Hegau-Geschichtsverein
Gelungener Festvortrag zum 70. Geburtstag

- Bis nahezu auf den letzten Platz besetzt zeigte sich der Bürgersaal im Singener Rathaus beim 70. Geburtstag des Hegau-Geschichtsvereins.
- Foto: Bernhard Grunewald
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Singen. Am Samstagnachmittag feierte der mittlerweile fast 1.000 Mitglieder umfassende Hegau-Geschichtsverein sein 70-jähriges Bestehen im voll besetzten Bürgersaal des Singener Rathauses.
1955 mit Hilfe des damaligen Kulturamtsleiters und Stadtarchivars Dr. Herbert Berner und OB Theopont Diez von 55 Mitgliedern aus 23 Hegau-Gemeinden gegründet, entwickelte sich der Verein „zu einer für die gesamte Region bedeutenden Institution“, so Catharina Scheufele, Fachbereichsleiterin Kultur und Tourismus, im Grußwort der Stadt für den terminlich verhinderten OB Bernd Häusler. Sie lobte die umfängliche Vortrags- und Exkursionsprogramme des Vereins, welche „das Bewusstsein für unsere Vergangenheit, unsere Herkunft und Identität und für unsere traumhafte Landschaft und Kultur stärken“.
Neben diesem „hautnahen Erleben“, dem jährlich erscheinenden „Hegau-Jahrbuch“ mitsamt der gut 200 Bände umfassenden Publikationsreihe „Hegau-Bibliothek“ leiste der Verein „wertvolle Beiträge zur regionalen Geschichte - dies als Grundlage für zukünftige Generationen“. Dabei sei dies „nicht nur als Ansammlung von Fakten zu sehen, sondern als lebendiges Erbe, das wir bewahren und weitergeben müssen“.
Sichtliche Freude über den geselligen Geburtstag strahlte auch Präsident Manfred Sailer in seiner Begrüßung aus, bevor Sven Hepting als jüngstes Vereinsmitglied an die Worte Prof. Karl Baders erinnerte, wonach der Hegau lange im „toten Winkel des Weltgeschehens“ lag, wie auch Schriftsteller Ludwig Finck vom „unbekannten Hegau“ schrieb. Längst ist der Hegau „außerhalb ein Begriff“, so Hepting. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte sei erforderlich, „gerade in Zeiten von Desinformation und Fake News“. Er wünscht, dass der Verein auch bei sinkenden Einnahmen und steigenden Kosten Unterstützung erfährt: "Kultur wird immer ein Zuschussgeschäft sein, aber vor allem eine Investition - gerade in die Verbundenheit der Menschen."
Vereinsvorsitzender Dr. Friedemann Scheck versprach nicht zuviel, als er den Festvortrag „Der Hegau und seine Umgebung - eine Landschaft wie aus einem Lehrbuch der Geologie“ von Prof. Andreas Schwab von der Pädagogischen Hochschule Weingarten ankündigte. Der gebürtige Oberschwabe mit familiären Bindungen nach Anselfingen ließ alle Anwesenden in einem überaus lebendigen, anschaulichen und präzisen Vortrag insbesondere an der geologischen Entwicklung der Region teilhaben.
Anhand von über 30 Bildern und Schautafeln entfaltete er in gut einer Stunde den Werdegang einer Landschaft, „die wegen ihres malerischen Charakters oft ‚des Herrgotts Kegelspiel’ genannt wird“ - umrahmt vom Bodensee als größtem Binnengewässer Europas, dem Aachtopf als der größten Quelle Deutschlands, der weltberühmten Wutachschlucht und dem Rheinfall als größtem Wasserfall Europas. „All diese Formen sind das Ergebnis vielfältiger erdgeschichtlicher Prozesse von Erosion und Sedimentation im Zusammenhang mit tektonischen Vorgängen“, so Schwab.
Diese wurden vor circa 35 Millionen Jahren wirkmächtig, als sich die Alpen durch den Schub der afrikanischen Platte emporhoben und sich Flüsse und ein voralpines Becken bildete. In diesen Molassetrog wurde über 25 Millionen Jahre hinweg gewaltiger Abtragungsschutt eingelagert - das flache Molassemeer verwandelte sich in eine festländische Tiefebene mit diversen Gesteinsschichten und vielfältiger, spektakulärer Flora und Fauna. Vor 13 bis 14 Millionen Jahren, dann erneut vor sieben bis zehn Millionen Jahren kam es zu prägenden vulkanischen Ausbrüchen.
Aber erst die Eiszeit vor circa 2,5 Millionen Jahren sowie jüngere Eiszeiten vor 24.000 Jahren formten mit ihren vorrückenden Gletschern „wie riesenhafte Landschaftshobel“ auch den Hegau, wodurch die Vulkane „ausgegraben“ wurden und sich typische Tobel bildeten. „Sind wir froh, dass wir so einen schönen Planeten haben“, so Schwab an die Hegauer. „Schee hontrs”!
Autor:Bernhard Grunewald aus Singen |
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