Hallo und guten Tag
Mit Reinhard Mey zur Erkenntnis

Liebe WOCHENBLATT - Leserinnen und - Leser, es ist Wahlkampfzeit und die Wahlprospekte mit all den schönen Versprechungen (von denen nach meiner Nase die wenigsten eingehalten werden) füllen wieder die Briefkästen der Zweibeiner. Beim Studium dieser Ergüsse habe ich mich an ein Lied von Reinhard Mey erinnert. Meine Sangeskunst ist nicht sonderlich, doch der Textst aktueller denn je  und ich kann und will Ihnen diesen nicht vorenthalten. »Sei wachsam« Ein Wahlplakat zerrissen auf dem nassen Rasen,/ sie grinsen mich an die alten aufgeweichten Phrasen, / die Gesichter von auf jugendlich gemachten Greisen, /die mir das Mittelalter als Fortschritt anpreisen und ich denk mir Schritt zu dem verheißnen Glück, / ist ein Schritt nach ewig gestern, ist ein Schritt zurück. Wie sie das Volk zu Besonnenheit und Opfern ermahnen, / sie nennen es das Volk, aber sie meinen Untertanen. All das Leimen, das Schleimen ist nicht länger zu ertragen, / wenn Du lernst zu übersetzen was sie wirklich sagen, / der Minister nimmt flüsternd den Bischofbeim Arm, / Halt Du sie dumm, ich halt sie arm. Refrain: Sei wachsam, präg Dir die Worte ein, /sei wachsam und fall nicht auf sie rein,/ pass auf, dass Du Deine Freiheit nutzt, die Freiheit nutzt sich ab, wenn Du sie nicht nutzt, / sei wachsam, merk Dir die Gesichter gut, / sei wachsam, bewahr Dir Deinen Mut, / sei wachsam und sei auf der Hut. Du machst das Fernsehen an, sie jammern nach guten, alten Werten, / ihre guten alten Werte sind fast immer die verkehrten. Und die, die da so vorlaut in der Talkrunde strampeln, sind es, / die auf alle Werte mit den Füßen rumtrampeln,/ der Medienmogul und der Zeitungszar, / die schlimmsten Böcke, na wunderbar. Sie rufen nach dem Kruzifix, nach Brauchtum und guten alten Sitten, / doch ihre Botschaft ist nichts als Arsch und Titten, / Verrohung, Verdummung, Gewalt sind die Gebote, / ihre Götter sind Auflage und Einschaltquote. Sie biegen die Wahrheit und verdrehen das Recht soviel gute alte Werte, / echt, / da wird mir echt schlecht. Es ist ne Riesenkonjunktur für Rattenfänger, / für Trittbrettfahrer und Schmiergeldempfänger, / ne Zeit für Selbstbediener und Geschäftemacher, / Scheinheiligkeit, Geheuchel und Postengeschacher. Und die sind alle hoch geachtet und sehr anerkannt Und nach den Schlimmsten werden Straßen und Flugplätze benannt. Man packt den Hühnerdieb, den Waffenschieber lässt man laufen, / kein Pfeifchen Gras, aber ne Giftfabrik kannst Du kaufen, / verseucht die Luft, verstrahlt das Land, macht ungestraft den größten Schaden, / nur lass Dich nicht erwischen bei Sitzblockaden. Man packt den Grünfreak, doch das Umweltschwein genießt Vertrauen Und die Polizei muss immer auf die Falschen draufhauen. Refrain Wir haben ein Grundgesetz, das soll den Rechtsstaat garantieren, / was hilft's, wenn sie nach Lust und Laune daran manipulieren, / die Scharfmacher, die immer von der Friedensmission quasseln und unterm Tisch schon emsig mit den Säbeln rasseln. / Der alte Glanz in ihren Augen beim großen Zapfenstreich,/ Abteilung kehrt, im Gleichschritt Marsch, ein Lied und heim ins Reich. Nie wieder soll von diesem Land Gewalt ausgehen, / wir müssen Flagge zeigen und dürfen nicht beiseite stehen. Rein humanitär natürlich und ganz ohne Blutvergießen, / Kampfeinsätze sind jetzt nicht mehr auszuschließen,/ sie ziehen uns immer tiefer rein, Stück für Stück und seit heute fünf Uhr früh schießen wir wieder zurück. Refrain Ich habe Sehnsucht nach Leuten, die mich nicht belügen, / die mir nicht mit jeder Festrede die Hucke voll lügen und verschon mich mit den falschen Ehrlichen, / die falschen Ehrlichen sind immer die Gefährlichen. Ich habe Sehnsucht nach einem Stück Wahrhaftigkeit,/ nach ein bisschen Rückgrat in dieser verkrümmten Zeit. Doch sag' die Wahrheit und Du hast bald nichts mehr zu lachen, Sie werden Dich ruinieren, exekutieren und mundtot machen, erpressen, bestechen, versuchen Dich zu kaufen,/ wenn Du die Wahrheit sagst, lass draußen den Motor laufen. / Dann sage sie laut und schnell, denn das Sprichwort lehrt,/ wer die Wahrheit sagt, braucht ein verdammt schnelles Pferd. Refrain Dieses Lied hat Reinhard Mey (den ich sehr schätze) bereits 1996 geschrieben. Er bewies damit nicht nur seine Qualitäten als Liedermacher sondern auch als Hellseher. Den Zweibeinern kann ich ganz im Sinne von Reinhard Mey nur wärmstens empfehlen »Seid wachsam«.

In diesem Sinne bis zum nächsten Mal, Ihr bunter Hund.

Autor:

Redaktion aus Singen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

2 folgen diesem Profil

Kommentare

Kommentare sind deaktiviert.
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.