Wafrös alemannische Dialektik vom 24. Februar 2010

Eigentlich bin i en Schportmuffel. Des war scho de gross Kummer vu mim Vadder. Der war nämlich en aktive Fueßballer und hots kaum känne verwinde, dass sin Bue, sin einzige Bue, lieber gläse hot anschtatt er Schport triebe hett. I woss au it, wie des mit mir kumme isch, dass'es so kumme isch, wie's kumme isch, uf alle Fäll isches so kumme und s isch so bliebe bis heit oder hüt. Und weil mi de Schport it intressiert, fux i mi all wieder mol iber die Schportsiite i de Zeitung, wo uf alemannisch Ziitig hosst. Debei sind die Schportsiite fir die meischte Leser vunere Ziitig s Wichtigscht, nu fir mi sind se uwichtig, aber mer ka schliesslich uf so Sonderling wie m i it au no Rücksicht näeh. I mach aber us minere Unschportlichkeit ko Religion und manchmol lies i de ei oder de ander Artikel uf däne Schportsiite, wenn mi so ä schportlichs Großereignis intressiert. Ä Länderschpiel im Fueßball, oder ä Autorenne, oder en Tennismatsch, wenn's drum goht, dass Deutschland gege ä anders Land schpille moß.
Denn erwacht i mir so ebbes wie Nazionalschtolz, au wenn i alles andre bi, als en Nazi. Ä wengele Schtolz uf sei Land wird mer au no ho derfe, aber viellicht isch des Wort Schtolz it so s richtig, nu hon i im Augebllick ko anders und etz grad, bi däne olimpische Winterschpiel kunnts gelegentlich mol vor, dass i's halt scho gern hett, wenn zum Beischpiel unsere Schiiflieger weng wiiter fliege däted, wie die andere. I hon nadierlich ko Ahnung wie die Athlete heißed, i bruch au ko Ahnung hon, weil i die Näme us de Ziitig erfahr und a de Bilder au no säne ka, wie die Kanone ussäned. So hon i au erfahre, dass mir ä Eis-Schnellläufere hond, wo Jenny Wolf heißt. Die hot fir uns ä Silbermedallie gwunne und des hot me richtig saumäßig gfreit. Etz hon i mi grad dra verdwischt, dass i gschriebe hon, »mir hond« und au no »fir uns!«
Mir und uns, des sind die Wörter, wo de Nazionalschtolz uselueget. Aber so isch mer halt i minere Generazion, wemmer sei Land weng mag und froh isch, wemmer do läbe derf, wo mer läbt, wo mer sogar gebore isch und eines Tages under de Bode kunnt. Etz hon i gläse, dass die Jenny iberhaupt ko Freid a dere Medallie hot und dass de Träner gset hot, »Scheiße« des sei so bitter. Sie hot demit grechnet, dass sie die Goldene gwinnt und it die Silberne! Sie sei unglaublich enttäuscht gsi, die Jenny, isch i de Ziitig gschtande und s het nu no gfählt, dass bundesweit d Fahne uf Halbmascht gsetzt wore wäred, weil des in Schportlerkreisen ä nazionales Unglick isch. Die Goldene hot nämlich ä Japanerin gwunne, wo »fimf Hundertschtel Sekunde« schneller war. Des moss mer sich mol vorschtelle, fimf Hundertschtel Sekunde am Gold vorbei!
Woni des gläse ghet hon, do hett i beinah en Zorn griegt. It weil »mir« s Gold verpasst hond und »nu« Silber gwunne hond, nei weil die ganz Kirbe mit Schport nix meh ztued hot und mit de »Jugend der Welt« scho glei garit. Des hot doch mit Schpiel nix meh ztued, wenn en Träner Scheiße set, wäge fimf Hundertschtel Sekunde! Do wird us olimpische Schpiel ä Todernschte Sach, do isch aller Schportgeischt bim Deifel, do gohts nu no um Leischtung, Hochleischtung, Hökschtleischtung, um Bruchteil vu Sekunde, des isch nume schpielerisch, do gohts um de Verluscht vum Selbstbewusstsein, do gohts um alles oder nix. Des und it die Silbermedallie, des find i Scheiße!

Von Walter Fröhlich

Autor:

Redaktion aus Singen

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