Krieg in der Ukraine, Corona und mehr
Die Region fragt - Berlin antwortet
Landkreis Konstanz. Der Krieg in der Ukraine löst nach zwei Jahren Corona-Pandemie neue Ängste und Sorgen in der Bürgerschaft aus. Vergangenen Donnerstag wurde das närrische Treiben vom Angriff Russlands auf die Ukraine stark überschattet. Vielen Menschen in der Region war nicht mehr nach Fasnetfeiern zumute, zumal die Möglichkeiten durch die Corona-Vorgaben schon sehr eingeschränkt waren. Angeschlagen durch all die Einschränkungen der Pandemie sowie sich zuspitzender Klimakrise wird durch den Krieg in der Ukraine neben menschlichem Leid und politischer Krise zudem befürchtet, dass sowohl die Energiepreise wie auch die Lebenshaltungskosten weiter steigen und private Haushalte wie auch die Wirtschaft schwer belasten werden.
Wie bewerten unsere politischen VertreterInnen in Berlin den Angriff Russlands auf die Ukraine und seine Folgen und was empfehlen sie dem/der Einzelnen, wie mit dieser komplexen, beängstigenden Situation umzugehen ist?
Diese Fragen aus der Region beantworten unsere Abgeordneten in Berlin:
Dr. Lina Seitzl, MdB SPD:
»Der Angriff Russlands auf große Teile der Ukraine am Donnerstag hat die Nachkriegsordnung über Nacht vollkommen verändert. Der Krieg in der Ukraine dauert bereits seit 2014 an und hat viele Opfer gefordert, aber die großflächige Invasion Russlands in die Ukraine von mehreren Seiten war auch für mich bis vor wenigen Tagen nicht vorstellbar.
Präsident Putins Versuch, Grenzen mit militärischer Gewalt zu verschieben, verstößt gegen das Völkerrecht und damit gegen die Regeln, auf die sich die Länder der Vereinten Nationen für ein weltweit friedliches Zusammenleben geeinigt haben. Dieser Angriff ist ein Versuch, die Sicherheitsarchitektur in Europa, wie wir sie seit dem Zerfall der Sowjetunion aufgebaut haben, zu zerstören. Das betrifft nicht nur Europa, sondern die gesamte internationale Gemeinschaft. Es muss im Interesse aller Staaten sein, dass nationale Grenzen respektiert und anerkannt werden. Die internationale Gemeinschaft muss nun geschlossen auf den Angriff Russlands reagieren. Dabei ist die enge Zusammenarbeit innerhalb der EU und mit den NATO-Partnern besonders wichtig.
Deutschland und die EU zeigen mit ihren Sanktionen entschlossen auf, dass wir Putins revisionistisches und gewalttätiges Handeln mitten in Europa nicht akzeptieren. Der Ausschluss mehrerer russischer Banken vom Zahlungssystem SWIFT, die Sanktionen gegen die russische Zentralbank und das Einfrieren der Gelder russischer Oligarchen zeigen bereits erste Wirkung. Es ist Putins Krieg, nicht der der russischen Bevölkerung. Deshalb sollen sie Putin und einflussreiche Menschen in Russland möglichst hart, die russische Bevölkerung sowie die europäischen Länder dagegen möglichst wenig treffen.
Dieser Krieg ist nicht fern, er ist nah und wird auch hierzulande unmittelbare Auswirkungen haben. Die beschlossenen Sanktionen werden nicht nur in Russland, sondern auch in Deutschland spürbar sein. Doch wenn wir die Einhaltung unserer Friedensordnung jetzt nicht konsequent einfordern, dann wird das viel weitgehendere Folgen haben. Der europäische Frieden ist die Grundlage für die Freiheit und den Wohlstand, welchen Europa seit dem Zweiten Weltkrieg mühsam aufgebaut hat. Für die Menschen in der Ukraine ist dieser Frieden nun abrupt beendet worden. Das können und werden wir so nicht einfach hinnehmen!
Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes können die Ukrainerinnen und Ukrainer mit der Unterstützung von Hilfsangeboten, mit der Zurverfügungstellung von Wohnraum, aber auch durch den großen solidarischen Rückhalt in den sozialen Medien und auf den Straßen unseres Landes unterstützen. Ich freue mich, dass sich schnell mehrere Initiativen gefunden haben, die im ganzen Landkreis Hilfsangebote, Friedensdemos und Mahnwachen organisiert haben. Das ist, neben den politischen Maßnahmen, ein bedeutsames Zeichen. Wir sind hier, wir unterstützen die Ukraine und wir werden dieses Verhalten Putins nicht einfach hinnehmen!«
Dr. Ann-Veruschka Jurisch, MdB FDP:
»Der Überfall Russlands auf die Ukraine und der damit verbundene Bruch des Völkerrechts sind unentschuldbar und schrecklich. Mein Mitgefühl gilt den Menschen in der Ukraine sowie denjenigen, die jetzt auf der Flucht sind. Trotz intensiver diplomatischer Bemühungen konnte der Westen Putin bisher nicht zur Vernunft bringen. Eine der wenigen guten Nachrichten in diesen schwarzen Tagen ist die große Geschlossenheit von EU, NATO und G7. Das von den EU-Mitgliedsstaaten beschlossene, umfassende Sanktionspaket gegen Russland ist ein erster Schritt. Es werden weitere wirtschaftliche und personenbezogene Sanktionen folgen müssen, wenn Russland nicht seine Kampfhandlungen umgehend einstellt und seine Truppen aus der Ukraine abzieht, hierbei liegen alle Optionen auf dem Tisch. Auch unser Nachbar, das Nicht-EU-Land Schweiz, sollte möglichst schlagkräftige Sanktionen erlassen.
