Muhterem Aras besucht Singener Schulen
Eine Landtagspräsidentin zum Anfassen
Singen. Im Sekretäriat der Johann-Peter-Hebel-Schule hängt unter anderem ein Poster an der Wand mit der Aufforderung "Lieb sein". Das haben sich wohl die rund 20 SchülerInnen der 8a zu Herzen genommen als Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) ihren Besuch ankündigte. Rund eineinhalb Stunden nahm sie sich Zeit um Gespräche zu führen und Fragen zur Arbeit des Landtags zu beantworten.
Zuvor besuchte sie die Ekkehard-Realschule. Schulleiterin Daniela Wetz und Klassenlehrerin Michaela Benz-Riede waren zufrieden, denn sowohl Fragen wie Antworten wurden kompetent, ausführlichund verständlich erläutert. Das Interesse an der zukünftigen Ausbildung der 13/14jährigen SchülerInnen überraschte Muhterem Aras ein wenig, denn jede/r hatte da schon konkrete Vorstellungen wohin es beruflich gehen soll. Von Autoverkäufer bis Koch, Kfz-Mechaniker, Metzger, Industriemechaniker - die Bandbreite war groß.
Die 53jährige in der Türkei geborene Aras, Kind einer "Gastarbeiterfamilie" mit fünf Geschwistern trug kurz ihren Lebenslauf vor und manch SchülerIn war beeindruckt wie die jetzige Landtagspräsidentin erzählte, dass sie ohne jegliche Deutschkenntnisse in der 5. Klasse einfach so in ihrer neuen Heimat "ins kalte Wasser" geworfen wurde. Da war es noch ein langer Weg bis zum Wirtschaftsstudium. Aber auch ein anspornender zugleich.
Aras gab sich bürgernah, sympathisch sowie authentisch, die Informationen sprudeln nur so aus ihr heraus. Von Abgehobenheit keine Spur. Ein Novum- sie ist die erste Frau die das Amt Landtagspräsidentin bekleidet, lobt das weltoffene und liberale Deutschland, welches die beste Verfassung der Welt hat, anhand schon durch die Pressefreiheit oder die gleichen Rechte für Mann und Frau vorsieht.
Vor zwei Jahren hatte Aras auch die Idee das Grundgesetz mit einer Feier zu würdigen. Dieses Jahr nun war der 70.ste Geburtstag des Grundgesetzes, das Interesse immens, berichtete sie.
Ihre beruflichen Schwerpunkte sieht Aras als Chefin der Landtagsverwaltung, die immerhin rund 200 Personen beschäftigt sowie im Landtag die Sitzungsleitung zu führen bei der auf Reihenfolge und Redezeit der RednerInnen geachtet werden muss." Und klar gibt es da manchmal zugespitzte und kontroverse Diskussionen, immer häufiger auch parlamentsunwürdiges Verhalten (Beleidigungen) welche dann zu einem Sitzungsausschluss führen," berichtet die Landtagspräsidentin. Auch das es zu immer mehr Ordnungsrufen in dieser Legislaturperiode gekommen ist, damit hält sie nicht hinterm Berg. An wen diese Ordnungsrufe vermehrt gehen, kann im Auge/Ohr des Betrachters liegen. "Jedoch soll es auch nicht inflationär wirken," erwähnt Aras.
Qua Amt sei sie natürlich zur Objektivität verpflichtet. Mit dem umstrittenen Begriff Heimat ist Aras auch unter die Autorinnen gegangen. Mit dem Buch "Heimat. Kann die weg?" beschreitet sie neue Wege.
In der Abschlussrunde konnten die SchülerInnen an Muhterem Aras Fragen stellen, dies wurde rege genutzt. Warum wird der Bildungsplan so oft geändert, was macht ihnen in ihrem Beruf am meisten Freude, wie sieht der Arbeitsalltag aus und wie ist es mit dem Urlaub geregelt?
Bereitwillig erläuterte sie sämtliche Fragen, auch bei den Verdienstmöglichkeiten gab es ehrliche Antworten. Eine Schülerin fragte nach Zuschüssen für Fahrtkosten, das nahm Aras als Steilvorlage, um über ihren kürzlich abgehaltenen Wien Besuch zu informieren, bzw. die ÖPNV Angebote dort. Schwärmerisch berichtete sie von Tickets für 1Euro pro Tag, Jugendliche bis 18 Jahren zahlen pro Monat sogar nur 5Euro. Begeisterung machte sich breit und das Streben der Grünen Landesregierung die Nutzung des ÖPNV attraktiver zu gestalten nickten die SchülerInnen locker ab.
Überhaupt konnte Aras überzeugen dass der gesamte Landtag am Austausch mit jungen Leuten interessiert sei, "es ist uns nicht egal was ihr denkt. Lasst euch nicht entmutigen, sagt uns unerschrocken eure Meinung, erhebt eure Stimme."Vielleicht ein Plädoyer der ganz besonderen Art .
Zum Schluss schilderte Klassenlehrerin Michaela Benz-Riede ihre Bedenken"wieviel Hauptschule wollen wir behalten?" und verwies damit auf Realschulen die einen Hauptschulzug anbieten. Aras Antwort kam prompt. "Entscheiden tun immer SchülerInnen und Eltern. Wenn Schule gefragt ist, dann kann Politik nicht sagen "wir schließen". Diese Problematik kenne sie auch von manchen Gemeinschaftsschulen.
- Stefan Mohr
Autor:Redaktion aus Singen |
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