Liebe Leserinnen und Leser,

wenn man auf Google die Frage stellt: »Woran erkennt man, wer die Macht hat?« dann kommen spannende Ergebnisse raus: Es werden Seiten angezeigt, woran man Covid 19 erkennt und ganz oben eine Seite mit dem vielversprechenden Titel: »wenn er diese 7 Dinge tut, ist er der Falsche« und »8 Warnsignale, woran ihr erkennt, dass euer Partner euch manipuliert.«

Ja, wir haben in diesem Land ein sonderbares Verhältnis zum Thema Macht, so lange Jahre Wohlstand haben uns offensichtlich etwas blind und bequem werden lassen. Macht bezeichnet laut Wikipedia die Fähigkeit einer Person oder einer Gruppe, auf das Denken und Verhalten anderer so einzuwirken, dass diese sich ihren Ansichten oder Wünschen unterordnen und sich entsprechend verhalten. Und manche sagen, Macht und Verantwortung sind ein unzertrennbares Paar, weil es sonst übel wird.

Wir werden uns jetzt nicht daran versuchen, die Frage woran erkennt man, wer die Macht hat, allgemeingültig zu beantworten. Aber wir haben ein paar Beispiele, an denen man erkennt, wer gerade die Macht hat und wie komplex das Thema gleichzeitig ist:

Zwischen 3,2 Prozent und 4,5 Prozent steigen die Einkommen im öffentlichen Dienst, in der Pflege bekommen die Beschäftigten 8,7 Prozent mehr. Vorab: Wir haben an dieser Stelle geschrieben, dass es bei Applaus auf den Balkonen für die Pflegekräfte nicht bleiben kann, Gehaltsanpassungen tun dort dringend not. Dabei bleiben wir. Gleichzeitig allerdings wissen nun die Krankenhäuser nicht mehr, wie sie es hinbekommen sollen, noch ordentlich zu wirtschaften, wie unser Chefredakteur Oliver Fiedler letzte Woche in seinem Kommentar »In der Klemme« geschrieben hat, weil die Krankenkassen damit noch lange nicht mehr bezahlen wollen für die abgerechneten Leistungen. Also? Die Zeit beim Patienten einsparen?, der damit, soviel ist schon einmal klar, am wenigsten Macht haben würde in diesem Schwarzen-Peter-Spiel.
Auch für alle anderen Angestellten im öffentlichen Dienst gibt es jetzt mehr Geld, in einer Zeit, in der die freie Wirtschaft ihre Leute in Kurzarbeit schicken muss, ganze Branchen aufgrund der Coronakrise zwar auch kämpfen, aber ihren ebenfalls kämpfenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eben nicht mehr bezahlen können. Ist das das richtige Zeichen? Ja das Zeichen für: Wir haben die Macht, weil wir das können, mehr Geld bezahlen. Auch wenn noch gar nicht klar ist, womit diese Tariferhöhung überhaupt bezahlt werden soll.

Definitiv Macht haben auch Amazon und Google: Amazon ist jetzt Partner des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels, Google hat es geschafft, dass Wirtschaftsminister Peter Altmeier in einer Google-PR-Broschüre (gedruckt!) ein Interview zur Zukunft des Handels gibt. Das ist Machtdemonstration in seiner klarsten Form: »Wir zahlen hier zwar wenig bis keine Steuern, aber ihr müsst Euch bei uns anbiedern, weil ihr vor uns Angst habt und wir Euch in der Hand haben.« Das ist natürlich kein Zitat aus den Häusern Google oder Amazon, sondern so von uns in den Mund gelegt.

Verantwortung in diesen Zeiten hieße, wirklich anzuschauen, was da passiert und offen zu sprechen, über die Zukunft. Wir glauben, dass wir uns sonst in ein paar Jahren sehr wundern werden.

In diesem Zusammenhang freuen wir uns sehr über den Austausch mit dem Bundestagsabgeordneten Andreas Jung und bedanken uns, dass er uns in diesen auch für ihn mehr als heftigen Zeiten Zeit gönnt, etwas tiefer zu gehen im Interview ab Seite 20.

Bleiben Sie sich, anderen und uns gewogen und lassen Sie uns die beste Zukunft suchen und finden, die wir haben können und dafür mit (bitte respektvollen) Worten kämpfen.

Carmen Frese-Kroll, Verlegerin
Anatol Hennig, Verlagsleiter
Oliver Fiedler, Chefredakteur

Autor:

Redaktion aus Singen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

2 folgen diesem Profil

Kommentare

Kommentare sind deaktiviert.
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.