Zuversicht auf erfolgreichen Widerstand gegen Kiesabbau bei Informationsveranstaltung
Kein Kuhhandel mit Birkenbühl
Singen (of). Über 150 Interessierte und Gegner des geplanten Kiesabbaus im Dellenhau beim Singener Waldfriedhof waren am Donnerstagabend in die Singener Stadthalle geströmt zu einer Informationsveranstaltung, zu dem die Stadt Singen wie die Gemeinden Gottmadingen und Rielasingen-Worblingen eingeladen hatten. Singens OB bedauerte, dass die eingeladenen Vertreter des Regionalverbands, des Regierungspräsidiums, von Forst BW wie auch vom Betreiber Birkenbühl im Vorfeld abgewunken haben, so dass man die Pläne für eine Podiumsdiskussion habe fallen lassen müsssen. Immerhin war der Hilzinger Bürgermeister Rupert Metzler gekommen, der sich immer für den Kiesabbau aussprach, aber letzten Dienstag vom eigenen Gemeinderat überstimmt wurde.
Singens Stadtplaner Adam Rosol stellte den aktuellen Regionalplan (von 2005) vor, in dem die aktuellen Kiesabbauflächen wie Vorranggebiete und Sicherungsflächen ausgewiesen sind. In der Regionalplanung gehe es für die Region um einen Bedarf von 3,6 Millionen Tonnen pro Jahr bis zu 5,7 Millionen Tonnen pro Jahr bis zum Jahr 2055. OB Bernd Häusler verglich, dass man im Dellenhau von einer Million Tonnen Kies für etwa 14 Jahren ausgehe. Im Singener Stadtwald gehe man von einem Vorrat von rund 44 Millionen Tonnen Kies im Nassabbau aus. Was den Kiesabbau angehe, so müsse man für ihn unterscheiden, ob es für die Region ausreichend sein solle, oder ob es für jeden Unternehmer genug sein solle, merkte er an.
Prof. Dr. Reinhard Sparwasser, der mit den drei Gemeinden die durch die Gemeinderäte verabschiedete Stellungnahme verfasst hat, erklärte, das man zwischen dem regionalen Gleichgewicht und den Profitinteressen der Unternehmer sehr wohl unterscheiden müsse.
„Der jetzige Abbau steht einer Sicherung für die Zukunft entgegen“, bemerkte er knapp. Deshalb könne man hier gar kein Raumordungsverfahren durchführen, sondern müsste eigentlich ein sogenanntes Zielabweichungsverfahren starten, das zu einer Änderung des Regionalplans führe. Ein Raumordungsverfahren sei für ihn schlichtweg rechtswidrig. Auch Ausnahmen seien in der Planung bereits ausgeschlossen. Für ihn fehlt auch die Prüfung von Alternativen, also noch anderer Abbaugebiete. „Es gibt grundsätzlich eigentlich keinen Grund sich mit dem Verfahren zu befassen, da kein Bedarf für die Region für diesen Kiesabbau besteht!“, zeigte er sich siegesgewiss. Der Bedarf des Unternehmens selbst sei eigentlich auch nur durch seine Exporte in die Schweiz gegeben, ergänzte Sparwasser in seinem Vortrag. „Schweizer Bedarf ist kein regionaler Bedarf“, so Sparwassers Standpunkt. „Die Schweiz ist eigentlich nur schlau genug, die eigenen Reserven zu schonen.“
Auch für den Eingriff in den regionalen Grünzug wäre für Prof. Sparwasser ein Zielabweichungsverfahren nötig, wovon er im bisherigen Verfahren nichts entdeckt habe. Für unzureichend hält der Fachanwalt auch die Untersuchungen zur erwarteten Lärmentwicklung erachtete Sparwasser als unzureichend, zumal gerade in Rielasingen Worblingen Wohngebiete von bis zu 70 Transporten täglich betroffen seie. Sparwasser attestierte Verstöße gegen die Landschaftschutzgebietsverordnung Hegau, ein regelrechtes KO-Argument ist für ihn die Nähe zum Waldfriedhof und die Wahrung der Totenruhe, die gesetzlich geregelt sei. Das Klinikum Singen, das rund 1,1 Kilometer vom geplanten Abbaugebiet sei auch nicht ausreichend berücksichtigt worden.
In der Diskussion bemerkte die Singener Stadträtin Veronika Netzhammer, dass es in der Schweiz sicher einen Mangel an vielen gebe, aber bestimmt nicht an Kies. Gerade um Frauenfeld gebe es einige Kiesgruben, so dass für den Export kein Anlass gegeben sei. Ralf Baumert, Bürgermeister von Rielasingen-Worblingen, informierte freilich darüber, dass der Regionalverband den Bedarf an Kies in die Schweiz durchaus als regionalen Bedarf klassifiziere, weil er sich als „Region Hochrhein-Bodensee“ definiere, was beide Seiten der Grenzen umfasse. Letztlich könne niemand „regionalen Bedarf“ hier wirklich definieren.
Wenn es je eine Genehmigung für den Kiesabbau durch das Landratsamt als Baurechtsbehörde gebe, dann würden Singen, Gottmadingen und Rielasingen-Worblingen dagegen klagen, kündigte OB Bernd Häusler an. Dessen sei sich auch die Behörde bewusst, wie bei einem nichtöffentlichen Behördentermin am Vormittag vermittelt worden sei. Man müsse allerdings auch davon ausgehen, dass das Unternehmen Birkenbühl den Klageweg gehen werde, wenn die Genehmigung versagt bliebe.
Tilo Herbster, Bewohner das alten Forsthauses im Dellenhau, ehemals Revierförster und inzwischen Geschäftsführer des Landschaftserhaltungsverbands Kreis Konstanz, zeigte sich in einem Statement von der Forstbehörde enttäuscht, die in einem sehr frühen Stadium bereits einen Pachtvertrag unterzeichnet habe.
Auf die Nachfrage, ob man auch über eine Fortsetzung des Kiessabaus im Überlinger Birkenbühl rede, meinte Singens OB Häusler, dass es wohl Vorstöße dahingeben gegeben habe. Die Grundstücke gehörten aber der Stadt Singen und man habe auch in der letzten Gemeinderatsitzung nichtöffentlich das Thema angesprochen mit dem klaren Standpunkt, dass es keinen Kuhhandel im Birkenbühl geben werde.
Der Ex-Landtagsabgeordnete und Radolfzeller Gemeinderat Siegfried Lehmann meinte zum Abschluss, dass er sogar auf eine rechtliche Auseinandersetzung hoffe, damit der Terminus regionaler Bedarf endlich auch rechtlich geklärt werde.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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