Liebe Leserinnen und Leser,
ein Jahr geht, ein Jahr kommt. Wie jedes Jahr? Nein. Dieses Jahr war ein besonderes Jahr. Ein Jahr, das die Erwartungen der meisten von uns nicht erfüllt hat. Ein Jahr, in dem unser Miteinander auf eine Probe gestellt worden ist. Ein Jahr, in dem viele von uns improvisieren mussten, manche kämpfen mussten, um das, was sie und vielleicht ihre Eltern und Großeltern aufgebaut haben. Ein Jahr, in dem manche das Gefühl bekamen, mit dem, was sie können, nicht gebraucht zu werden. Ein Jahr, in dem manche um das Wohlergehen anderer noch weitaus mehr gekämpft haben als ohnehin schon.
Und jetzt ist es, mehr noch als in anderen Jahren, aus unserer Sicht Zeit, innezuhalten und in sich hineinzuhören und dann den Blick auf die Familie, auf die Gesellschaft, auf die Wirtschaft zu richten und sich selbst die Frage zu stellen: Was will ich mitnehmen ins neue Jahr? Was vielleicht auch von dem, was dieses Jahr zwangsläufig ins Leben kam. Und wie geht es wirklich, das mitzunehmen, auch dann, wenn die Geschwindigkeit wieder höher wird, alles wieder »rund« läuft?
Und was will ich keinesfalls mehr so erleben? Wo habe ich das Gefühl, dass ich etwas endlich klären müsste, ich mich bewegen müsste, etwas ändern müsste, weil ich so nicht so gut damit leben kann oder weil ich merke, dass ich irgendwie den Anschluss verloren habe.
Diese Pandemie war zum Beispiel ein Digitalisierungsbeschleuniger, hat aber vielen von uns gleichzeitig gezeigt, wie wichtig der Kontakt zwischen den Menschen in Welt eins ist. Diese Pandemie hat gezeigt, wie wichtig Menschen sind, die sich um andere Menschen kümmern wollen und sie hat gezeigt, dass die Gesellschaft aber nicht wirklich bereit ist, das angemessen zu honorieren. Diese Pandemie hat gezeigt, dass eine Wissenschaft alleine keine hinreichenden Antworten auf unsere Fragen hat, sondern, dass wir besser kooperieren lernen müssten, die anderen aus den anderen Fachgebieten einbeziehen müssten, um nicht nur die Sicht des Virologen zu haben, sondern vielleicht auch die Sicht des Psychologen, des Philosophen etc..
Und aus diesem Kooperationsgedanken ergibt sich vielleicht ja die Chance für viele, die merken, dass sie etwas ändern müssten, sich bewegen müssten: Die Chance, die richtigen Fragen an unsere Mitmenschen zu stellen. So beginnt fruchtbare Zusammenarbeit. Die richtigen Fragen stellen und mit den Antworten zu leben, auch wenn diese Antworten uns erst einmal richtig bewegen, vielleicht sogar tief drinnen. Das kostet ohne jeden Zweifel Mut.
Aber ist diese Bewegung so tief drinnen nicht der Anfang jeder Veränderung? Was uns dieses Jahr bewegt hat lesen Sie diese Woche in der ganzen Zeitung. Und ja, diese Silvesterausgabe ist etwas persönlicher geraten als viele vorher, weil uns das Jahr bewegt hat. Dabei haben Sie, liebe Leserinnen und Leser, eine wesentliche Rolle gespielt.
Wir wünschen Ihnen von ganzem Herzen einen schönen Jahreswechsel und vielleicht die Ruhe, bewusst von 2020 auf 2021 zu wechseln. Dann könnte 2021 für viele von Ihnen und von uns ein sehr gutes Jahr werden.
Glückauf!
Carmen Frese-Kroll, Verlegerin
Anatol Hennig, Herausgeber
Oliver Fiedler, Chefredakteur
Autor:Redaktion aus Singen |
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