Erneut Fälle von Enkeltricks und falscher Polizei
Gefangen im Netz der Betrüger
Landkreis Konstanz. In den letzten Wochen erhielt die Wochenblatt-Redaktion vermehrt Meldungen über Betrüger, die sich unter anderem als Enkelkinder, Polizisten und Staatsanwälte ausgaben. Die Opfer sind in solchen Situationen meist überfordert und merken dabei viel zu spät, dass sie den Tätern in die Hände gelaufen sind.
Oft ist es ein und derselbe Trick. Menschen im Alter von über 70 Jahren erhalten einen Anruf von angeblichen Polizisten. Dabei wird ihnen mitgeteilt, dass in der Nachbarschaft eingebrochen wurde, man einen Täter festgenommen und bei ihm einen Zettel mit der Adresse des Betrugsopfers gefunden habe. „Hierbei werden die älteren Menschen dann nach vorhandenen Wertsachen gefragt und darauf hingewiesen, dass diese gesichert werden müssen“, erzählt Jörg-Peter Kluge von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Konstanz. Der Betrugserfolg erklärt sich seiner Ansicht nach für die echte Polizei schnell: „Die Täter werden für solche Sachen rhetorisch geschult und klingen daher am Telefon sehr überzeugend. Da fällt es selbst uns schwer, sie von richtigen KollegInnen zu unterscheiden.“ Die Betroffenen werden dann gebeten, entweder zur Bank zu gehen, die Wertsachen vor der Tür bereitzustellen, zu einem Parkplatz zu kommen oder im häufigsten Fall das Diebesgut Zuhause abholen zu lassen. „Sobald dies getan ist und die Opfer bei der Polizei anrufen, ist es meist schon zu spät“, erläutert Kluge. Wie viele solcher Fälle es bisher in 2022 gab, könne die Polizei zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen, Fakt ist laut seinem Kollegen Uwe Vincon vom Polizeipräsidium Konstanz jedoch folgendes: „2021 gab es im gesamten Präsidium der Landkreise Tuttlingen, Konstanz, Villingen-Schwenningen und Rottweil 535 Fälle von falschen Polizisten.“ In den allermeisten Fällen handle es sich ihm zufolge um Versuche. Der Schaden belief sich letztes Jahr auf knapp unter eine Million Euro, momentan sei man da schon deutlich drüber.
Etwas anders verläuft es bei Enkeltricks oder einem Schockanruf. Bei Erstgenanntem melden sich, laut Kluge, die vermeintlichen Enkel oft mit Sätzen wie „Hallo Oma ich bin’s – Patrick!“ „Wer?“ „Na, Patrick, dein Enkel!“: „Sobald sich die Opfer wieder erinnern, wird seitens der Täter nach Geld gefragt, um zum Beispiel einen Autoschaden bezahlen zu können – mit dem Hinweis, dass die Bank schon zu oder man selbst kaum noch Geld hat“, so Kluge weiter. Bei Schockanrufen übernehmen die Übeltäter ihm zufolge gleich mehrere „Rollen“: „Zunächst erhalten die älteren Menschen vergleichsweise einen Anruf der Schein-Enkelin, die gerade einen Unfall gebaut hat und dringend um Hilfe bittet. Im nächsten Moment jedoch verstellen die BetrügerInnen die Stimme, weisen die Opfer als angebliche Staatsanwälte auf die Verhaftung der Enkelin hin und bitten um einen hohen Kautionsbetrag, um die Betroffene wieder frei zu lassen. „Allgemein kann gesagt werden, dass die betroffenen Menschen so stark von den Tätern am Telefon unter Druck gesetzt werden, dass die Angerufenen ihnen schlussendlich das geben, was verlangt wird“, sagt Kluge.
Die Ermittlungen solcher Fälle sind laut Uwe Vincon nicht einfach, jedoch gebe es präzise Schritte, um der Sache nachzugehen: „Die meisten Fälle werden telefonisch angezeigt, indem sich das Opfer selbst oder ein Angehöriger meldet.“ Dabei nehme man die Anzeige auf, halte die Informationen fest und gebe bei erwartbaren Spuren den Fall an speziell ausgebildete Techniker weiter. Bis man den Betrügern jedoch auf die Fersen komme, dauere es seiner Aussage nach lange: „Ist in den Systemen eine Telefonnummer hinterlegt, unter der der Betrüger bei uns angerufen hat und diese dann ganz woanders wieder auftaucht, können Tatzusammenhänge aus einem anderen Fall abgeglichen werden. Hieraus ergeben sich neue Hinweise, womit sich der Ermittlungsfall über Wochen und Monate immer wieder aktualisieren kann.“
Infokasten: Im Folgenden möchte das Wochenblatt Ihnen wichtige Ratschläge von der Polizei mitgeben, mit denen man sich vor solchen Maschen schützen kann:
1. Nehmen Sie das Thema sehr ernst! Jeder kann von heute auf morgen mit solchen Betrügereien konfrontiert werden.
2. Legen Sie, sobald zur Herausgabe von Wertsachen aufgefordert werden, unmittelbar den Hörer auf! Die richtige Polizei fragt nie nach solchen Dingen oder fordert den Adressaten zur Herausgabe dessen auf!
3. Warten Sie nach dem Auflegen einige Momente, egal um welche Art von Betrug es sich handelt! Bei falschen Polizisten wählen Sie nach der Wartezeit die Rufnummer 110, dort wird man Ihnen weitere Auskünfte wie etwa zur Erreichbarkeit einer zugehörigen Dienststelle geben. Bei falschen Enkelkindern kontaktieren Sie Ihre richtigen Enkel!
4. Holen Sie sich einen Zeugen hinzu! Schauen Sie zudem, ob es in Ihrem privaten Umfeld Personen höheren Alters gibt, die davon betroffen sein könnten und sprechen Sie dieses Thema bei Besuchen von vor allem älteren Angehörigen immer wieder an. Gehen Sie dabei auch explizit auf Warnhinweise und Presseberichte ein!
Autor:Philipp Findling aus Singen |
Kommentare