Große Kundgebung auf dem Rathausplatz
"Wer in der Demokratie schläft..."

Als Lichtzeichen wurde zum Abschluss durch viele der TeilnehmerInnen der Kundgebung das Wort Demokratie auf den Münsterplatz gesetzt. | Foto: Oliver Fiedler
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Radolfzell. Ganz schön viel mehr Teilnehmer als vom lokalen Organisationskomitee erwartet, haben sich zu einer Kundgebung für Demokratie und die Wahrung der Menschenwürde am vergangenen Mittwochabend auf dem Münsterplatz eingefunden. Rund 1.500 Menschen mögen es am Schluss gewesen sein, einige Schätzungen lagen noch höher.

Oberbürgermeister Simon Gröger selbst war aus gesundheitlichen Gründen verhindert. Seine Rede wurde gemeinsam von den BürgermeisterstellvertreterInnen Gisela Kögel-Hensen, Christoph Stadler, Norbert Lumbe und Dietmar Baumgartner verlesen. "Wir wollen uns für Offenheit, Vielfalt und Miteinander einsetzen", wurde darin betont. "Wir wollen hier eine klare Position beziehen für die Stärkung der Demokratie und der Gleichberechtigung. Wir dürfen nicht zulassen, dass Hass und Hetze gegen Minderheiten und Andersdenkende salonfähig werden. Jeder Mensch hat das Recht auf ein Leben in Frieden und in Freiheit. Unabhängig von seiner Herkunft, seiner Religion oder sexuellen Orientierung", hoben die vier Stellvertreter für Gröger heraus. "Wir sind viel mehr als diejenigen, die diese Freiheit infrage stellen", so Christoph Stadler aus der Rede des OBs. "Nie wieder ist jetzt. Nie wieder ist hier. Nie wieder in unseren Köpfen und in unseren Herzen", wurde zum Mitsprechen durch Stadler verkündet.

"Wir haben hier eine Versammlung auf den Weg gebracht, um uns auszusprechen gegen Demokratiefeindlichkeit und für Demokratie", begrüßte Susann Göhler-Krekosch vom Präventionsrat für das ganze Orgateam die rund 1.500 Teilnehmer dieser Kundgebung und zeigte sich stolz, wie viele Radolfzeller hier zusammen ein Zeichen setzten wollten.
Münsterpfarrer Heinz Vogel und sei evangelischer Kollege Alexander Philipp machten deutlich, dass die Grundlagen der Gesellschaft diese nur tragen könnten, wenn die Gesellschaft darauf Haltung zeige, wenn jede und jeder sie trägt, überall hin. "Wir stehen auf dem guten Boden unserer Verfassung. Wenn jetzt die Menschen wieder in weniger wertvolles, vielleicht sogar verzichtbares Leben eingeteilt werden sollen, müssen wir jetzt aufstehen und deutlich machen, dass diese Meinung nicht die Meinung der Mehrheit widerspiegelt." Und: "Lasst uns streiten, aber mit Anstand und Würde und um die anderen ringen, die vielleicht anderer Meinung sind. Das ist unser aller Verantwortung, die wir als Bürger dieses Staates haben", so Philipp.

Radolfzell zeigt Flagge als bunte Stadtgesellschaft

Die Rednerliste war lang und bildete freilich in schöner Weise die Vielfalt der Radolfzeller Bürgergesellschaft genau ab, wie die Teilnehmer dieser Kundgebung, mit der gegen die aktuellen Tendenzen zu Fremdenfeindlichkeit oder gar Fremdenhass ein Zeichen der Einigkeit für die Wahrung der demokratischen Grundwerte unseres Staats gesetzt werden sollten. Von der Initiative Stolpersteine über die IG Sport, von den Gesamtelternbeiräten Kita und Schule bis zum Jugendgemeinderat, vom Alevitischen Kulturverein bis zu den Naturfreunden oder dem Forum Demokratie in der Stadt reichten die Beiträge, die diesen großen gemeinsamen Nenner hatte, dass jeder zur Stärkung der Demokratie beitragen könne. "Wir sind laut, wir sind mehr. Wir stehen zur Demokratie und zu unserem Grundgesetz. Wir stehen auf gegen Hass und Hetze, heute, morgen und auch übermorgen", brachte das Eda Aktas vom Alevitischen Kulturverein emotional herüber.

"Ein starkes Signal für die Demokratie"

Oder wie es von Elisabeth Burkart von der Initiative Stolpersteine als Zitat auf den Punkt gebracht wurde: "Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf". Beiträge gab es auch von Geflüchteten, einer Lehrerin aus Syrien, die inzwischen in einem Radolfzeller Kindergarten arbeitet wie ein Wissenschaftler aus Afghanistan: Sie hätten leidvoll erleben müssen, wie das ist in einem Staat ohne Demokratie, wo Frauen- und Menschenrechte nichts gelten würden. Das sei kein Leben.
Den besonderen Abschluss bildete ein aus Kerzen gebildeter Schriftzug "Demokratie" vor dem Pfarrhaus, den die Teilnehmer dieser Kundgebung als Lichtzeichen zusammengefügt hatten.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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