Wie kann jede/-r Einzelne bei uns mit der aktuellen Krisensituation umgehen? Die Bilder und die Vorstellung, dass auf unserem Kontinent in einen demokratischen Staat einmarschiert wurde, sind verstörend und belastend. Trotzdem sollten wir einen kühlen Kopf bewahren und uns jetzt vor allem nicht von Falschnachrichten aus den sozialen Medien in die Irre leiten lassen. Hier bitte ich Sie sehr herzlich um große Wachsamkeit vor Desinformation. Es ist gerade jetzt wichtig zu hinterfragen, woher Bilder und Nachrichten stammen, wer diese geteilt hat und welches Interesse damit verfolgt wird.
Viele Menschen machen sich Sorgen, wie es mit der Energieversorgung in Deutschland aussieht. Deutschland hat derzeit ausreichende Energiereserven – selbst wenn die Lieferung von Gas und Öl aus Russland stoppen würde. Gleichzeitig macht uns die aktuelle Lage sehr deutlich, wie wichtig es für uns ist, dass unsere Energieversorgung unabhängig von anderen Staaten wird. Aufgrund der fehlenden Rohstoffe in Deutschland bleibt uns hier nur der Ausbau der erneuerbaren Energien – ganz besonders wichtig finde ich in diesem Zusammenhang das Thema Wasserstoff.
Ich bin sehr froh, dass unser Finanzminister ein Entlastungspaket vorgelegt hat, was unter anderem auch die Abschaffung der EEG-Umlage noch in diesem Jahr beinhaltet. Damit werden die Bürgerinnen und Bürger finanziell entlastet.
Abschließend noch eine Frage, die sich sicher viele Fasnachter stellten: Sollte man in so einer Situation überhaupt Fasnacht feiern? Es war natürlich jedem selber überlassen, ob ihm/ihr in der aktuellen Situation überhaupt zum Feiern zumute war. Aber wenn ja, dann denke ich Folgendes: Die Fasnacht ist ein Ausdruck von fröhlichem und friedlichem Menschsein – und gerade bei uns in der Region von grenzüberschreitendem, gutem Zusammenleben. Genau diese Menschlichkeit und das Miteinander sind es, die wir so dringend brauchen für den Zusammenhalt in unserem freien Land.«
Andreas Jung, MdB CDU:
»Es ist unfassbar: Mitten in Europa sterben in diesem Krieg Menschen. Dieses Blutvergießen muss aufhören. Dafür sind in den letzten Tagen auch in unserer Region sehr viele Menschen bei Mahnwachen und Gedenkgottesdiensten auf die Straßen und in die Kirchen gegangen. Wilhelm Waibel etwa, gleichzeitig Ehrenbürger der Stadt Singen und ihrer ukrainischen Partnerstadt Kobeljaki, hat bewegende Worte gesprochen. Oder der Bericht in Stockach einer in Wahlwies lebenden Mitbürgerin über die Situation ihrer Familie in der Ukraine, die Kinder in Angst, die 80-jährige Oma im Luftschutzkeller. Diese Appelle habe ich am Sonntag mitgenommen zur Sondersitzung des Bundestags nach Berlin. Zu Beginn erhoben wir uns mit den Abgeordneten aller Fraktionen, außer der AfD, zur Begrüßung des ukrainischen Botschafters Andrij Melnik, aus Respekt vor den Menschen in der Ukraine und ihres Freiheitskampfes. Und dann haben wir mit breiter Mehrheit Putins Krieg auf das Schärfste verurteilt und den Menschen in der Ukraine unsere Solidarität erklärt, mit einem Antrag über die Grenzen von Parteien und von Regierung und Opposition hinweg. Dieser Angriff auf ein souveränes Land ist völkerrechtswidrig und durch nichts zu rechtfertigen. Die Ukraine hat Russland nicht bedroht, niemand hat Russland bedroht. Und so verteidigt die Ukraine ihre Freiheit. Aber es geht auch um unsere gemeinsamen Werte. Frieden und Freiheit stehen über allem. Deshalb sind die beschlossenen harten Sanktionen notwendig, auch was SWIFT angeht und auch wenn sie wirtschaftliche Auswirkungen auch auf uns haben. Die Bundesregierung hat dabei versichert: Auch ohne russisches Gas ist unsere Energieversorgung in diesem Winter und im Sommer gesichert. Darauf aufbauend gilt es, Konsequenzen zu ziehen: Wir müssen mit verbindlicher Vorgabe und aktiver Beschaffung in anderen Ländern dafür sorgen, dass zu Beginn des kommenden Winters unsere Gasspeicher gefüllt sind. Und wir müssen so schnell wie möglich unabhängig werden von fossiler Energie und damit von russischem Gas. Dazu müssen erneuerbare Energien, Energieeffizienz und die Wasserstoffstrategie beschleunigt umgesetzt werden. Die Auswirkungen dieser internationalen Entwicklungen auf die Energiepreise für Privathaushalte und Betriebe gilt es, mit gezielten Hilfen und richtiger Rahmensetzung zu begrenzen. Der wichtigste Beitrag zur Stabilisierung aber ist auch hier: Frieden in Europa. Darauf zielen alle unsere Bestrebungen ab. Und dafür stehen wir in diesen schweren Stunden zusammen.«
Autor:Ute Mucha aus Moos |
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