OB Martin Staab im Sommerinterview, Teil 2
Von Bilanzen und Visionen: Radolfzeller Projekte
Radolfzell. Viele große und kleine Projekte stehen in Radolfzell an. Im Gespräch mit dem WOCHENBLATT berichtet OB Martin Staab über den Stand der Planungen und verrät, was die Stadt in den kommenden Jahren bewegen wird.
WOCHENBLATT: Welches sind die drei wichtigsten Projekte, die Sie im vergangenen Jahr angepackt oder vorangetrieben haben?
Staab: Es sind ehrlich gesagt viel mehr als drei Themen. Diese lassen sich jedoch unter drei Überschriften einordnen. Eine Überschrift lautet »Senioren, Freizeit und Gesundheit«. Vor ein paar Wochen konnten wir nach extrem kurzer Planungs- und Bauzeit das neue Seebad einweihen. Außerdem sind wichtige Beschlüsse gefallen in Bezug auf die Pflegeeinrichtung auf der Mettnau. Hier fehlt noch das letzte »Grüne Licht« durch das Regierungspräsidium, aber Frau Kollegin Laule arbeitet daran, dass wir dies im Herbst noch hinbekommen. Mit der Kur sind wir noch in der Diskussion, aber da sind wir so weit, dass wir im Herbst den Bebauungsplan beschließen können. Dann haben wir die Überschrift »Schule und Kita«. Wir konnten z.B. den Spatenstich für die Realschule und das Kinderhaus in Böhringen durchführen. Beide Projekte werden nächstes Jahr abgeschlossen und wir sind im Schulbereich ganz gut aufgestellt, nachdem wir auch den Neubau an der Ratoldusschule gestemmt haben. Ich würde mich freuen, wenn der Gemeinderat auch noch den Beschluss fasst, dass in der Nordstadt eine weitere Kita realisiert wird. Die dritte Überschrift ist das Thema »Bezahlbarer-, beziehungsweise sozialer Wohnraum«. Hier sind wir mit den baulandpolitischen Grundsätzen und den ersten Investorengesprächen ein ganzes Stück weiter gekommen. Mit der Raumteiler-Offensive hatten wir auch schon erste Erfolge. Damit haben wir etwa ein Dutzend Wohnungen, die leer standen, wieder dem Wohnungsmarkt zugeführt und konnten 33 Menschen ein neues Zuhause vermitteln.
WOCHENBLATT: Einige der genannten Projekte werden die Verwaltung und den Gemeinderat auch im kommenden Jahr noch beschäftigen. Gibt es daneben noch etwas Großes, das demnächst ansteht?
Staab: Das alles überlagernde Thema ist der Klimaschutz. Dies muss man natürlich in die verschiedenen Politikbereiche hineinübersetzen. Daran arbeiten wir aber auch schon mehrere Jahre. Auch die Bürgerbeteiligung wird dahingehend noch weiter ausgebaut. Denn Klimaschutz gegen den Willen der Bürgerinnen und Bürger wird man nicht durchsetzen können. Nicht von oben verordnend, sondern mit Anreizen wie bei den vergünstigten Buspreisen müssen wir für Verhaltensänderungen sorgen.
WOCHENBLATT: Im Hinblick auf den Naturschutz werden immer wieder Stimmen laut, die einer touristischen Entwicklung im Bereich Streuhau kritisch gegenüber stehen. Ist die Entwicklung mit der »Klimakrise Radolfzell aktiv« also überhaupt noch vereinbar? Staab: Man muss hier die gesamte Geschichte sehen. Der Gemeinderat hat bereits vor zwölf Jahren entschieden, dass der Bereich Bodenseereiter touristisch entwickelt wird. Schon damals haben die Umweltverbände als unsere wichtigsten Ansprechpartner gesagt, es sei sinnvoller, den Bodenseereiter zu renaturieren und dafür den Streuhau zu entwickeln. Ich würde den Umweltverbänden zustimmen, die in diesem Punkt Recht haben. Wir sind dieser Empfehlung 2016 gefolgt, weil wir eine sanfte touristische Entwicklung wollen. Es ist völlig klar, dass jede Versiegelung einen Eingriff in die Natur darstellt, aber dort entsteht kein riesiger Hotelkomplex, sondern ein touristisches Hüttendorf mit naturbelassenen Wegen. Ich glaube, es ist ein verträgliches Projekt, auch im Sinne des Klimaschutzes. Der Klimaschutz darf zudem nicht jede Entwicklung gänzlich versagen.
WOCHENBLATT: Am Neujahrsempfang haben Sie ein fahrerloses Mettnau-Shuttle angekündigt. Wie ist da der aktuelle Stand der Planungen?
Staab: Wir sind weiterhin mit der Firma in Friedrichshafen im Gespräch. Am Anfang hatten wir andere Zahlen bekommen. Inzwischen gibt es ein Angebot, dass uns finanziell nicht leistbar scheint. Wenn wir ein Angebot erhalten, das wir uns leisten können, wollen wir es gerne testen. Ursprünglich war die Idee 2020 damit an den Start zu gehen. Testfahrten haben stattgefunden und die Strecke vom Anfang der Mettnau bis zum Strandbad ist programmiert. Leistbar wäre es also bis 2020, aber es hängt jetzt von der Kostenfrage ab.
WOCHENBLATT: Was steht sonst noch an?
Staab: Was jetzt 2019/20 ein bedeutendes Thema für die Stadt sein wird, ist die Entwicklung am Untertorplatz. Das ist ein zentrales Element der Stadtentwicklung. Wir brauchen um unsere Fußgängerzone herum gewisse »Anker«, die dafür sorgen, dass die Innenstadt belebt bleibt. In dieser Hinsicht ist der Untertorplatz enorm wichtig für die Erschließung der Seestraße und der Poststraße. Deshalb hoffen wir, dass wir eine gute Lösung mit dem Umzug der Stadtwerke schaffen, damit wir am Untertorplatz einen starken Dienstleistungsstandort entwickeln können, der auch Raum bietet für stadtnahes Wohnen. Auch unser Mobilitätskonzept wollen wir im kommenden Jahr weiter ausbauen. Das Thema Stadtbus ist bereits auf einem sehr guten Weg. Wir wollen dieses Jahr einen neuen Nahverkehrsplan beginnen, der Fuß-, Rad- und Bahnverkehr sowie Car-Sharing besser vernetzen soll. Die Planungen laufen gegenwärtig. Es gibt Konzepte, die zeigen, wie man mit der gleichen gefahrenen Kilometerzahl eine engere Taktfrequenz ermöglichen könnte. Auch neue Buslinien mit dichterer Taktfrequenz können noch mehr Menschen dazu zu bewegen, auf den ÖPNV umzusteigen.
Den dritten und letzten Teil des Sommerinterviews gibt es in der nächsten Woche.
- Dominique Hahn
Autor:Redaktion aus Singen |
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