Gemischte Gefühle für das Automobil
Eine Branche im Wandel der Zeit
Die Automobilbranche befindet sich seit einigen Jahren im stetigen Wandel. Vor allem in Sachen E-Mobilität streiten nicht nur bei vielen Automobilbesitzern und potenziellen Kunden sich die Geister, sondern auch bei den Händlern selbst.
So auch hier im Landkreis beim Autohaus Blender in Radolfzell, wie Geschäftsführer Hansjörg Blender dem WOCHENBLATT verrät. „Eine gewisse Verunsicherung ist hier schon spürbar.“ Vor allem die niedrigen Zinsen machen es sowohl den Händlern als auch den Verkäufern schwieriger. „Die Stagnation bei den neu zugelassenen BEV zeigt einmal mehr, dass vor allem die privaten Kundinnen und Kunden verunsichert sind, ob ein Wechsel hin zur rein batterieelektrischen Mobilität zurzeit sinnvoll ist“, wird Thomas Peckruhn, Vize-Präsident des Zentralverbands Deutscher Kraftfahrzeuggewerbe zitiert. „Fahrzeuge“, so Blender, „sind jedoch in allen Bereichen da“. Dabei war sein Autohaus Pionier, was den Handel von E-Autos im Landkreis betrifft, so lege man bereits seit 12 Jahren einen immer größeren Fokus darauf. „Trotz aller Widrigkeiten sind wir von der E-Mobilität überzeugt“, erzählt Blender. Das Angebot habe sich zumindest bei ihm sehr verändert, immer wieder kämen neue Modelle an den Start wie der Renault Scenic E-Tech, welcher im Juni 2024 das erste neue E-Modell 2024 des französischen Automobilherstellers sein wird und dann eine Reichweite von über 600 Kilometern aufweisen soll. „Zudem hoffen wir, im September den Star des Genfer Autosalons, den neuen Renault 5 E Tech auch in unseren Autohäusern präsentieren zu können“, sagt Hansjörg Blender. Der Trend, so der Geschäftsführer des Autohaus Blender, ginge aber auch immer mehr in Richtung Hybridautos.
„Mittlerweile“, so erzählt es Hansjörg Blender mit Blick auf die Entwicklung der Automobilbranche, „gibt es aber auch bezahlbare E-Autos, was neben dem Renault-Modell auch der Dacia Spring als Beispiel eines E-Vans beweist.“ Dass sich jedoch noch einiges tun muss in der Branche, da ist er sich sicher. „Das Vertrauen der Politik in E-Autos ist allmählich verschwunden“, stellt er konsterniert fest. Trotzdem werde das Gros an Automobilen in Zukunft elektrisch sein. „E-Mobilität ist auch aufgrund ständig verbesserter Möglichkeiten der richtige Weg“, so Blender. Die Auer Gruppe hingegen arbeitet bereits jetzt schon an einer zehn bis 20 Jahres-Strategie, die vorsieht, alle Umsätze durch ein bevorstehendes Agenturmodell der Hersteller, sprich der Händler ist hier nur noch Vermittler, oder den nicht vorhandenen Service und Reparaturbedarf des E-Mobils durch die bereits erwähnten Standbeine nicht nur abzufedern, sondern weiter zu erhöhen.
