Wafrös alemannische Dialektik vom 3. Januar 2007

Ebbes stimmt tatsächlich: Mer lernt nie us. Mer ka so alt were wie de Methusalem, mer macht all wieder mol ganz neie Erfahrunge. Drum hon i des Johr zu mine Kinder gset, bitte lond mi de heilige Obed elei. I mecht s'erscht Johr, wo »die Mei« nume do isch, mol mit mir elei sei, mir feiered denn alle mitenand am erschte Weihnachtstag. Sie hond zwar weng degege gschwätzt, hond's aber denn eigsäeh und min Wunsch reschpektiert. Denn isch der heilige Obed kumme. Nochem z'Nachtesse, wo i näbeher mit mim Radiole weng Weihnachtsmusig gloset hon, do hon i de Mantel aazoge und de Schaal um de Hals bunde und bin mit mim Autole Richtung Gottmadinge ade Parkplatz vum Friedhof gfahre. De Parkplatz war leer, s war nämlich scho lang schtock dunkel, abers hot en Schternehimmel ghet, wie ime Bilderbuech. Isofern war's ko schtockfinschtere Nacht, und zudem hett i de Weg zu de Mei au im Dunkle gfunde. Viellicht denked etz manche, wie ka me au bi Nacht uf de Friedhof go. Do ka me alleweil na, drum heißt's jo »Fried«hof. I de Schtadt lauf i z'Nacht it gern elei umenand, aber ufem Friedhof! I ka nu sage, swar unglaublich schä, fascht wie en Zauberwald. Zigtaused Lichtle hond a de Gräber brennt und mir isch de Usdruck  »Lichtermeer« eigfalle. Ä ganzes Mer vu luter einzelne Kerzle, vu luter einzelne liebe Gedanke vu ebber, wo no läbt und mit Liebe a ebber denkt, wovor usgange isch. Mir isch zmol klar wore, dass die Gedanke i de Form vu däne Lichtle, vu däne Kerzle, echte diefe Liebe bedeited und kon so en Bledsinn, we meretz grad efter hört und liest. Wer us liebe Gedanke ä Lichtle ane Grab schtellt, der will nix meh, der isch frei vu alle Näbesächlichkeite, wo ä Liebe au trüeb mache kännted. Der will vielleicht au garnix sage, weil er it woß, waner sage sott. S onzig wa mer do brucht isch ä Sacktüechle, zum des salzige Bächle abbutze, wo om iber d Backe lauft. Die Lichter wo do brenned, hon i denkt, des ganze Lichtermeer, des isch echt, weil do nume g'loge wird, weil's jo kon Wert meh hett. Aber s isch mer no ebbes anders kumme, dass des Meer au ä Meer a Hoffnung bedeitet. S isch it nu Gedächtnis. Dehinder schtoht selle Urhoffnung vu de Menschheit, seit's Mensche giit, dass des it alles isch, dass do no ebbes kunnt, kumme sott, kumme mueß, weil unser Hirn zwar mont, etz isch Schluss, aber s Herz isch dodemit it z'friede, isch no nie demit z'friede gsi, solang's Mensche giit. Und denn isch mer ufs Mol wieder klar wore, dass mer jo i dere Nacht de Geburtstag vu dem Kind feiered, wo schpäter vume ewige Läbe verzellt hot und wo handfeschte Tips gäe hot, wie de Mensch mit em andere Mensch läbe kännt, wenn'er alle andere nu des duet, waner mecht, dass mer ihm au duet, und dass mer mol ufhöre soll mit z'ruckschlage, wemer one gschmiert kriegt. I hon denn a d'Mamme vu dem Kindle denkt und a die Mei, wovier Kind kriegt hot, und a alle die Müettere, wo hond schreie müeße, bis wieder so ä Kind do war, und a alle, wo im Kindbett hond elend schterbe möße. A alle, wo ihre Kind hond wieder hergäe müeße und au a selle, wo die Kraft it ufbrocht hond, dass se ihre Kind bhalted, und dass des Kind, wo hüt Nacht Geburtstag hot, dass des genau so elend umkumme isch wievill vill Mensche, mit Händ und Füeß a Balke gnaglet, weil de Mensch so erfinderisch isch, wenn'er andere Mensche quäle ka. I hon aber au denkt, dass Milliarde Mensche scho seit 2000 Johr dra glaubt hond und trotz aller Aufklärung all no glaubed, dass der i sinere Herrlichkeit alle um sich versammlet, die Mei und selle, wo Lichtle am Grab brenned und au selle ohne Lichtle, a die niemerd meh denkt. S'isch mer wieder mol kumme, wie klä und beschränkt mei Hirn isch und ufem Ruckweg isch mer's vorkumme, als ob der Schternhimmel sich mit dem Lichtermeer ufem Friedhof vermischt, als ob die Nacht de Schnufer aahebe dät. Und trotz mim engschtirnige Hirn isch mer's wiit wore im Gmüet, weil i z'mol begriffe hon, wa »Weih«-Nacht oder »heilige«-Nacht bedeitet. I bi glicklich homzues g'fahre und sogar iber mim Schtädtle Singe isch en diefe Friede gläge.

Von Walter Fröhlich

Autor:

Redaktion aus Singen

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