Wie lief Neustart für den Einzelhandel in der Region? Das Wochenblatt hat einige Stimmen dazu gesammelt
Freude, Skepsis und viele Fragezeichen

Karikatur Einzelhandel | Foto: Mit spitzer Feder auf den Punkt gebracht hat unser Karikaturist Rainer Demattio die aktuelle Situation der Einzelhändler in der Region. swb-Bild: Demattio
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Landkreis Konstanz. Manch einer dürfte schon seit langem darauf hingefiebert haben: Am Samstag durften viele Einzelhändler zum ersten mal seit langem wieder Kundinnen und Kunden in ihren Geschäften empfangen, da die Sieben- Tage-Inzidenz an fünf Tagen in Folge unter der Marke von 150 gelegen hatte. Zunächst war für das Shoppingerlebnis noch eine Terminvergabe und ein vorheriger negativer Schnelltest erforderlich, doch zumindest die Testpflicht soll voraussichtlich Ende der Woche entfallen, da die Sieben-Tage-Inzidenz in der Zwischenzeit bereits deutlich unter 100 liegt. Am Dienstagnachmittag meldete das Landesgesundheitsamt den Wert von 79,6. Die sinkenden Zahlen haben aber auch den Effekt, dass viele verunsichert sind, was denn nun gerade wieder erlaubt ist und was nicht. So freute sich wohl manch ein Innenstadtbesucher am Samstag schon auf den ersten Kaffee im Außenbereich der Gastronomie und musste dann vor Ort feststellen, dass Cafés und Restaurants eben noch nicht ins Öffnungskonzept aufgenommen sind. In manch einem Gespräch zeigte sich in den letzten Tagen deutlich die Ratlosigkeit darüber, wo und wie gelockert wird. Die Redaktion des Wochenblatts hat mit einigen Einzelhändlerinnen und Einzelhändlern aus der Region darüber gesprochen, wie sie den teilweisen Neustart erlebt haben.

»Eigentlich möchte ich nur wieder arbeiten«

Barbara Fahr vom Schuh-Studio in Gottmadingen hat auch in den harten Lockdown-Zeiten selten ihren Optimismus verloren. »Ich habe mir die jeweiligen Corona-Verordnungen angeschaut und überlegt, wie das am besten für mich funktioniert. Statt zu jammern hab ich auf kreative Ideen gesetzt«, fasst die Einzelhändlerin zusammen. Eine wichtige Rolle spielte dabei ihre Homepage, wo sie jedes Paar Schuhe in ihrem Studio ablichtete um ihren Kunden und Kundinnen wenigstens digital eine möglichst große Auswahl an modischen und hochwertigen Schuhen anbieten zu können. »Die Arbeit auf der Website hat sich gelohnt, denn der Verkauf über click & collect hat mich gerettet«, betont sie. Natürlich freut sie sich, wenn sie die Türen ihres Studios wieder für persönliche Beratung öffnen kann. Doch sie bleibt zurückhaltend, denn: »Wir Einzelhändler sind vorsichtig, wir wissen was auf dem Spiel steht«.
»Eigentlich möchte ich nur arbeiten«, sagt Barbara Fahr. Dafür hat sie sich auch impfen lassen und auf vieles verzichtet. Selbst nach über einem Jahr in der Krise nimmt Barbara Fahr die Situation mit Einschränkungen und Unsicherheiten recht pragmatisch. »Das Virus ist nun mal da und es wird auch nicht so schnell verschwinden. Deshalb muss ich mir überlegen, was ich tun kann um trotz allem gut zu leben«.

»Alle waren total happy«

Die Kundinnen von Mode Sonja in Radolfzell freuen sich sehr, wieder zum shoppen ins Geschäft kommen zu können, berichtet Inhaberin Sonja Hechelmann im Gespräch mit dem Wochenblatt. »Das Click & Meet Angebot wird gut angenommen. Alle, die bisher ins geschäft gekommen sind, waren total happy, dass sie wieder kommen durften. Klar, die Testpflicht ist für viele nervig aber die soll ja ab Freitag wegfallen«, sagt Hechelmann. Ein großes Manko sieht die Unternehmerin aktuell noch darin, dass das Testzentrum in der Innenstadt im Zunfthaus unter der Woche nur von 8 bis 10 Uhr geöffnet hat. Ihr Erfolgsrezept, um durch den langen Lockdown zu kommen war der enge Kundenkontakt, den sie schon immer gepflegt und auch durch Nachrichten oder Anprobe-Pakete während des Lockdowns aufrecht erhalten hat. »Trotzdem habe ich es jetzt wieder ganz neu schätzen gelernt, wie schön es ist, Kundinnen persönlich in meinem Laden empfangen zu dürfen«, so Hechelmann.

Noch fehlt die Gastronomie

Hannes Blatter vom Singener Schuhaus Läufer sieht durch die neuen Öffnungen jetzt zumindest mal ein Licht am Ende des Tunnels, wie er im Gespräch mit dem Wochenblatt erzählt. Ein Wermutstropfen bleibt aber im Moment noch: »Durch die Testpflicht sind die Geschäfte bisher nur langsam angelaufen. Für viele Kundinnen und Kunden ist das ein zu großer Umstand. Dazu kommt ja noch, dass aktuell die Gastronomie noch geschlossen hat und die gehört ja zum Shoppingerlebnis einfach dazu«, sagt Blatter. Das alles führt dann auch zu einer gedämpften Freude über die Teil-Öffnung, denn wenn ein Geschäft geöffnet ist, dann entstehen natürlich mehr Kosten, die durch eine entsprechende Kundenfrequenz gedeckt werden müssen. Deshalb wurden beim Schuhaus Läufer kurzerhand zunächst noch die Öffnungszeiten angepasst. Hannes Blatter hofft aber darauf, dass er schon bald den Betrieb noch weiter hochfahren kann. »Wenn Ende der Woche die Testpflicht für den Einzelhandel erstmal wegfällt, dann wird sich das Interesse der Kundinnen und Kunden am Einkaufsbummel auch hoffentlich wieder verstärken«, so Blatter.

Wiedereröffnungs-Gutscheine in Radolfzell

Die Radolfzeller Aktionsgemeinschaft hat zusammen mit der Stadtverwaltung ganz neue Gutscheine herausgegeben, die dazu beitragen sollen, den Handel und das Dienstleistungsgewerbe in der Stadt gleich von Anfang an wieder zu stärken. Wer ein Gutscheinpaket im Wert von 50 Euro erwirbt, der kann bis zum 31. August damit für 62,50 Euro einkaufen gehen, erhält also einen Vorteil von 25 Prozent. (Mehr dazu gibt es hier). Wie das Landratsamt Konstanz gegenüber dem Wochenblatt mitteilte arbeite die Landesregierung indes an einer Neufassung der aktuellen Corona-Verordnung. Diese soll einen Stufenplan beinhalten, der weitere Lockerungsschritte in Aussicht stellt. Grundlage für das kommende Konzept, das auf Ende der Woche erwartet wird seien Gespräche »mit Vertretern aus Wirtschaft, Gastronomie, Tourismus und Handel«, war vom Sozialministerium zu erfahren. In der ersten Stufe sollen z.B. die Außengastronomie und Hotels und auch der Einzelhandel wieder geöffnet werden. Weitere Öffnungen können folgen, wenn sich die erste Öffnungsstufe bei stabilen Inzidenzenz 14 Tage bewährt hat.

- Dominique Hahn

Autor:

Redaktion aus Singen

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