Hallo und guten Tag
China, die Spiele und unsere Gefühle

HabenSie der Eröffnungsfeier der olympischen Spiele in Peking auch im Fernsehen verfolgt, liebe WOCHENBLATT-Leserinnen und -Leser? Das war schon beeindruckend was das Land der Mitte da auf die Beine gestellt hat. Allein die Anzahl der Mitwirkenden war gigantisch. 20 000 Menschen boten ein Programm der Superlative. China war eine Hochkultur als Europa noch - na ich drücke es mal vorsichtig aus - noch vo rsich hindämmerte. Ich bin zwar nur ein Vierbeiner, doch mein Instinkt sagt mir, daß die Gastgeber dem Rest der Welt zeigen wollten was Sache ist. Mein Kumpel Struppi sah das auch so. Doch ausgerechnet mit Konfuzius begann das Spektakel und das fand ich dann schon ein wenig pikant. Na ja, stimmen meine Informationen über diesen chinesischen Philosophen, dann passt das irgendwie nicht ganz zusammen. Dieser gescheite Mann lebte ungefähr von 551 v. Chr. bis 479 v. Chr. Hauptthema seiner Lehren war die soziale Ordnung, die nach seiner Meinung durch Achtung vor anderen Menschen und Ahnenverehrung erreichbar sei. Sein Ideal war ein moralisch einwandfreier Mensch. Erstrebenswert waren aus seiner Sicht Harmonie und Mitte, Gleichmut und Gleichgewicht. Konfuzius war davon überzeugt, daß dieser Weg nur mit Bildung (und zwar für alle gleichermaßen) erreichbar sei. Ein Mann, der der sozialen Ordnung und der Achtung vor anderen Menschen das Wort redet, wurde sozusagen als Punkt 1 in das Programm gequetscht. Da hätte ich dann schon noch ein paar Fragen: Ist die soziale Ordnung in China gewährleistet? Weshalb gibt es dann so viele bettelarme Menschen, die unter miserabelsten Bedingungen arbeiten müssen? Aus welchem Vermögen haben sich die plötzlich vorhandenen Millionäre bedient? Wie ist das mit der Achtung vor dem anderen Menschen? Darf man da mal an Tibet erinnern? Oder an den Platz des himmlischen Friedens? Oder an den Umgang mit Andersdenkenden oder Minderheiten? Oder an die Pressefreiheit? A propos Pressefreiheit, da fällt mir gerade noch was ein. Wochen vor den Spielen haben Journalisten in aller Welt die Sportler immer wieder gefragt wie sie sich zu dem chinesischen Regime stellen. Erinnern Sie sich noch daran, liebe WOCHENBLATT- Leserinnen und - Leser? Wird die Sportlerin oder der Sportler die Spiele wegen des Vorgehens der Chinesen in Tibet boykottieren? Oder wie wird sie oder er den Protest zeigen? So und ähnlich lauten die Fragen von Rundfunk- und Fernsehjournalisten und von der schreibenden Zunft. Doch ungeachtet der Vorgänge in Tibet, trotz der Menschenrechtsverletzungen im Reich der Mitte reisten Berichterstatter aus der ganzen Welt nach Peking. Dann wurden die Internet - Zugänge kontrolliert und zensiert. Auf dem Platz des himmlischen Friedens durften keine Interviews mehr gemacht werden und so weiter. Was geschah dann? Ein paar zaghafte Proteste und weiter nichts. Von den Sportlern hatten die Journalisten Protest und Boykott erwartet und was taten die Damen und Herren selbst? Hätten die Herrschaften nicht auch protestieren können? Keine Berichterstattung oder wäre das kein passendes Mittel gewesen? Hängen da vielleicht zu viele Wirtschaftsinteressen in unseren Gefilden dran? Na ja, ich stelle mir grademal so ein paar ganz spezielle Zeitungen und Magazine ohne Olympia-Berichterstattung vor. Also, da es mal wieder nur um die Kohle geht, vergisst man Menschenrechtsverletzungen, Zensur und Ähnliches. Man kehrt das alles unter den Teppich und berichtet über eine von Größenwahn geprägte Eröffnungsschau. Gab es so etwas schon einmal? Der scheidende amerikanische Präsident kriegte sich dann noch mit Chinas Spitzenmann wegender Menschenrechte in die Wolle. Hätte George W. Bush im Blick auf Guantanamo und unsaubere Gerichtsverfahren nicht lieber seinen Schnabel halten sollen? Mit meiner Regierung geht es für zwei Wochen in den Urlaub. Wenn Sie mögen, komme ich am 3. September gerne wieder zu Ihnen,

Ihr bunter Hund

Autor:

Redaktion aus Singen

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