfahrtsverbänden, Singen Aktiv, der Volkshochschule, Bildungsakademie und Sprachschule sei es möglich auszuloten, was möglich und nötig ist, damit noch mehr Flüchtlinge in Arbeit kommen.

Aus eigener Erfahrung weiß Grunewald, der täglich in der Flüchtlingsunterkunft Byk-Gukden-Straße 100 Flüchtlinge betreut, dass 20 von ihnen Vollzeit beschäftigt sind. Sie zahlen für ein Platz im Fünf-Bett-Zimmer monatlich 320 Euro Wohnheimgebühr, ergänzt er.

Der Großteil der anderen Männer in der Byk-Gulden-Straße, die meisten sind aus der Kreissporthalle hierher verlegt worden, belegen Deutsch-Integrationskurse oder Praktika. Zum Glück werden inzwischen auch VAB-E-Klassen angeboten. Denn beispielsweise Saber Safi konnte, weil er schon über 20 Jahre alt war, keine VAB-O- Klasse mehr besuchen. Zudem werden verschiedene Vorfeldaktivitäten durchgeführt: Dies geht von der Teilnahme beim Tag des offenen Handwerks oder Berufsmessen bis hin zu Handwerkervorbereitungskursen sowie vier Kursen mit der AWO »Service- und Küchenhelfer«.

Wie der anerkannte Elektroingenieur Salim Karou erklärte, seien Praktika von unschätzbarem Wert: Denn Flüchtlingen müssen nicht nur Arbeitsabläufe erlernen, sondern auch lernen, wie in Deutschland generell gearbeitet würde. Unerlässlich, so Karou weiter, sind auch die Sprachkenntnisse, wobei es schwierig ist, für Schichtarbeiter entsprechende Kurse zu organisieren.

Doch dass vieles möglich ist, macht das Beispiel von Saber Safi deutlich. Als Analphabet und ohne Schulbildung nach Deutschland geflüchtet, hat der 24-jährige Afghane kürzlich seinen Führerschein gemacht und wird im Sommer eine Ausbildung zum Stuckateur bei der Singener Firma Sauter beginnen, bei der er am 15. September 2016 eine Vollzeitstelle angetreten hat. Sein Chef war nach einem Praktikum dermaßen von ihm begeistert, dass er ihn unbefristet angestellt hat. Seine Frau Shakela macht derweil ihren Schulabschluss an der Robert-Gerwig-Schule und will nach einem Praktikum in der Arztpraxis von Dr. Oexle gerne eine Ausbildung zur Arzthelferin absolvieren. Ihre beiden Kinder gehen in eine Singener Kita.

Der Syrer Salim Karou ist Michael Greuter, der sich beim Helferkreis engagiert, ans Herz gewachsen. Greuter bemängelt die bürokratischen Hindernisse und hofft wie Grunewald auf mehr Ermessensspielraum der Behörden. Greuter kann es nicht verstehen, dass der ausgebildete Elektroingenieur Karou, der zusammen mit seinem Vater ein Pumpengeschäft in Aleppo betrieb, seine Sprachkurse selbst zahlen muss. Denn schließlich sei Sprache Integration. Seit 1. Dezember 2017 arbeitet Karou als Techniker bei der Firma Breyer. Ein Rückschlag war für ihn, dass sich zuvor eine Übernahme bei Allweiler trotz positiver Rückmeldung des Unternehmens nicht ergeben habe. Von der Elektromontage ist er inzwischen in die Abteilung Elektrokonstruktion des Singener Traditionsunternehmens gewechselt.

Zwei Beispiele von vielen: Bernhard Grunewald sieht künftig großes Potenzial im Pflegebereich. Hier könnten Menschen mit Migrationshintergrund auch im Background (Küche, Hygiene, Wäscherei) gute Dienste leisten. Zudem hofft er, dass die Fachkräfteallianz im Landkreis, die im Sommer 2016 eingestellt wurde, wieder revitalisiert werde. Und er weiß, nicht nur Flüchtlinge haben Bedarfe in Arbeit zu kommen.

- Stefan Mohr

Autor:

Redaktion aus Singen

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