"Pension Schöller" nochmal neu erfunden
Die Fete in der Psychiatrie
Singen. Wer ist hier der Narr? - Diese Frage stellt das Lustspiel "Pension Schöller" bereits seit 1890 an sein Publikum. Pünktlich zur Fastnachtszeit erhielt die Neuinszenierung des amüsanten Stücks, unter der Regie von Andreas von Studnitz und Stefan Wallraven, Einzug auf die Bühne des Theaterrestaurants "Die Färbe" in Singen und bot seinem Publikum, zur Premiere am vergangenen Freitag, ein "Narrenspiel" der besonderen Art.
"Weniger ist mehr"
Dies war wohl das Motto des Regisseurs Andreas von Studnitz bei der Gestaltung des unkonventionellen Bühnenbildes, welches einzig aus einem schwarzen Vorhang bestand. Eine gute Entscheidung – denn umso intensiver konnten die ausgefallenen Kostüme der Schauspieler strahlen, welche die Extravaganz der konstruierten Charaktere perfekt widerspiegelten. Ebenfalls setzte man bei der Rollenverteilung auf weniger Schauspieler, als es Rollen gab. So ergab es sich, dass die 12 Rollen sich auf 6 Schauspieler verteilten. Diese Herausforderung meisterten die Schauspieler mit Bravour und stellten ihr schauspielerisches Talent unter Beweis.
Kurios, Humorvoll, Regional
Mit schrillem Sprechgesang eröffneten die Schauspieler das Stück und erzählten vom Berlin Urlaub des Schwabens Phillipp Klapproth (Ralf Beckord), der gerne einmal mit echten Irren in Kontakt kommen wollte, um seinen Bekannten im Heimatdorf zu imponieren. Sein Neffe Alfred (Fionn Stacey) wittert seine Chance und verspricht ihm eine Fete in der Psychiatrie, wenn er im Gegenzug eine Finanzspritze erhalten würde. Gemeinsam mit seinem Freund (Daniel Leers), einem zynischen Berliner Kellner, schmiedet Alfred einen notdürftigen Plan und lädt so den Onkel zu einem Abend in der Pension Schöller ein, welche für diesen Abend als Psychiatrie dienen sollte – ohne wirklich eine zu sein.
So kurios wie der Wunsch des Schwaben, so zeigen sich auch die Persönlichkeiten, die er in der vermeintlichen Anstalt antrifft. Von einer exzentrischen Schriftstellerin (Bianca Waechter), die in ihrer Sensationslüsternheit jeder Geschichte ihren Glauben schenkt, über einen erfolglosen Schauspieler mit Sprachfehler (Fionn Stacey) bis hin zum professionellen Löwenjäger (Elmar F. Kühling) – an absurder Diversität sind die gezeichneten Charaktere kaum zu überbieten. Doch der Abend sollte seine Folgen haben, denn die "Irren", die der Schwabe rief, suchten ihn und seine Schwester (Alexandra Born) in seiner Heimat heim und führten dem voreingenommenen Herrn seine eigene Beschränktheit vor. Ein Sinnbild dafür, dass jeder in sich einen Narren trägt. Der Spott des Stückes macht auch vor den Vorurteilen gegenüber der Stadt Singen und seiner Maggi Fabrik keinen Halt und bindet so geschickt die Vorurteile ein, mit welchen die Fabrikarbeiter oft zu kämpfen haben.
Wo die Grenzen aus Absurdität und Klarheit verschwimmen
Die Neufassung des Bühnenwerks zeichnet so mit einer Leichtigkeit ein Bild des Menschen, das in seiner Ehrlichkeit nicht zu überbieten ist – als eine Erscheinung, die so voreingenommen von den eigenen Überzeugungen ist, dass diese selbst dann nicht abgelegt werden, wenn sie offensichtlich zum Narren gehalten wird. Die Ernsthaftigkeit, welche sich hinter dem Gesamtwerk verbirgt, tat jedoch dem Spaßfaktor des Stückes keinen Abriss und mündete in einem tosenden Applaus und Gelächter des prall gefüllten Raumes. Weitere Termine zu den Aufführungen des Stücks sind auf der Website der Färbe einzusehen.
Von Tara Koselka
Autor:Redaktion aus Singen |
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