Hallo und guten Tag
Wie Medienmacht die Medien macht

Endlich war es wieder einmal so weit; gemeinsam mit  meinem Chef war ich auf dem Weg zur Dämmerschoppenrunde. Mit großem Hallo wurden wir begrüßt, denn schließlich hatten sich die Männer einige Wochen nicht gesehen. Ich rollte mich wie immer auf meinem Stammplatz unter der Eckbank zusammen und spitzte meine Ohren für Sie, liebe WOCHENBLATT - Leserinnen und - Leser. Mal sehen welche weltbewegenden Themen heute zur Sprache kommen. Übereinstimmend kam die Runde zu dem Ergebnis, dass die Bundeskanzlerin ihre Macht gefestigt habe. Na ja, meinte Dieter, die Medien helfen tatkräftig mit durch ihre positive Berichterstattung und die ständigen Meldungen über das Stimmungshoch für Angie. Kaum eine Zeitung, die kritische Töne anschlägt und mal hinterfragt, welche positiven Ergebnisse unter der Führung von Frau Merkel diese Regierung bisher tatsächlich eingefahren hat, lässt sich mein Leithund vernehmen. Friede, Freude, Eierkuchen, dank der Hilfe von Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen, so lautet der Kommentar von Manfred. Ich habe meine Ohren auf Empfang und bin völlig überrascht von dem was ich da höre. Kann es sein, dass Medien solange und immer wieder Dinge wiederholen bis die Zweibeiner davon überzeugtsind? Das wäre schon eine starke Leistung aus meiner Sicht auf vier Pfoten. Doch aufgepasst, nicht dass mir das weitere Gespräch entgeht. Darin, so vernehme ich jetzt die Stimme von Rolf, liegt ja auch die Gefahr. Stellt Euch mal vor der Axel-Springer-Konzern übernimmt tatsächlich die Fernsehgruppe ProSieben Sat1. Er hätte nach meine Informationen (und Rolf weiß immer gut Bescheid!) dann einen Zuschaueranteil von mehr als 42 Prozent in der Republik; dabei dürft Ihr aber den Einfluss der auflagenstärksten deutschen Tageszeitung nicht vergessen, die ja auch aus dem Hause Springer stammt. Dazu kommen dann noch etliche andere Printprodukte, die ohne Frage zu den Meinungsmachern gehören. Das wäre eine unglaubliche Vorherrschaft in Sachen Meinungsmacht. Das Ganze wurde doch durch das Bundeskartellamt gestoppt oder bin ich da falsch informiert, kommt die Frage von Dieter. Rolf erklärt der staunenden Runde jetzt wie so ein Verfahren läuft. Da gibt es den Springer-Konzern, der diese Fernsehgruppe übernehmen will. Jetzt treten die Übernahme-Kontrolleure auf den Plan. Da ist zunächst die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich - kurz KEK; dazu kommen die Landesmedienanstalten, die könnten sogar einen KEK-Beschluss mit einer Dreiviertelmehrheit kippen. Dann erst tritt das Bundeskartellamt auf den Plan. Diese Einrichtung muss einen geplanten Zusammenschluss verbieten, wenn dieser eine marktbeherrschende Stellung zur Folge hat. Das wird vermutet, wenn ein Unternehmen einen Marktanteil von mehr als einem Drittel erreicht. Lehnen KEK, Landesmedienanstalten und Bundeskartellamt einen Zusammenschluss ab, kann das Unternehmen eine Ministererlaubnis beim Bundeswirtschaftsminister beantragen. Genau an diesem Punkt ist die Übernahmechose jetzt angekommen. Der Springer - Konzern prüft, ob er eine Ministererlaubnis beantragt. Das ist aber eine heiße Kiste, kommt es da von Manfred. Denkt mal an den Beginn unseres Gesprächs. Wir waren uns alle einig, dass die Medien derzeit sehr viel zum Stimmungshoch für die Kanzlerin beitragen. Ich stelle mir gerade mal vor, der Springer - Konzern beantragt tatsächlich die Ministererlaubnis; in der Haut von Wirtschaftsminister Glos möchte ich da nicht stecken. Sowie die Medien zu einem Stimmungshoch beitragen, können sie - das haben sie schon oft bewiesen - auch das Gegenteil bewirken. Der Manfred ist halt der politische Kopf dieser Runde, liebe WOCHENBLATT - Leserinnen und -Leser. Nach all dem Gehörten stelle ich mir eine Frage: »Macht Presse Macht?«

In diesem Sinne bis zum nächsten Mal, Ihr bunter Hund.

Autor:

Redaktion aus Singen

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