Wafrös alemannische Dialektik vom 29. November 2006

Woi no Danzmusig gmacht hon, do hot's en schäne Schlager gäe, wo gheiße hot: »Greif nicht nach den Sternen, die doch unerreichbar sind«, aber de Mensch haltet sich it dra, er greift all wieder mol de noch. Er glaubt, dass d'Seel vu seine verschtorbene Liebe zu de Stern fliegt und die Verliebte gucked alleweil no zum Obedstern, oder au zum Morgestern, wenn se it no so müed sind, dass se den verbassed. De Mensch will noch de Stern greife, er will iber sich naus wachse, und wenn's nu de Mercedes-Stern isch, nochdem sei Sehnsucht goht, weil er nu en VW fahrt und de Nochber ihn mit seim Stern fuchst. En Soldat miteme Stern am Ärmel war bi uns en Stabsgefreiter. Der war scho mindeschtens fimf Johr bim Kummis und hot's zu nix brocht. Mir junge Landser hond die Stabsgfreite verehrt, weil die so stur wared, die hond känne i schtrammer Haltung ane Wand gucke, bis ä Loch i dere Wand war. Hot en Underoffizier en Stern kriegt, no ischer Feldwebel wore und en Leutnat mit zwei Stern war en Hauptma. On mit gflochtene Axelklappe mit zwei Stern war en Oberscht, der war denn scho so hoch dobe i de militärische Hierarchie, dass unsereins als Schütze Arsch den scho garnumme gsäeh hot. Die Stern giit's etz jo wieder bi de Bundeswehr, bim Zoll und bi de Bolizei, und wenn de s Bundesverdienschtkreiz mit Stern und Schulterband kriegt hosch, no bruchsch'der wäge dinere Pension kone Sorge meh mache. Die Jagd nocheme Stern goht uf alle Fäll wiiter und die billigscht Methode, zume Stern kumme, isch all no die, dass se om de Ranze verhaued, bis mer Sternle sieht, nu hebed die selle it lang. Aber etz hot de Michelin-Führer grad wieder sin Stern verliehe, und wenn ä Hotel, ä Gaschthaus ä Klause, oder en so genannte Gourmettempel en Michelin-Stern verliehe kriegt, no bedeitet des, dass der Koch, wo i dem Lokal s Esse zubereitet, kon Koch isch, sondern en Picasso am Herd. Ime Sternelokal isst mer it, do speist mer au it, do goht der Mann und die Frau von Welt mit dem Gebotenen um, wie mit den Gestalten von Brot und Wein bi de Kommunion oder bim Abendmahl. On wo nu fresse will, dass'er satt isch, der goht it inen Gourmettempel wo en Stern hot. Etz giit's aber no Lokale, die hond zwei Stern oder gar drei. Aber insgesamt giit's i de ganze Bundesrepublik nu fimfefufzg Lokal, wo so en Stern hond und uf die fimfefufzg Feinschmeckerburge entfalled insgesamt sechzig Stern. Im Südweschte, also zwische Main und Bodesee, giit's fimf so Sternträger, also Lokal wo on Stern hond. Ein Lokal hot des johrs in Stern verlore. Des isch fir ä Wirtschaft und fir de Koch ugfähr so, wie wo die Bote zum Hiob kumme sind und hond ihm berichtet, sine Herde seied verreckt, sine Hirte hetted sedot gschlage und sei Frau und seine Söhn und Töchter hett de Blitz erschlage. En Michelin-Stern verliere bedeitet, mach dei Kuche am beschtezue, kauf'der ä Gulaschkanone und mach ä Volksküche off. Witt aber enzweite Stern kriege oder gar en dritte, no mosch dir scho ebbes anders eifalle lo als Schupfnudle mit Kraut. Wenn se vu Michelin ge schnuffle kummed, do brucht's denn scho als Amusegueule ä pochierte Filzlaus vu dem Supertar Madonne mit zwei glasierte Bruschthoor vum Kaiser Franz, ufeme Originalblatt vum Nibelungelied serviert. Aber wenn i ehrlich bin, no hett i lieber en Schwartemage mit Essig und Öl. I bruch kon Michelin-Stern, mir duet's au de Sterne ...

Von Walter Fröhlich

Autor:

Redaktion aus Singen

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