Leserbrief zu den »Spaziergängen«
»Ich distanziere mich nicht«
Zu unserem Schwerpunktthema »Spaziergänge« in der Ausgabe von 19. Januar, erreichte uns folgende Leserreaktion:
»Eine Antwort muss erlaubt sein: Beginnen möchte ich mit ein paar Gegenfragen.
Vor 3 Jahren stand ich an einer pro Flüchtlingsdemos in Konstanz, die Antifa war mehr als deutlich sichtbar vertreten? Immerhin wird die Antifa zu teilen vom Verfassungsschutz überwacht. Warum hat damals niemand von mir eine Abgrenzung gefordert?
Distanzieren Sie sich von der AfD, wenn Sie ans Stadtfest gehen und die AfD dort einen Stand hat?
Distanzieren Sie sich von eigenen Freunden die möglicherweise mit der AfD sympathisieren?
Distanzieren Sie sich von einem Viertel der Singener Südstadt, die bei den letzten Wahlen AfD gewählt hat? (wieviel es genau waren weiß ich nicht)
Distanzieren Sie sich beim Freibadbesuch von den 10 Glatzköpfe, die im Eck liegen?
Wohl eher nicht. Genau so wenig sehe ich Grund mich von irgendwem zu distanzieren.
Niemand der Demonstranten steht in der Rechten Schmuddelecke. Wenn dann stellen Sie sie aufgrund einer Kontaktschuld da hin. (Frage am Rande, sind für Sie alle AfD-Wähler, Rechte?)
Sie nennen es „anbiedern“ wenn ein Landtagsabgeordneter sich als „Gesprächspartner für alle Bürger auf der Straße“ anbietet. Wäre das nicht Aufgabe aller Politiker, Gesprächspartner für alle Bürger zu sein?
Wie würden Sie sich denn die Abgrenzung von der AfD und den Rechten (die nirgends auf der Demo zu erkennen waren) vorstellen. Soll ich an einer Demo gegen die Coronamaßnahmen ein Schild gegen die AfD hoch halten. Absurd, und auch so, nein ich distanziere mich nicht von AfD-Sympathisanten, sie dürfen bei uns mitlaufen wie alle andern auch.
Sowieso von der AfD abgrenzen, weshalb? Weil sie so unmenschliche Dinge wie eine Obergrenze gefordert hat, oder die Festung Europa. Die Obergrenze ist da, die Festung Europa steht. Die „Alt-Partien“ wie die AfD so schön sagt, haben die Positionen der AfD übernommen. Ich kenne Herrn Eisenhut nicht, habe noch nie etwas schlechtes über ihn gehört. Wieso sollte ich mich distanzieren. Und ja, ein Björn Höcke macht mir manchmal Angst, die Aussagen manch eines AfD-Abgeordneten finde ich manchmal geschmacklos, aber das tut hier nichts zur Sache. Ich mag die AfD nicht. Aber es ist nicht die NDP. Und es ist die einzige Partei, die z. B. gegen die Impflicht im Gesundheitssektor gestimmt hat, dafür bin ich ihr dankbar. Solange die AfD nicht in erster Reihe mit einem riesigen Plakat marschiert. Solange der Protestzug nicht von 50 Glatzköpfen angeführt wird (was nicht der Fall sein wird), solange distanziere ich mich von niemandem.
Sowieso, wer fällt mit verächtlicher Wortwahl in der Pandemie auf? Ich würde sagen in der Pandemie sind viele Politiker der großen Parteien auf das Niveau der AfD gefallen, einige darunter.
Und Demonstrationen anmelden? Dass die Stadt uns dann Maskenpflicht und weitere Auflagen aufbürdet und die Demo bei Nichteinhaltung auflösen kann. In keinem anderen Land in Europa sind die Regeln für Demos so hart wie aktuell in Deutschland (niemand in Europa demonstriert mit Maske). Nein, der Zug ist abgefahren. So sehr ich mir angemeldete Demos wünsche. Eine Demo ist eine Demo und keine Unterwerfung. Anstatt die Spaziergänge zu verbieten, hätte die Stadt (Wie andere Städte auch z. B. Stockach oder Augsburg) uns ohne Masken laufen lassen könne…
Und seien Sie sich sicher: die meisten treibt mehr auf die Straße als „Angst vor der Impfpflicht“ und „der Wunsch nach persönlicher Freiheit“…
Die Liste ist lang wogegen es zu demonstrieren gilt. Von Maßnahme für Kinder, Existenzängste, Pandemie ohne Ende, sinnbefreite Maßnahmen, bis zur Kontaktschuld…
Ich hoffe Sie entschuldigen meine bewusst provokante Wortwahl…
Ich bedanke mich, dass das Wochenblatt sich bemüht eine (zumindest meistens) halbwegs faire Berichterstattung zum Thema Corona zu leisten.«
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Harder
Leserbriefe geben nicht zwingend die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor.
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Autor:Redaktion aus Singen |
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