Liebe Leserinnen und Leser,
wir stehen kurz vor dem nächsten Lockdown, oder besser ausgedrückt: vor der nächsten Verschärfung des Lockdowns, der mit einer Unterbrechung im Sommer, mittlerweile jetzt ins zweite Jahr geht.
Und wir haben da so ein mulmiges Gefühl. Das Gefühl nämlich, dass sich manche ganz nett in der Krise eingerichtet haben: Sie machen auf, sie machen zu und verkünden neue Regeln und wenn lange genug gebettelt wird, gibt es vielleicht auch Hilfen für einen Teil. Diejenigen, die sich da ganz nett mit der Krise eingerichtet haben, sind die, die dabei keinen Schaden erleiden. Die Ungerechtigkeiten, den unglaublichen Eingriff, den diese Regeln insbesondere in die Wettbewerbs-Fairness bedeuten, sie werden ignoriert. Staatsverordnete Unternehmenspleiten und Umstrukturierungen werden die Folge sein. Vorausschauendes Arbeiten an einem Ausstieg aus dem Dauerlockdown, lernen, selbstkritisches Tun: Fehlanzeige. Auf und zu, immerzu, seit Sommer 2020. Und die Kanzlerin, die am Anfang der Krise im Frühjahr 2020 aus unserer Sicht genau richtig gehandelt hat, glaubt offensichtlich, dass sie noch Teil der Lösung ist, vielleicht aber ist sie bereits längere Zeit vor allem Teil des Problems.
Alle die, die Kinder im schulfähigen Alter haben, die in Kurzarbeit sind, die in Unternehmen, die vom Lockdown betroffen sind, Verantwortung haben, die in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen arbeiten, die als Soloselbständige mittlerweile ihr Vermögen für die Krise aufgebraucht haben, all die Menschen sind, so zumindest bekommen wir es gesagt: müde, überdrüssig, hoffnungs- und perspektivenlos und machen dennoch immer noch vieles mit, was da von oben kommt.
Spürbar ist die Krise vor Ort, in Singen, Radolfzell, Stockach, im gesamten Hegau. Gemanagt wird die Krise in Berlin, ein bisschen von den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder und Brüssel. Die Ergebnisse sind teils haarsträubend: Alle Landkreise bekommen ungeachtet der Einwohnerzahlen die gleiche Menge an Impfstoff. Die Folge: Die Menschen aus dem bevölkerungsreichen Landkreis Konstanz müssen nach Stuttgart, Ulm oder Freiburg zum impfen. Damit konterkariert die Politik ihre eigene Regel, die da heißt: Bleibt möglichst zuhause. Und auch wenn es klar ist, dass da etwas schiefläuft, wird es einfach nicht korrigiert.
Und da die, die vor Ort die Folgen dieses Missmanagements erleben müssen, nicht mehr einverstanden sind, schreiben sie Briefe; Brandbriefe, wie sie auch genannt werden. Es ist ein regelrechter Wettbewerb im Brandbriefe schreiben losgetreten worden. Stadtmarketing, Handelsorganisationen, Unternehmen, Oberbürgermeister und Bürgermeister, einzelne Händler, Unternehmer, Künstler: Sie alle schreiben Brandbriefe, auch wir haben das schon in eigener Sache getan.
Ergebnis dieser Briefe: Nichts. Es gibt nicht einmal den Versuch, dass sich die Krisenmanager in der EU, in Bund und Land hineinversetzen in die, die die Folgen des Managements tragen müssen.
Wie beim legendären Buchbinder Wanninger von Karl Valentin wird man weiterverbunden bis zum Herzinfarkt oder bis man aus Selbstfürsorge hoffentlich einfach aufgibt.
Es macht einfach keinen Sinn mehr, nach Stuttgart oder nach Berlin zu schauen oder zu schreiben, glauben wir mittlerweile. Dort ist die Lage entglitten, so entglitten, so dass man aus reinem Trotz nur noch am „Auf und Zu“ festhält und alles andere abblockt.
Will sagen: Wir müssen hier in der Region verstärkt das Heft selbst in die Hand nehmen. Eigenverantwortung heißt das magische Wort. Und Stadtoberhäupter wie Boris Palmer in Tübingen machen es vor, wie es gehen kann, in Eigenverantwortung zu gehen. In Freiburg tut sich etwas, wie wir letzte Woche berichtet haben, Klar heißt das auch, Risiken auf sich zu nehmen. Aber: Ohne Risiken können wir nicht leben, wenn wir wieder Zuversicht haben wollen.
Wir werden für diese Zuversicht Platz auf der Titelseite zur Verfügung stellen in den kommenden Wochen und Monaten, dort, wo derzeit die Onlineshops beworben werden und wo eigentlich gar kein Werbeplatz ist: seitedrei@wochenblatt.net.
Wichtig ist uns an dieser Stelle: Es gibt Covid 19 und Covid 19 ist weder ein Schnupfen noch eine Grippe, sondern ernst zu nehmen. Die Zukunft in dieser Region ist allerdings auch ernst zu nehmen.
Lassen Sie uns schlau aktiv werden hier in der vielleicht schönsten und vielfältigsten Region Europas.
Carmen Frese-Kroll, Verlegerin
Anatol Hennig, Herausgeber
Oliver Fiedler, Chefredakteur
Autor:Redaktion aus Singen |
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