Hallo und guten Tag
Der stille Protest türkischer Textilarbeiter

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Meine Chefin und Marlene trafen sich zum Adventskaffee. »Na, hast Du Deine Geschenke schon eingekauft?«, wollte meine Leibköchin wissen. »Normalerweise kaufe ich immer frühzeitig Geschenke ein; dieses Jahr Fehlanzeige. Mir geht ein Bericht über die Bezahlung von türkischen Textilarbeitern nicht mehr aus dem Kopf. Die haben aus lauter Verzweiflung Protest-Etiketten in die Kleidungsstücke geschmuggelt. Darauf stand z. B. »Ich habe dieses Kleidungsstück, das Sie kaufen, hergestellt, wurde aber nicht dafür bezahlt«. Die Kunden von ZARA in Istanbul waren die Adressaten der »Spezial-Etiketten«. In den NachDenkSeiten fand ich einen Artikel mit dem Titel: ZARA – Der heimliche Klassenkampf im Jackenfutter. Der Autor des Artikels ist Jens Berger; er berichtete unter anderem wie die 140 betroffenen Mitarbeiter in die Notsituation gerieten. Sie arbeiteten bei Bravo Tekstil. Bravo wirkte als Vermittlungsagentur von Teilzeitarbeiterinnen – und -arbeitern an die Weltmarken ZARA, Mango und Next, doch ihre Geschäftsführer machten sich Mitte 2016 mit unbekanntem Aufenthalt davon und prellten die Näherinnen und Näher von ZARA-Klamotten um mehrere Monatsgehälter. Nach dem Bericht von Jens Berger fiel die Verantwortung damit der spanischen Modemarke zu«, so Marlene. »Jetzt erinnere ich mich«, hörte ich die allerbeste Ehefrau. »Der spanische Konzern hatte doch ganz großartig verkündet, dass er gegenüber Bravo Tekstil alle Verpflichtungen erfüllt hätte. Nur dem Druck des internationalen Gewerkschafts-Dachverbandes war es zu verdanken, dass ZARA, Mango und Next sich dazu herabließen für die betrogenen Textilarbeiterinnen und –arbeiter wenigstens einen Härtefonds einzurichten. Allerdings erst nach mehr als einem Jahr. Es ist eigentlich unglaublich; der Eigentümer von ZARA ist der reichste Mann Europas; sein Privatvermögen beträgt unglaubliche 72,7 Milliarden Euro. Stimmen die Angaben seiner Biografin, dann stammt Amancio Ortega aus einer Eisenbahnerfamilie und wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Dann kam sein Aufstieg ganz nach der Devise »Vom Tellerwäscher zum Milliardär«. Dabei hat Herr Ortega wohl völlig vergessen was es heißt in Armut zu leben. Wie sonst ist zu erklären, dass der »feine Herr« seinen türkischen Mitarbeitern Höchstlöhne von sage und schreibe 380 Euro€ monatlich zahlt. Sklavenarbeit in Brasilien, Billigstlöhne in Bangladesch, Freisetzung gefährlicher Chemikalien in der Produktion, millionenschwere Geldstrafe in Brasilien, Justizbehinderung, usw., für all das und vieles mehr steht ZARA. Das ist ein Skandal«, meinte meine Chefin. Aus meiner unmaßgeblichen Sicht auf vier Pfoten reagieren die Eigentümer dieser Firmen erst, wenn die Umsatzzahlen nicht mehr stimmen. Das aber haben die konsumierenden Zweibeiner in der Hand. In diesem Sinn bis zum nächsten Mal, Ihr bunter Hund.

Autor:

Redaktion aus Singen

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