Wafrös alemannische Dialektik vom 25. Januar 2006
Am 6. März wäret's genau sechzg Johr gsi, dass i sell Lisbethle hon derfe zume Obedschpaziergang begleite. Weil's z Konschtanz/Petershause i dere Johreszi it halt no dunkel war, hon i weng gschwindlet und behauptet, i sei ziemlich nachtblind, ob i it weng eihänge dirft. I hon eihänge derfe und so noch de nüne, wo's gege zehne zuegange isch, hon i se iber d Rheibruck hom brocht, i d Konradigass Nummer vier. S goht ä Treppele ufe und i dem Gängle wird me it nass, wenn's ränglet, und me ka au weng zämmeschtoh und schwätze, ohne dass om d Lüt säned. Nadierlich hon i den Abschied no weng usezögeret und zum Schluss hon i denkt, i känntere no en Kuss gäe. Domols war en Kuss no ä gewaltige Sach, aber als us de Gfangeschaft homkehrte Frontsoldat war i jo Schturmangriff gwähnt, nu wo i i d Nähe vu ihrem Göschle kumme bi, hot se de Kopf wägdräht und min Angriff isch is Leere gange. Seither hond mir zwä, die Mei und ich, den 6.3. gfeieret als unsern Tag. I honere zur Bueß am Tag druf ä bemolte Holzkischte gschenkt und hon selber no druf gmolet »6.3.46« und i dem Kischtle wared schpäter d Bauklötzle vu unsere vier Kinder. Etz isch se gange fir immer. Mer hond scho dreimol demit grechnet, mine Kinder und i, und jedesmol isch se uns nomol fir ä Weile gschenkt wore. S isch aber all minder wore und noch däne zwei Schtürz im Hus isch nomol ä wüeschte Lungeentzündung dezue kumme. Mer hond se nume furt gäe, des homere fescht verschproche. Sie hot derfe dohom schterbe und mir wared bis zum letschte Schnufer um se rum. Denn hot se no derfe drei Tag dohomb liibe, bis mer se endgiltig furtgäe hond. Wemer etz beschreibe wett, wie des isch, wenn de Ehepartner noch sechzg Johr fir immer goht, no ka i do nu sage, dass it min Partner gange isch, sondern d Hälfte vu mir. Wahrscheinle »die bessere Hälfte!« Alle, wo scho mol en liebe Mensch verlore hond, die wissed, wa i mon. Mer keit it ine Loch, mer keit alleweil zue, mer keit is Bodelose. Mer sitzt oder schtoht im Zimmerle, wo des bloogete Häufele Mensch liegt und blass und schtarr und so endgiltig ko Antwort meh giit. Sie isch no do, aber doch weit furt. Zwar woss mer, dass etz d Schmerze vorbei sind, aber dass se nix meh sagt, wemmere ganz lieb rueft, des bringt om schier um. S kunnt denn weng Arbet uf om zue, aber s Beschtattungsinschtitut Homburger nimmt om fascht alles ab. So ä Inschtitut isch en echte Säge und wie en Bom, a dem mer sich hebe ka. S Grab hon i mit mine Kinder kauft. Miteme Platz fir mi, näbe de Mei, wenn's mol so weit isch. Etz woss i wenigschtens, wo i mol bliibe derf, und die Mei mueß it emol rucke, s isch Platz fir uns beide. Denn isch d Beerdigung kumme. Dovor hon i Angscht ghet, aber min Freund, de Konrad, also de pensioniert Krankehuspfarrer Diesch, hot se jo johrzehntelang kännt und war so lieb und hot sich alle die verbale Platzpatrone gschpart, wo mi suscht bi Beerdigunge so ufreged. Er hot buechschtäblich sei Herz uf de Sarg glegt und de große Organischt Konrad Philipp Schuba, wo mitere befreundet war, scho bevor er 1952 unsere Hochzeit im Konstanzer Münschter g'orglet hot, er hotere ihre Lieblingsmelodie vum J. S. Bach gschpillt, nei ihre nahghaucht, dass fir Augeblick mei ganze Traurigkeit zunere innere Freid wore isch. Und denn di eMensche, wonere s letscht Geleit gäe hond. I hettere all gern gseit, etz lueg emol, wie se dich möge hond, alle die Mensche us dere Landschaft, wo mir dohom se derfed! Dohom isch denn Poscht kumme. Hunderte vu Briefle und Kärtle, wo »de Mei« ade hond sage welle und mine Kinder und mich tröschte. Schtundelang hockesch und briekesch und machsch Umschläg off und liesesch und wosch nume, briekesch us Weh oder us Freid, weil vill »die Mei« ussem WOCHENBLATT känned, und Doris Epple rueft a und sagt, dass vill gschpendet hond, und dass etzgrad i onere Nacht 57 Obdachlose verfrore sind. Und fascht alle, wo gschriebe hond, die glaubed ane Auferschtehung ine bessere Welt, ohne Leid, wo mir Himmel dezue saged. Nadierlich duet's no weh, aber die riesige Welle a Anteilnahme, mer derf ruhig Liebe dezue sage, des macht om glicklich, weil des genau des isch, wa de Dietrich Bonhoeffer gmont hot, »von guten Mächten wunderbar geborgen ...«.
Von Walter Fröhlich
Autor:Redaktion aus Singen |
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