Leserbrief aus Engen zu den geschlossenen Toiletten in Zeiten des Corona-Lockdowns

Aufenhaltsqualität bedeutet auch Toiletten-Infrastruktur

Singen/Tengen. Zum Artikel „Aufenthaltsqualität statt Digitalisierung“ mit dem Interview von Marian Schreier im Wochenblatt wird uns geschrieben:

„Zu Recht weist Marian Schreier, der Bürgermeister von Tengen, auf die Wichtigkeit der Aufenthaltsqualität in den Innenstädten hin. Darunter fällt ein eher wenig beachtetes Merkmal: die Bereitstellung von Toiletten. In letzter Zeit haben WC-Anlagen im öffentlichen Raum mehr ab- als zugenommen; sie wurden entweder geschlossen oder abgebaut, aber nur selten erneuert. Kundentoiletten in den Geschäften sind allenfalls noch in großen Läden zu finden. An vielen Bahnhöfen gibt es überhaupt keine Toiletten mehr. Besonders Frauen leiden unter dieser Situation, denn sie werden in ihrer Aktivität erheblich eingeschränkt.

Kürzlich habe ich das Cano in Singen besucht und wollte auf die Toilette. Am Eingang saß ein Mann, der eine Gebühr verlangte. Kostenpflichtige Toiletten treffen in erster Linie Frauen, denn sie ,müssen‘ mehr als doppelt so häufig wie Männer. Ein längerer Einkaufsbummel wird ohne ausreichend verfügbare Toiletten zur Qual, und ich möchte nicht jedes Mal in einen Gastronomiebetrieb einkehren müssen. Mangelnde Aufenthaltsqualität hat daher auch etwas mit fehlenden Toiletten zu tun. Deutsche Innenstädte sind in dieser Hinsicht für Frauen sanitäre Notstandsgebiete.

Bei unseren Nachbarn in der Schweiz hat das Thema WC einen anderen Stellenwert. In den Einkaufszentren wie Herblinger Markt und Migros sind die Toiletten gebührenfrei. Sogar im ländlichen Raum findet die Spaziergängerin frei zugängliche, gepflegte Toiletten.

Als kostengünstige Lösung für die Kommunen haben sich die ,netten Toiletten‘ bewährt. Ihre Anzahl sollte deutlich erhöht und zum Beispiel auch in öffentlichen Gebäuden angeboten werden. Vielleicht wird dann auch die erbärmliche Toilette im Singener Rathaus renoviert.”

Edith Sonnenschein, Engen