OB Häusler im Interview
»Das Beste für unsere Stadt«
Singen (of). Viele Themen wurden in den letzten Monaten heiß diskutiert und debattiert. Die Frage, ob Singen ein ECE Shoppingcenter braucht oder gar verträgt, ob das die Stadt letztlich als Einkaufsstandort nach vorne bringt im Ranking in der Region oder ob dadurch die gewachsene Handelsstruktur gefährdet wird, ist nach einem intensiven, zweijährigen Prozess mit viel Öffentlichkeitsbeteiligung dem Bürgern zum Entscheid vorgelegt worden, die ja bekanntermaßen mit starker Mehrheit bei den abgegebenen Stimmen mit einem Ja für ECE votiert haben. Wie die Zukunft des Bahnhofsplatzes mit dem Projekt ECE verknüpft ist – oder auch nicht - und wie es mit den aktuellen Entwicklungen beim Kunsthallen-Areal aussieht, erläutert OB Bernd Häusler im zweiten Teil des WOCHENBLATT-Sommerinterviews.
WOCHENBLATT: Sie sind zufrieden mit dem Ausgang des Bürgerentscheids wie mit dem Prozess rund um die Pläne von ECE für das Shoppingcenter in Singen?
Bernd Häusler: Der Aufwand hat sich gelohnt. Es war meiner Meinung nach ein Musterbeispiel dessen, wie man mit solch einem komplexen Thema auch in der Öffentlichkeit umgeht. Es wurde volle Transparenz praktiziert, auch durch die Teilhabe von Kritikern in diesem Prozess. Auch bei den meisten Gemeinderäten war es am Schluss ein Abwägungsprozess zwischen Chancen und Risiken durch das Shoppingcenter. Und auch bei mir haben am Schluss die Chancen für die gesamte Innenstadt überwogen - bis Ende Mai habe ich mich ja neutral verhalten. Überrascht hat mich am Ende die starke Mehrheit mit der der Gemeinderat für das Projekt gestimmt hat. Und die Wahlbeteiligung war besser als bei der letzten Kommunalwahl gewesen im Bürgerentscheid. Mit einem eindeutigen Ergebnis von 58 Prozent für das Center bei den abgegebenen Stimmen.
WOCHENBLATT: Jetzt geht es mit dem Bebauungsplan ans Eingemachte?
Bernd Häusler: Der Bebauungsplan ist weitgehend fertig und geht ja nun wieder in die Bürgerschaft zur Abwägung hinein. In Arbeit ist nun auch der städtebauliche Vertrag, der eine der Grundlagen für die gesamte Baugenehmigung des Projekts ist. Wir sind in den Verhandlungen auf einem guten Weg und hoffen, dass wir die letzten, rund 15 bis 20 Prozent dieses Vertrags nun sauber formuliert bekommen. Dies im Interesse des Investors, der Stadt und natürlich in meiner Person als OB. Was da kommen soll, muss das Beste bringen für unsere Stadt.
WOCHENBLATT: Sehr oft wird eine Verknüpfung hergestellt zwischen dem Verkauf des Zollareals und dem Umbau des Bahnhofsplatzes, vor allem was die Finanzierung angeht. Was hängt da von was ab?
Bernd Häusler: Die aktuellen Zahlen, die zum Verkaufspreis des Areals bisher kolportiert wurden, sind alle falsch. Bisher habe ich nur gesagt, dass wir als Stadt für das gesamte Areal (außer dem Sandteinbau), mit dem Abschnitt der Thurgauerstraße und betroffenen Teilen der Bahnhofstraße eine zweistellige Millionensumme haben wollen. Mehr gibt’s dazu in den Öffentlichkeit nicht zu sagen. Ich hoffe, dass wir dazu im Herbst auch klar Schiff haben. Es gibt gegenüber anderen Kolportationen auch keine Verknüpfung zwischen ECE und Bahnhofsplatz. Es wird so gebaut, dass alles auch mit dem alten Bahnhofsplatz funktionieren würde. Als Geschäftsführer der Stadtwerke habe ich mit dessen Leiter Markus Schwarz schon vor vielen Jahren auf einen Umbau des Bahnhofsplatzes gedrängt, weil die Stadt einen Omnibus-Bahnhof braucht, der nicht von einer Straße getrennt wird und der mit modernen Fahrplanauskünften ausgestattet ist. Das wollten wir bereits 2006 anstoßen. Jetzt haben wir die Chance dazu das Projekt umzusetzen, es fehlen ja nur noch Detailbeschlüsse. Wenn ECE doch nicht kommen sollte, was immer noch passieren kann, müssten wir den Bahnhofplatz aus anderen Investitionsmitteln finanzieren, in diesem Fall etwas später, weil wir andere Maßnahmen auch schon seit Jahren vor uns herschieben.
