Der Bunte Hund bellt seit nunmehr 814 Ausgaben
Kein Leben an der kurzen Leine

Foto: Wie der Bunte Hund gegenüber der WOCHENBLATT-Redaktion erklärte, gehörte die Kolumne vom 11. September 2013 - damals ging es um die Wahlkampfdemo der NPD in Singen und die, aus seiner Sicht, Nichtreaktionen der Stadtoberhäupter - zu seinen liebsten. Aus d
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Im Jubiläumsjahr des WOCHENBLATTES ist fast Alles möglich. Das umfasst auch unsere Serie »Spurensuche«: Denn im Jubeljahr der Wochenzeitung für die Region kommt es zu einer Premiere. Zum ersten Mal in seiner 16-jährigen Geschichte stellt sich der Bunte Hund zum Interview. Dabei spricht der »Vierbeiner ohne Verstand«, wie sich der Bunte Hund gerne selbst bezeichnet, über die vergangenen 814 Ausgaben seiner wöchentlich erscheinenden Kolumne, bellt über sein Lieblingsthema und über die Anfänge der tierisch-guten Zusammenarbeit mit dem WOCHENBLATT.

WOCHENBLATT: Was waren Deine ersten Gedanken, als Peter Peschka mit der Idee des Bunten Hundes auf Dich zukam?
Bunter Hund: (bellt) »Jetzt ist Pepe durchgeknallt. Ich habe aber sehr schnell die große Chance, die hinter der Kolumne steckt, erkannt: Durch die geschützte, nicht manipulierte Kommunikation unter uns Vierbeinern konnten Themen so aufbereitet werden, dass sie auch breite Schichten der Leserschaft verstehen – wenn sie denn wollen.

WOCHENBLATT: An welche Kolumne erinnerst Du Dich besonders gern? Wo war die Resonanz besonders positiv?
Bunter Hund: (wedelt mit seinem Schwänzchen) »Es gab besonders viele positive Resonanzen, in Form von Leserbriefen und vielen Fotos, die uns von Fans geschickt wurden, aus denen Empathie erkennbar war. Ganz besonders gern erinnere ich mich an die Reaktionen vom 11. September 2013. Damals ging es um die Wahlkampfdemo der NPD in Singen und – aus meiner Sicht – die Nichtreaktionen der Stadtoberhäupter. Auf diese Kolumne kamen sehr viele zustimmende Leserreaktionen.«

WOCHENBLATT: Was hat Dich, lieber Bunter Hund, in den 16 Jahren enttäuscht?
Bunter Hund: (fletscht die Zähne): »Generell haben mich manche Reaktionen der Zweibeiner enttäuscht, in denen es nur darum ging, um des Widerspruchswillen zu meckern – ohne das man sich mit den Texten oder den angesprochenen Themen wirklich beschäftigt hat.«

WOCHENBLATT: Was war Dein Lieblingsthema?
Bunter Hund: (kratzt sich hinter dem rechten Ohr) »Am liebsten belle ich Umwelt- und allgemeine krumme Dinge an, die nicht in meine Werteskala passen. Bei meinem Lieblingsthema, der Umwelt, beziehe ich mich natürlich ganz besonders auch auf die Menschen. Ist die Umwelt nicht intakt, geht das zu Lasten der Zweibeiner. Umwelt bezieht sich aber auch auf die unsäglichen Billigexporte von Gemüse und Hühnerfleisch von Europa nach Afrika. Die afrikanischen Kleinbauern können ihre eigenen Produkte – dank der unerhörten Lieferungen aus Europa – gar nicht mehr verkaufen. Dabei hatten die Kleinbauern mit Entwicklungshilfegeldern gelernt, ihre eigenen Produkte zu vermarkten. Diese sinnvolle Hilfe wurde und wird durch die Geschäftspraktiken europäischer Großanbieter vollständig kaputt gemacht. Schlechte Zukunftsaussichten auch und besonders für afrikanische Kinder. Und dann wundern wir uns über die Flüchtlinge, die zu uns drängen. Wiesenhof und Co. gehören diese unanständi-n Geschäfte verboten. Aber jetzt muss ich aufpassen, dass dieses Interview nicht zu einer meiner Kolumnen wird«. (sagt der Bunte Hund und jagt dem nächsten Kolumnen-Knochen hinterher)

Aus dem Schatten an die Feder. Seine Identität ist streng geheim. Seine Kolumnen inhaltsstark und tierisch gut. Sein Bellen ist laut und hat in der Region ein besonderes Gewicht. Der Bunte Hund, der seinen Platz seit 16 Jahren auf der letzten Seite des WOCHENBLATTES hat, ist eine echte journalistische Institution. Zum Bellen brachte ihn zum ersten Mal vor 814 Ausgaben der damalige Verlagsleiter des WOCHENBLATTES, Peter Peschka, der die Kolumne in der Ausgabe vom 11. April 2001 ins Leben rief.

Bevor der Bunte Hund seine literarische Feder für sich entdeckte, führte er, wie er selbst in seiner 800. Jubiläums-Kolumne schrieb, eher ein »Schattendasein«.
»Zugegebenermaßen hatte ich mit dem Reden beziehungsweise Bellen zu Beginn gewisse Startschwierigkeiten. Ich war am Anfang meines Hundelebens stumm und trabte einfach nur als bunter Werbeträger durch das WOCHENBLATT«, sagt der Vierbeiner über sich selbst. Die graphische Entwicklung des Bunten Hundes entstand in der Radolfzeller Agentur von Peter Möhrle, der leider viel zu früh verstarb.

Die vierbeinige Familie des Bunten Hundes – Bruno Bernhardiner, Struppi, Dackel Fritz, Max, der Berner Sennehund aus dem benachbarten Schaffhausen oder die Pudeldame Lady und Henriette, ein Bleu de Gascogne, sowie seine Zweibeiner, das sind sein Chef, die allerbeste Ehefrau und Leibköchin sowie Marlene, die im Laufe der nunmehr fast 17 Jahre dazu kamen.

Noch heute ist die Identität des Bunten Hundes das wohl am besten gehütete Geheimnis im Hause WOCHENBLATT. Und das nicht ohne Grund: Die »Maske« des Bunten Hundes ist »goldwert«, erklärt Peter Peschka. Zum einen schütze sie den Autor, zum anderen macht das Geheimnis um den Bunten Hund neugierig und Lust auf Mehr. »Pfeifen Sie den Bunten Hund zurück« – wurde einige Male von Lesern und Offiziellen diverser Städte, Gemeinden, Vereine und Institutionen gefordert.

Aber der Vierbeiner wurde nie an die kurze Leine gelegt. Das hätte er sich auch nicht gefallen lassen, denn der Bunte Hund hat stets ein Ohr am Volk und besitzt damit auch die Möglichkeit, ihm aufs Maul zu schauen.

»Es gab und gibt aber noch immer einige Zweibeiner, die meine große Klappe und mein lautes Gebell nicht ertragen – vor allem wenn es um sie selbst geht«, sagt der Bunte Hund und wedelt zufrieden mit seinem Schwänzchen. Oder wie es Peter Peschka zusammenfasst: »Der Bunte Hund ist – wie wir hier im Hegau sagen – ein echter Strolch, der sich nichts gefallen lässt.«

Von Matthias Güntert

- Redaktion

Autor:

Redaktion aus Singen

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