"Verstetigung" als Stichwort zum Jubiläum
Die Tafel sollte es eigentlich keine 25 Jahre geben
Singen/ Kreis Konstanz. Die Tafel in Singen, aus der längst ein Tafel-Netzwerk im weiten Teilen des Landkreises geworden ist, feiert ihren 25. Geburtstag. Am 25. Januar 1999 war sie nach etwas mehr als zwei Jahren "Vorlauf" nach dem Vorbild der Stuttgarter Tafel gegründet, welche wiederum nach einem Vorbild aus New York entstanden war.
Nach diesen 25 Jahren soll auch ein Namenswechsel für den Förderverein in "Tafeln im Landkreis" Konstanz vollzogen werden, so Udo Engelhardt, seit dem Start der Vorsitzende des Vereins, am Dienstag in Singen an. Gefeiert werden soll im Sommer.
"Als wir uns damals gründeten, hieß es, dass man uns eigentlich bald wieder abschaffen können sollte", sagt Willy Wagenblast, auch einer der Aktivisten der ersten Stunde, der als Kassierer auch im Landes- wie Bundesvorstand dabei war. "Dass es uns noch gibt und wir mehr Arbeit haben denn je, ist eigentlich deprimierend", macht er deutlich. "Wir müssen auch nochmals deutlich machen, dass wir keine Organisation um Armut zu bekämpfen", hakt Udo Engelhardt dazu nach. Das sei auch nicht die Vision der Gründer gewesen, denen in den 1990ern darum ging, auf der einen Seite etwas gegen die immer gigantischer Lebensmittelverschwendung zu tun, und auf der anderen diese Lebensmittel mit denen zu teilen, die sie sich "frisch" oder aus dem Laden so nicht leisten könnten. "Die Arbeit der Tafeln hat sich mittlerweile verstetigt, denn die Zahl Bedürftigen hat sich im Gegensatz zur Wohlstandsmehrung im Land immer weiter vergrößert. "Wir gehen davon aus, dass man uns auch in vielen Jahren noch braucht, ist der Ausblick zum Jubiläum. Die Polykrisen der letzten Jahre von Corona, Flüchtlingskrisen, dem Krieg gegen die Ukraine bis jetzt zum Krieg im Gaza-Streifen haben die Tafeln auch hier trotz extremer Belastungen im Ehrenamt geschafft und sind zurecht stolz darauf. Auch wenn auch zuletzt wieder im letzten Jahr einfach Aufnahmestopps verhängt werden müssen, weil man einfach am Limit angekommen sei.
Von Anfang an Gemeinsam
Ganz klein hatte auch die Tafel in Singen angefangen in 1999, mit einem kleinen Laden in der Ekkehardstraße und schon bald einem Mittagstisch im St. Anna-Saal der Herz-Jesu-Gemeinde. Aber schnell zeigte sich, dass das nicht reichen würde. So stellte Arbeiterwohlfahrt, die die Tafel damals dringlich zur Eigenständigkeit riet, die Räume ihres ehemaligen Cafés "Awocado" zur Verfügung. Sie wurde inzwischen auch um eine Südstadtafel erweitert. "Wir waren nicht nur die erste Tafel in Südbaden damals, wir haben es auch von Anfang an anders gemacht", blickt Udo Engelhardt zurück. Zum Beispiel, dass man als weiteren Nutzen die AWO-Arbeitsloseninitiative in der Tafelarbeit integrierte, um damit Perspektiven zurück in den Arbeitsmarkt zu bieten. Und dass man von Anfang an auf eine gemeinsame Landkreistafel hingearbeitet hatte, um Konkurrenzproblemen zu entgegnen, die es woanders gab. So war die Konstanzer Tafel, die 2004 dazu kam, am Anfang noch eine eigene Initiative, wie deren Leiterin Anita Hoffmann erzählt, aber das gemeinsame Dach war schnell aufgespannt. Stockach kam 2017 dazu und wird seit 2017 von Margot Kammerlander geleitet und 17 Helfern im Einsatz, die sie nicht suchen musste, sondern die sich hier einfach melden, weil sie mithelfen wollen. 2009 gab es die Tafel dann in Engen, in Kooperation mit der Caritas, die die Räume zur Verfügung stellt, die Radolfzeller waren im selben Jahr die letzten, und das mit Schützenhilfe aus Konstanz, sagt Leiterin Hildegard Gallenschütz, die eben in Konstanz begann. Anfragen aus Gottmadingen wie Rielasingen-Worblingen mussten liegen bleiben. Das würden wir nicht auch noch schaffen, so Engelhardt.
Weniger Verschwendung
Was die regionale Tafel noch anders macht, ist ihre gute Organisation, die auch Basis für das große Lager in Worblingen ist, eine von sechs Logistikzentralen im Land, über die auch die Spenden der großen Anbieter verarbeitet und verteilt werden können, wie dessen "Chefin" Christina König-Ghazouani unterstreicht. Die Engpässe nach dem Kriegsausbruch gegen die Ukraine seien Vorboten gewesen. Inzwischen sei spürbar, dass gerade im Lebensmittelhandel wesentlich sparsamer bestellt werde, um weniger wegwerfen zu müssen. Dies bringe Lebensmittelhändlern auch kein Geld, sodass das Angebot der Tafeln von dieser Seite aus schmaler ist. Eigentlich eine gute Entwicklung, aber nun spielt das gegen die Tafeln, die ja von "vielen Resten" lebten. Deshalb sei man sehr froh, dafür ein starkes Netzwerk im Landkreis durch Spender und Gönner zu haben, ohne die es die ganze technische Infrastruktur nicht gebe. Aber über Spender freut man sich mehr denn je.
"Wir arbeiten hier auch seit unserer Gründung ohne jegliche staatliche Förderung", so Udo Engelhardt. Ausnahme sind Eingliederungsmaßnahmen in den Arbeitsmarkt. Rund 4.000 bis 5.000 Menschen im Landkreis haben die Tafelkarte, sie werden an den fünf Standorten von rund 200 ehrenamtlichen Helfern bedient.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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