Simmenfang "von Rechts"
Helferkreise im Landkreis verurteilen "Pushback-Pläne" der CDU
Singen/ Kreis Konstanz. Der CDU Antrag zur Streichung der Unterstützung für das von einer christlichen Allianz mitgetragene Seenotsrettungsschiff "Sea Eye 4" schlägt immer höhere Wellen. Der Sprecherrat der Helferkreise im Landkreis Konstanz hatte sich extra am Donnerstag in Singen zu diesem CDU-Antrag hinsichtlich der weiteren Kreistags-Unterstützung der zivilen Seenotrettung im Mittelmeer getroffen, und verurteilt das Ansinnen mit aller Schärfe.
Der Sprecherrat hat laut der beim Treffen formulierten Erklärung absolut kein Verständnis für den von Teilen der FDP-Fraktion sowie der AfD-Fraktion unterstützten CDU-Antrag an den Kreistag, die weitere Unterstützung der zivilen Seenotrettung durch den Landkreis Konstanz in Höhe von jährlich bislang 10.000 Euro einzustellen, falls die aus Seenot aufgegriffenen Menschen nicht nachgewiesenermaßen nach Afrika bzw. der Türkei zurückgebracht werden.
"Diese „Push-Back“- Kampagne bewerten wir als Teil eines kalkulierten Stimmenfangs vor der Bundestagswahl im Februar 2025. Wir sind einmütig der Auffassung: Dieses Thema darf nicht auf dem Rücken der Betroffenen ausgetragen werden", so die Erklärung des Sprecherrats.
Doch zur Erinnerung: Noch Mitte November 2022 entwickelte der Haushaltsausschuss im Bundestag mit Stimmen der CDU jene Vorlage, die zivile Seenotrettung von 2023 bis 20266 künftig mit zwei Millionen Euro jährlich zu fördern, welche der Deutsche Bundestag im Oktober 2023 mehrheitlich auch so beschloss. Und im Ampel-Koalitionsvertrag stimmte auch die FDP einer klaren Regelung zu: „Wir streben eine faire Verantwortungsteilung zwischen den Anrainerstaaten des Mittelmeers bei der Seenotrettung an und wollen sicherstellen, dass Menschen nach der Rettung an sichere Orte gebracht werden“, heißt es darin. Nötig sei „eine staatlich koordinierte und europäische getragene Seenotrettung im Mittelmeer“, denn „es ist ein zivilisatorische und rechtliche Verpflichtung, Menschen nicht ertrinken zu lassen“.
Das Mittelmeer gilt derzeit als tödlichste Grenze der Welt. „Es ist ein Gebot christlicher Nächstenliebe, Menschen, die aus ihren Heimatländern vor Krieg und Elend fliehen, zu helfen und Menschenleben zu retten“, so die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD). Und Papst Franziskus gedachte bei seinem Besuch in Marseille im September 2023 nicht nur der im Mittelmeer ertrunkenen Migranten: Damit die Zivilisation nicht Schiffbruch erleide, forderte er Europa auf, Verantwortung für die ausgewogene Aufnahme von Migranten zu übernehmen, legale Einreisen zu ermöglichen, menschlich zu handeln und Menschen zu retten. Es gelte, „den Geschmack am Engagement für die Geschwisterlichkeit” wiederzuentdecken.
"Statt die zivile Seenotrettung zu kriminalisieren, ist es aus unserer Sicht vordringlich, offenkundige Fluchtursachen und brutale Schleuserkriminalität viel stärker als bislang zu bekämpfen. Die Rückkehr zur staatlichen Seenotrettung ist dringend erforderlich - zivile Organisationen schließen diese Lücke, soweit als möglich. Dies verdient weiterhin Respekt und Unterstützung, auch durch den Landkreis Konstanz", so die Erklärung der Helferkreiskonferenz.
Mehrere wissenschaftliche Studien weisen aus der Perspektive der Helfer zudem nach, dass Menschen unabhängig vom Vorhandensein einer zivilen Seenotrettung fliehen - die gegenteilige Behauptung ist schlicht unbewiesen. Dies gelte auch für die Unterstellung, die Schleuser würden ihre schmutzigen Geschäfte gerade auchmithilfee der zivilen Seenotrettung durchführen.
Diese Argumente würden von der Post-Faschistischen Regierung Meloni in Rom kolportiert, wobei Italien die verbindliche staatliche Aufgabe der Seenotrettung im Hoheitsgebiet mittels der Marine bereits seit Oktober 2014 eingestellt habe. Sie schließt mittlerweile sichere Nothäfen zu Teilen, setze Rettungsschiffe fest, zerre Kapitäne von zivilen Rettungsschiffen vor Gericht und behaupte wider jede Erfahrung von deutschen Diplomaten, der Europäischen Kommission und von UN-Organisationen, die Rückführung zum Beispiel nach Libyen sei kein Problem.
„Unsere Mitarbeitenden in Libyen erleben bei ihrer Arbeit in Internierungscamps unmittelbar, wie Menschen unter unmenschlichen Bedingungen festgehalten werden und Misshandlung, sexuelle Gewalt und Ausbeutung erleiden müssen“, so Ärzte ohne Grenzen: “Libyen ist ein Ort des Schreckens”.
Quelle: Helferkreiskonferenz Landkreis Konstanz, Bernhard Grunewald.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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