Anders sieht es bei der BMW Auer Gruppe aus. Hier würde die Zukunft durch reine E-Mobilität dem Unternehmen in der Kfz-Branche langfristig erheblich Arbeitsplätze kosten sowie einen Umsatzrückgang im Service-Bereich bei voller Elektrifizierung von 60 bis 70 Prozent bedeuten, wie Pascal Bleicher, neben Marcel und Karl-Heinz Auer einer der Geschäftsführer der BMW Auer Grupper, auf Anfrage des WOCHENBLATTs mitteilte. „Deshalb haben wir rechtzeitig Weichen gestellt und uns durch die Ausweitung auf die Freizeitbranche mit Caravan und Reisemobilen sowie der Bau- und Agrarmaschinenbranche weitere Standbeine geschaffen.“ Hiermit solle das Unternehmen, so Bleicher weiter, weiterhin stabil und mit Ausblick auf Wachstum aufgestellt werden. Ganz auf Elektrizität möchte das Unternehmen dann doch nicht verzichten, wie der Geschäftsführer der Auer Gruppe verriet. „Wir haben uns frühzeitig darauf vorbereitet, durch eigen über Photovoltaik (PV) erzeugten Strom die Infrastruktur für die wachsende E-Mobilität zu gewährleisten.“
Ähnlich sieht es auch die Thüga Energie, einer der führenden Energieversorger der Region, so habe das Thema E-Mobilität für sie spürbar an Relevanz gewonnen. „Unser Angebot, speziell im Bereich des privaten Ladens, haben wir daher erweitert und können somit individuell auf die Bedürfnisse der Kunden eingehen“, sagt Jonny Stadler vom Team erneuerbare Energieleistungen. „Der Trend zur E-Mobilität spiegelt sich auch in unserem Fuhrpark wider, indem wir zunehmend auf Elektroautos setzen.“
Viele Kapazitäten für Automobil-Berufe
Wesentlich erfreulicher sieht es in Sachen Ausbildung in der Automobilbranche aus. So auch beim Autohaus Blender, einem der größten Ausbilder in der Region. „Mittlerweile gibt es so viele Azubis, egal ob es Kfz-MechatronikerInnen oder Automobilkaufmänner/-frauen sind“, erfreut sich Hansjörg Blender, gleichzeitig auch Kreishandwerkmeister der Kreishandwerkerschaft Westlicher Bodensee. Für ihn sei es nach wie vor ein sehr begehrter Beruf, der auch heute noch viele Kapazitäten biete. „Vor allem in Sachen E-Mobilität werden die Anforderungen stärker.“ Auch wenn zwar viele Schulen nachlassen, könne man einen hohen Migrationsanteil in den Berufen verzeichnen. Auch die 100 bestandenen Gesellenprüfungen im Bereich der Kfz-Mechatronik in der Kfz-Innung Bodensee-Hochrhein-Schwarzwald stimme den Kreishandwerkmeister positiv. „Dieser Beruf hat seinen Ruf als Nummer 1 in Sachen Ausbildung in der Automobilbranche bestätigt.“ Erfreut sei Blender auch über den hohen Zuspruch weiblicher Azubis, auch in seinem Autohaus, wo man beim diesjährigen Girls-Day eine Schülerin im Bereich Kfz-Mechatronik begrüßen konnte. „Ich habe das Gefühl, dass die Mädchen und Frauen interessierter am Beruf sind, als es zunächst den Anschein macht“, so Blender. „Hierdurch kommt etwas mehr Schwung ins Handwerk.“ Allgemein könne man derzeit bei 95 bis 120 Prüflingen pro Jahr auf eine durchschnittliche Übernahmequote zwischen 90 und 95 Prozent blicken. „Dies ist bei den Automobilkaufleuten ungefähr gleich, auch wenn diese mit Themengebieten wie Versicherung, Finanzierung, Werkstattannahme oder auch Teilerechnung ein viel breiteres wie anspruchsvolleres Arbeitsspektrum abdecken.“
Auch die BMW Auer Gruppe habe laut einer der Geschäftsführer Pascal Bleicher derzeit keine Probleme, gute Auszubildende zu finden. „Wir haben bereits jetzt wieder mehr qualifizierte BewerberInnen als wir aktuell einstellen können.“ Es sei ihm zufolge nach wie vor ein interessanter, lehrreicher und vielseitiger Ausbildungsberuf mit tollen Karrieremöglichkeiten. Die Elektrifizierung mache die Mitarbeiter zudem zu angesehenen Experten im Bereich Hochvolt, eine Sparte, welche laut Bleicher eine Vielzahl an Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten biete. „Auch der Ausbildungsberuf Automobilkaufmann/-frau ist aufgrund der emotionalen Produkte und des technischen Fortschritts weiterhin ein sehr beliebter Beruf“, so Pascal Bleicher. Sowohl in der Kfz-Mechatronik als auch bei den Automobilkaufmännern/-frauen habe man im Unternehmen auch Frauen in der Ausbildung aktiv.
Autor:Philipp Findling aus Singen |
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