Bemerkenswerte Färbe-Inszenierung von »Antigone«
Die Welt auf einem Bouleplatz

Färbe Antigone | Foto: Milena Weber platzt als Antigone in die muntere Boulepartie hinein, die das antike Drama reflektiert. swb-Bild: Bührer
  • Färbe Antigone
  • Foto: Milena Weber platzt als Antigone in die muntere Boulepartie hinein, die das antike Drama reflektiert. swb-Bild: Bührer
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Singen. Am Anfang fühlt man sich für einen Moment im falschen »Film«, denn das Publikum in der Basilika wird beim Beginn von »Antigone« in der Inszenierung von Gunther Möllmann von vier Boulespielern überrascht, die sich hier eine durchaus hochklassige Partie auf der eigens für das Stück aufgeschütteten Sandfläche liefern. Wären da nicht am Anfang Penelope und Winona Kühling im Wechsel gewesen, die in das Drama aus dem Antiken Theben einführten, die Geschichte des Sohn Ödipus, der seinen Vater erschlagen und die Mutter geheiratet hat und deren Nachkommen nun den Kampf um die Macht weiter austragen.
Und tatsächlich: die Boule-Partie rollt Sophokles Klassiker sozusagen von hinten auf. Das Spiel der vier ist bereits das Finale, und nun verwandeln sich Patrik Hellenbrand in den harten Herscher Kreon, Ben Ossen in Haimon der seinen Einsatz für Antigone mit dem Leben bezahlen muss ;Helmut Jakobi als Tiresias der Blinde Seher der in einer wütenden Szene klar macht, um was es schon damals ging: um Macht und damit um Geld; Elmar F. Kühling in den Wächter, der für das folgende Drama in seinem Opportunismus mit verantwortlich ist.
In der Vergangenheit liegt bereits das entsetzliche Gemetzel der beiden Brüder Eteokles und Polyneikes, der sich im Kampf um die Macht töteten und deren Nachfolge nun Kreon angetreten hat.

Er entscheidet zwischen Gut und Böse, der Macht bewusst, die er nun hat. Er eine der Brüder soll wie ein Gott bestattet werden, den anderen sollen die Hunde fressen.

Kreon hat die Rechnung freilich ohne Antigone (Milena Weber) gemacht, die ihren toten Bruder Polyneikes mit Erde bedecken will, damit der Tod eine Würde bekommt. Sie ist die Gegnerin Kreons, ihre Empörung nimmt man ihr ab, ihren energischen Widerstand, der freilich an der harten Seele Kreons zerbricht, die einem in der Figur Patrick Hellenbrands, doch einige Schauer über den Rücken zu jagen vermag. Es sind überhaupt die Emotionen der Frauen: Danilea Maria Figel, der hier als Ismene, ihre Premiere auf der Färbe Bühne feiert und in einer bemerkenswerten Dramatik dann als Euridike den Tod ihres Sohnes Haimon beklagen musste, der sich nach der Sage erhängte, als der die tote Antigone fand, welche nach dem Willen Kreons lebendig hätte begraben werden soll, zur Strafe. Wer die aktuellen Geschehnisse verfolgt, merkt schnell, dass es damals wie heute um Macht geht, und damit um Geld.

Das ganze Drama spielt sich auf diesem Bouleplatz ab, dessen Spieler auch immer wieder auftauchen. Als ob die ganze Welt ein solcher Bouleplatz wäre. Ist die Kugel erst geworfen, gibt es kein zurück mehr…. Gunther Möllmanns »Antigone« in der Basilika der Färbe ist eine ungemein heftige Zeitreise, immer wieder hin und zurück zu den Ursprüngen menschlichen Handelns. Der Applaus der Premiere zeigte, die dieses Achterbahnfahrt das Publikum beindruckte. »Nichts ist ungeheurer als der Mensch«, wie es immer wieder ausgesprochen wird - bis es fühlbar ist.

Die Weiteren Vorstellungen von Antigone finden jeweils Mittwoch bis Samstag, 20.30 Uhr, in der Basilika statt. Reservierung unter 07731/64646.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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