Großes Interesse an Machbarkeitsstudie
Jetzt sind die Kommunen gefragt zur Zukunft der Etzwiler Bahn
Rielasingen-Worblingen/Singen. Auf ein großes Interesse stieß die Vorstellung zur Machbarkeitsstudie für eine mögliche Reaktivierung der Etzwiler Bahn zwischen Singen und Rielasingen bis Ramsen am Dienstagabend in der Talwiesenhalle. Über 200 Interessierte, zum Teil auch aus der Schweiz, ließen sich das Zahlenwerk von Stephan Leo Kroll vom Unternehmen "Traffic Solutions" vorstellen, der aufgrund von Rechenmodellen der Reaktivierung gute Chancen gibt.
Am Wichtigsten bei allen Fahrgastberechnungen war freilich die Zahl, die am Ende steht, und die ergäbe einen Effizienzfaktor von 1,2 auf die zu erwartenden Investitionen und Kosten durch den Betrieb. Das bedeutet, dass hier danach mehr Geld wieder in die Kassen komme und auf der anderen Seite ein wichtiges Angebot im ÖPNV geschaffen werden könnte. Weniger zufrieden waren die Besucher allerdings mit dem Zeitplan, der im Raum steht: Mindestens zehn Jahre werde es gehen, bis hier ein Zugverkehr im Halbstundentakt aufgenommen werden könne, im ungünstigsten Fall sogar 15 Jahre. "Gebaut wären die nötigen Anlagen wie etwa neue Bahnübergänge, neun neue Bahnsteige und eine geplante Elektrifizierung schnell in wohl zwei Jahren", so Kroll. Die viele Zeit werde für Planungs- und Genehmigungsverfahren benötigt, so der anwesende Vertreter des Verkehrsministeriums, Moritz Link und Yannik Beutel von der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg.
Die Planungskosten des in der Variante Ramsen vorgestellten Projekts lägen nach jetzigem Stand bei rund 21,5 Millionen Euro, von denen rund 90 Prozent über Zuschüsse abgedeckt werden. Singen und Rielasingen-Worblingen müssten aber die Planungskosten von rund 3,4 Millionen Euro zu großen Teilen selbst tragen. Nun liege es auch erst mal an den beiden Kommunen, die beschließen müssten, ob man weiter an einer Reaktivierung arbeiten wolle. Da wird es erst mal um wenig bezuschusste Investitionen für die Planungsphase im Vorfeld gehen.
Die Grundlagen der Machbarkeitsstudie gehen ganz klar von Synergieeffekten aus, um den Betrieb günstiger machen zu können, stellte Stephan Leo Kroll den Anwesenden vor. Es gebe ja den derzeit durch die SBB Deutschland betriebenen "Rhyhas" (S 62) zwischen Schaffhausen und Singen, der Standzeiten in Singen vor der Rückfahrt habe. Die könnten beispielsweise genutzt werden, um in der Zwischenzeit nach Rielasingen beziehungsweise Ramsen zu fahren, wo der Zug die Fahrtrichtung wechseln könnte. Da würde man nur einen zusätzlichen Triebwagen benötigen.
Sozusagen im "Ehrenamt", also erst mal ohne formellen Auftrag, hatte Kroll noch eine weitere Variante errechnet, die die S29 Winterthur-Stein am Rhein von der Schweiz aus auf eine Schleife nach Singen schicken würde. Das würde auch einen Lückenschluss einer immer wieder visionierten "Bodensee-S-Bahn" bedeuten, der sonst nur über Schaffhausen vollzogen werden könne und der auch aus touristischer Sicht interessant sei. Mit der Verlängerung der Strecke wären natürlich Mehrkosten von nochmals fast 20 Millionen Euro verbunden, bei denen man sich auch mit den Schweizer Nachbarn noch verständigen müsse. Singens OB Bernd Häusler kündigte an, dass es ein Treffen zu diesem Thema im Dezember mit den Vertretern der Kantone geben solle. Für beide Varianten sei natürlich eine Elektrifizierung der sonst in ganz gutem Zustand befindlichen Strecke nötig, die aber aus der Versammlung heraus kritisiert wurde.
Von einem Besucher wurden auch die Pläne für einen "Seehas 2.0" angesprochen, bei denen eine Verbindung Mengen/Messkirch -Rielasingen visioniert ist. Das soll eine umsteigefreie Fahrt zwischen Singen und Stockach ermöglichen, einen Viertelstundentakt zwischen Singen und Radolfzell und auch eine schnelle Anbindung nach Ulm.
Für die Vorstellung gab es immer wieder Applaus, aber auch kritische Töne. Hinterfragt wurde, ob nicht Worblingen dann einen Nachteil habe, wenn dann die Buslinien eingestellt würden. Ein Umstieg auf den Zug in Rielasingen sei ja immer mit Zeitverlusten verbunden, die das Auto wieder attraktiver machten.
Sorgen gibt es bezüglich des Werts der Grundstücke, die laut einer Anwohnerin dann wohl sinken dürften. Anwohner des Gebiets "Eisvogel" in Singen befürchteten zugeparkte Straßen, wenn man dort einen Haltepunkt einrichte, der für Pendler interessant sein könnte. Auch wurde bezweifelt, ob so viele Haltestellen gut seien in einem so dichten Abstand von nur einigen hundert Metern. Klar gemacht wurde aber, dass dies noch keine wirklichen Pläne seien. Versprochen wurde durch Rielasingen-Worblingens Bürgermeister Ralf Baumert wie Häusler in einem möglichen weiteren Planungsprozess eine möglichst große Transparenz.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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