WOCHENBLATT: So was beträfe indirekt auch die ewig gewünschte Dreifachsporthalle am Stadion?
Bernd Häusler: Der Bahnhofsvorplatz ist auch ein Versprechen an den Handel der Innenstadt, genauso wie die Hegaustraße, die wir baldigst angehen sollten weil es wirklich nicht prickelnd aussieht. Da sollte ein Gesamtensemble abgeschlossen werden, aber letztlich setzt der Gemeinderat die Prioritäten.
WOCHENBLATT: Wie sieht es beim Kunsthallenareal aus? Das Unternehmen OWSA als Übernehmer der ehemaligen GVV Liegenschaften versteht es, hier erstmal sehr still zu arbeiten.
Bernd Häusler: OSWA ist sehr weit mit seinen Verhandlungen und Plänen gekommen, hier kann sich im Herbst eine Ansage abzeichnen, wohin die Reise geht.
WOCHENBLATT: Mit Wohnraum – oder nach wie vor auch mit Handelsflächen?
Bernd Häusler: Es gibt noch verschiedene Varianten die hier diskutiert werden. Das Grundstück war von Anfang an nicht einfach, der Knackpunkt ist in diesem Fall eher das Thema Logistik für eventuelle Handelsflächen. Das Unternehmen macht meiner Meinung nach einen wirklich guten Job – und sie haben ein hohes Interesse daran, hier ein Projekt umzusetzen.
WOCHENBLATT: Nochmals die Sporthalle - liegt die auf Eis?
Bernd Häusler: Derzeit ist eine Machbarkeitsstudie auf dem Weg – damit mal geklärt ist, was an Platz, was an Zuschauerkapazitäten nötig wäre, die Turner bräuchten als Bundesligateam schon lange eine dauerhafte Gerätehalle. Ich gehe davon aus, dass eine Sporthalle, wie ich sie mir vorstelle, zwischen fünf und sieben Millionen Euro kosten würde. Das müssten wir erst mal schultern können. Nächstes Jahr fangen wir erst einmal an der Gemeinschaftsschule in der Nordstadt an, was uns über drei Millionen Euro kostet. Es gibt zwei Ersatzbauplanungen durch freie Träger in der Kinderbetreuung und für unseren Bruderhofkindergarten, den wir dringend in neue Räumlichkeiten bringen müssen. Auch hier reden wir von vier bis fünf Millionen Euro bei unserem Anteil. Auch am Markus-Kinderhaus soll neu gebaut werden mit Zuschüssen der Stadt von rund 2,8 Millionen Euro, die Mehrzweckhalle in Beuren sollte endlich gebaut werden, um auch als Politik glaubwürdig zu bleiben. Das sollte Ende nächsten Jahres endlich beginnen können.
WOCHENBLATT: Das letztes Jahr angestoßene integrierte Stadtentwicklungskonzept ist etwas ins Hintertreffen geraten, wie geht es weiter?
Bernd Häusler: Während der heißen Phase der Diskussion um das ECE-Center haben wir eine Pause einlegen müssen. Die geplanten Workshops mit der Industrie, Handwerk und Handel werden nun im September stattfinden, weil das von der ECE-Diskussion beeinflusst gewesen wäre. Trotzdem wollen wir im Frühjahr 2017 das Konzept verabschieden.
WOCHENBLATT: Seit über einem Jahr haben Sie Bürgermeisterin Ute Seifried mit in der Rathausspitze. Wie klappt das Teamwork?
Bernd Häusler: Es war eine super Wahl für unsere Stadt, sie im Bereich Soziales und Schulen einzusetzen, weil sie eine wirklich hervorragende Fachfrau ist. Ihr kann da auch niemand was vormachen. Unser Verhältnis ist kollegial sehr gut, würde ich aus meiner Warte heraus sagen. Sie entlastet mich bei vielen Terminen, so dass ich vieles intensiver bearbeiten kann, ohne das Ganze aus den Augen zu verlieren. Mehr Freizeit habe ich deswegen allerdings nicht.
Das Gespräch führte Chefredakteur Oliver Fiedler.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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