Pfaffensteig-Tunnel vor sehr ungewisser Zukunft
Gäubahn: Anlieger-OB's wehren sich nochmals gegen die Kappung der Strecke

Symbolbild Gäubahn | Foto: Archiv/ of

Stuttgart/ Böblingen/ Singen. „Wir akzeptieren keine Kappung der Gäubahn ohne Alternative“ – mit dieser Forderung wenden sich sieben Oberbürgermeister aus Gäubahn-Anliegerstädten erneut gemeinsam an die Bahn. Die Gäubahn, so ihr Anliegen, dürfe frühestens dann gekappt werden, wenn der Bau des Pfaffensteigtunnels endgültig gesichert sei. Letzteres ist derzeit aber wieder fraglich.

Mit ihrem Brief reagieren die Oberbürgermeister auf die jüngsten Entwicklungen beim Projekt Stuttgart 21. Hier gibt es weitere Verzögerungen, die auch unmittelbare Folgen für die Gäubahn haben können: "Für uns als Gäubahn-Anlieger bedeutet dies nun, dass den Städten und Gemeinden entlang der Strecke die befürchtete, noch längere Abhängung von der Landeshauptstadt und vom weiteren Fernverkehr schon fast Realität ist: Bereits die bisher stets angedachten mindestens 7, real eher 10Jahre wären für die Akzeptanz des Schienenverkehrs in unserer Region verheerend gewesen.
Nun sieht es so aus, als ob wir damit auf Dauer leben müssten. Dies ist nicht nur unfair, nicht nachzuvollziehen und lästig, es gefährdet langfristig auch die Gäubahn als Fernverkehrsstrecke: Die zu erwartenden sinkenden Fahrgastzahlen dürften dazu führen, dass die dringend nötigen Ausbauten und Optimierungen erst recht auf die lange Bank geschoben würden.", schreiben die OB in ihrem Brief.

Und weiter: "Die Finanzierung des Pfaffensteigtunnels, über den die Gäubahn-Züge künftig zum Flughafen und von dort weiter zum neuen Tiefbahnhof fahren können, ist aus den Plänen der Bahn aus finanziellen Gründen erst einmal gestrichen worden. Solange es aber den Tunnel nicht gibt, müssten Gäubahn-Reisende in Vaihingen auf die S-Bahn umsteigen, falls der oberirdische Stuttgarter Bahnhof wie geplant 2025 stillgelegt wird. Vor wenigen Tagen hat die Bahn eingeräumt, dass aber auch S 21 möglicherweise nicht wie geplant 2025 eröffnet werden kann. Dies würde bedeuten, dass auch die oberirdischen Gleise länger als bisher angenommen benötigt würden."

Der Brief der sieben Oberbürgermeister richtet sich an Olaf Drescher, den Vorstandsvorsitzenden der für Stuttgart 21 zuständigen DB Projekt Stuttgart–Ulm GmbH (PSU). Adressaten sind außerdem sind Verkehrsminister Winfried Hermann, Thomas Bopp als Vorsitzender des Verbands Region Stuttgart, sowie Stuttgarts OB Dr. Frank Nopper.

Unterschrieben haben den Brief neben OB Dr. Stefan Belz die Oberbürgermeister Bernd Häusler (Singen), Michael Beck (Tuttlingen), Jürgen Roth (Villingen-Schwenningen), Dr. Christian Ruf (Rottweil), Peter Rosenberger (Horb) und Nico Reith (Herrenberg).

Der Böblinger OB Dr. Stefan Belz: „Die Gäubahn darf nicht der große Verlierer von Stuttgart 21 werden. Es zeichnet sich ab, dass der neue Tiefbahnhof Stuttgart 21 nicht rechtzeitig eröffnet wird. Zusätzlich fehlt dem geplanten Pfaffensteigtunnel die Finanzierung durch den Bund. Die Gäubahn muss so lange wie möglich den Stuttgarter Hauptbahnhof erreichen können. Das sind Politik und Deutsche Bahn den Bahnreisenden zwischen Bodensee und Stuttgart schuldig. Ein Abhängen der Gäubahn ohne eine vollständige Inbetriebnahme des Tiefbahnhofs wäre ein verheerendes Signal an Bahnreisende und PendlerInnen. Deshalb ist es zentral, dass alle Beteiligten sich rasch mit einer tragfähigen und tragbaren Lösung auseinandersetzen, wie es mit der Gäubahn Ende 2025 bis zur Fertigstellung des Pfaffensteigtunnels weitergehen soll.“

In ihrem Brief fordern die OBs, dass die bisher für 2025 geplante Kappung der Gäubahn frühestens dann erfolgen dürfe, wenn verbindlich gesichert sei, dass der Pfaffensteigtunnel auch wirklich komme: Die Strecke ohne konkrete Aussicht auf den Tunnel vom überregionalen Netz abzuhängen, sei „nicht nur unfair, nicht nachzuvollziehen und lästig, es gefährdet langfristig auch die Gäubahn als Fernverkehrsstrecke.“ Die zu erwartenden sinkenden Fahrgastzahlen dürften dazu führen, dass die dringend nötigen Ausbauten und Optimierungen „erst recht auf die lange Bank geschoben würden.“

Dies wiederum würde die Attraktivität noch weiter senken: „Eine nicht endende Abwärtsspirale droht.“ Das südliche Baden-Württemberg mit rund zwei Millionen EinwohnerInnen und einer leistungsstarken Industrie müsse mit einem spürbaren und dauerhaften Standortnachteil rechnen. „Es ist erschreckend, wie unverantwortlich mit einer internationalen Bahnverbindung und deren Anliegern und Fahrgästen umgegangen wird.“

Vor diesem Hintergrund könne man die sich nun abzeichnenden Verzögerungen bei der Inbetriebnahme des Tiefbahnhofs fast schon als Chance betrachten: „Mehr denn je stellt sich die Frage, ob es wirklich sinnvoll und realistisch ist, den oberirdischen Kopfbahnhof bereits 2025 außer Betrieb zu nehmen“, heißt es in dem Brief, „dies setzt ja einen voll funktionsfähigen Tiefbahnhof voraus – was immer unwahrscheinlicher wird.“ Vor diesem Hintergrund sei eine Abhängung der Gäubahn ab 2025 noch fragwürdiger – schließlich könne die immer als Begründung angeführte bauliche Entwicklung des Rosensteinquartiers ohnehin nicht wie geplant in Angriff genommen werden.

Die Oberbürgermeister appellieren außerdem, die sich nun abzeichnenden Verzögerungen für eine Denkpause zu nutzen: „Man sollte und muss die dadurch gewonnene Zeit dafür nutzen, nochmals kritisch zu hinterfragen und klären, ob der dauerhafte Verzicht auf einen oberirdischen Bahnhof vor dem Hintergrund langfristig hoffentlich deutlich steigender Fahrgastzahlen wirklich sinnvoll ist.“

Quelle: Referat Oberbürgermeister Stefan Belz, Böblingen

Autor:

Presseinfo aus Singen

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