Erziehung, Pflege und Co
Hoch leben die sozialen Berufe – sie stärken den Wirtschaftsstandort

- Quizfrage: Welcher dieser Berufe nutzt der deutschen Wirtschaft mehr? Statt komplizierter Studien und vieler Zahlen sollte die Antwort ganz simpel sein: Beide gleich. Denn am Ende profitieren sie voneinander und sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden.
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Landkreis Konstanz. In kaum einer Berufsgruppe klafft die Lücke an benötigten und vorhandenen Fachkräften so weit auseinander, wie bei den sozialen Berufen. Das bestätigte auch eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln. Darin wurde unter anderem anhand von Daten aus dem Jahr 2023 aufgeschlüsselt, in welchen Berufen am meisten Fachkräfte fehlen. Auf Platz eins, noch vor handwerklichen Berufen, sind dort soziale Berufsfelder zu finden. Und unter den zehn Fachberufen, in denen am dringendsten Personal gesucht wird, befinden sich an erster Stelle Kindererzieher, an zweiter Stelle Sozialarbeiter, an vierter Stelle Kranken- und an sechster Stelle Altenpflegekräfte.
Die große Lücke ist - angesichts vieler Schlagzeilen zu schlechter Bezahlung, unregelmäßigen Arbeitszeiten und einem fordernden Berufsalltag - auch kaum verwunderlich. Gleichzeitig hört man aber auch immer wieder, wie erfüllend die Arbeit ist. Ganz egal ob sich der Alltag darum dreht, Kleinkindern grundlegende Fähigkeiten beizubringen oder darum, älteren Menschen in ihrem eigenen Alltag zur Seite zu stehen. Egal ob es darum geht, Menschen wieder auf die rechte Bahn und in ein „normales“ Leben zu verhelfen oder darum, zur Gesundung anderer beizutragen. Feststeht, dass soziale Berufe – welch Wunder – sozial sind.
Das bedeutet wer hier arbeitet, hat direkten Einfluss auf das Leben anderer, im Positiven, wie im Negativen. Damit einher geht eine entsprechende Verantwortung, jeder Tag steckt am Ende auch voller ethischer, moralischer Fragen. Damit das gelingen kann, ist Empathie definitiv eine Grundvoraussetzung. Wer sich nicht in andere Menschen und deren Perspektive, Leiden oder Geschichte hineinversetzen kann oder will, wird hier sicher weder sich noch andere wirklich glücklich machen.
Viel diskutiert ist mittlerweile im Industrieland und Wirtschaftsstandort Deutschland die Deindustrialisierung. Der Ruf nach mehr handfester Arbeit und weniger Dienstleistung ist dabei aber zu einfach. Zugegeben, im Bereich der Altenpflege geht es wohl eher um die Wertschätzung für die Leistung der vorigen Generationen. Doch in den anderen drei oben genannten Fachkräfte-Haupt-Baustellen sind die Auswirkungen recht naheliegend.
Kinderbetreuung: Wer seinen Sprössling unzuverlässig, unregelmäßig und zeitlich eingeschränkt in Betreuung bringen kann, wird weniger arbeiten. Sozialarbeiter: Menschen die mit Vorbelastungen leben, denen vielleicht berufliche und schulische Qualifikationen fehlen, die kein stabiles soziales Umfeld, dazu noch psychische Belastungen haben, kann hier in einen geregelten Alltag mit einem festen Job geholfen werden. Krankenpflege: Die Gesundheit wirkt sich direkt auf die eigene Leistungsfähigkeit aus, wer schon länger auf eine dringende OP oder auch nur einen (Fach)Arzttermin wartet, wird wahrscheinlich nicht sein volles Potenzial abrufen können oder länger bei seinem Arbeitgeber ausfallen.
Gerade soziale Berufe sind aber eine unfassbar große Stellschraube für die deutsche Wirtschaft. Sicher gibt es Berufsfelder, deren Sinnhaftigkeit hinterfragt werden kann. Das gilt aber für alle Branchen gleichermaßen und auf die meisten sozialen Berufe trifft das bestimmt nicht zu. Dort steckt genauso ein Hebel zur Stärkung der Wirtschaft, wie im Handwerk oder in der Industrie. Weil Jede und Jeder in diesen Berufen so viele Menschen auf positive Weise beeinflussen kann – wenn sie und er die Möglichkeiten haben. Diese Möglichkeiten sind in den vergangenen Jahren durchaus kleiner geworden. Um das zu erkennen, reicht schon ein Blick auf die langen Kitaplatz-Wartelisten im Landkreis. Was dafür der Grund ist? Genau: der Fachkräftemangel. Aber weil Not bekanntermaßen erfinderisch macht, hat das auch zu kreativen Lösungen und Modellen geführt. Denn Menschen werden immer andere Menschen brauchen. Und daher wird die Menschheit auch immer Menschen in sozialen Berufen brauchen.
Autor:Anja Kurz aus Engen |
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