Zweite Kundgebung in Radolfzell
Breites Bündnis der Religionen für mehr Miteinander
Radolfzell. Bereits zum zweiten Mal versammelten sich am Sonntag, 18. Februar, Menschen aus Radolfzell und der Umgebung, um ein Zeichen für Demokratie und Menschenrechte zu setzen. Die OrganisatorInnen schätzten, dass etwa 400 bis 500 Menschen auf den Marktplatz gekommen waren. Anders als zuletzt am 31. Januar ging hierbei die Initiative gemeinsam von den Religionen der Stadt aus, mit der Überschrift "Es geht nur miteinander". Gemeinsam organisierten der katholische Pfarrer Heinz Vogel und Tsunma Konchok Jinpa Chodron, buddhistische Nonne und erste Vorsitzende des Vereins "Gelebter Dialog im alten Kloster" maßgeblich die Veranstaltung. Beiträge kamen von VertreterInnen christlicher Kirchen, muslimischer Strömungen, aus dem Judentum, Buddhismus, Hinduismus und dem Alevitentum.
Heinz Vogel kann sich vorstellen, langfristig ein Forum der Religionen zum regelmäßigen Austausch in Radolfzell aufzubauen. Ein solches Forum existiert beispielsweise bereits in Singen. Bereits vor der ersten Kundgebung in Radolfzell habe es die Überlegung einer eigenen Veranstaltung gegeben, berichte Vogel dem WOCHENBLATT, denn oft seien oder würden Religionen in Konflikte verstrickt. Aus der von der deutschen Verfassung garantierten Religionsfreiheit ergibt sich für den Pfarrer gleichermaßen ein Schutz und eine Pflicht. Bei der Teilnahme an der Kundgebung am 31. Januar dann sei der Entschluss gefallen, eine eigene Veranstaltung zu organisieren.
Den Bericht über die Kundgebung am 31. Januar gibt es hier zum Nachlesen:
Tsunma Konchok Jinpa Chodron sprach auf dem Marktplatz zunächst im Namen des Vereins "Gelebter Dialog im alten Kloster". Im Dialog sieht sie ein "starkes Gegenmittel zu Entfremdung und Entzweiung".
Oberbürgermeister Simon Gröger freute sich über diese zweite Veranstaltung in Radolfzell. In dieser gemeinsamen Kundgebung der Religionen – "trotz ihrer Unterschiede" – sehe er erneut ein starkes Zeichen.
Als Vertreter der muslimischen Schiiten sprach Mohammad Baquer Zaki, der aus Afghanistan stammt. Seiner Ansicht nach führe eine Demokratie ohne Toleranz in den Totalitarismus. "Allein die Existenz demokratischer Instanzen reicht nicht aus", betonte er. Doch bedeute Toleranz auch nicht, alles gutzuheißen, sondern die Haltungen anderer zu achten. Weiter appellierte er: "Es liegt an uns."
Während sie selbst durch ihr deutsches Aussehen bislang wenig Ausgrenzung oder Hass erfahren habe, berichtete die Jüdin Geraldine (Anmerkung der Redaktion: Nachname soll nicht genannt werden) von Personen in ihrem Umfeld, die andere Erfahrungen gemacht haben. Ein zentraler Gedanke des Judentums sei die "Reparatur der Welt", wonach es in der Verantwortung jedes Einzelnen liege, auf eine bessere Welt hinzuarbeiten. Das bedeute auch, aufeinander zuzugehen.
Die Freiheit des Andersdenkenden
Ein zweites Mal sprach Tsunma Konchok Jinpa Chodron als buddhistische Nonne. Sie betonte, dass trotz unterschiedlicher Vorstellungen eines guten Lebens im Wesenskern alle Menschen gleich seien. Freiheit nur für sich selbst zu wollen, sei keine wirkliche Freiheit, verdeutlichte sie mit dem Zitat von Rosa Luxemburg über die "Freiheit des Andersdenkenden" und rief auf zum Austausch und Dialog.
Dass Demokratie vom (miteinander) Reden und das wiederum vom Zuhören lebe, verdeutlichte der evangelische Pfarrer Alexander Philipp. Zuhören schaffe Verständnis und die Bereitschaft, aufeinander zuzugehen. Jeder Mensch handle aus guten Absichten, über die konkreten Lösungen könne man unter Wahrung der Würde des Gegenübers streiten. Andernfalls "wird die Würde anderer Menschen antastbar sein und das darf nicht sein!", unterstrich er unter Beifall.
Bei den PfadfinderInnen gibt es Organisationen der unterschiedlichsten Glaubensrichtungen. Für die Deutsche Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPAG) aus Markelfingen sprachen am Sonntag unter anderem Angela Wolf-Lenz und einige junge PfadfinderInnen. Pfadfinder seien schon immer international, demokratisch und solidarisch und setzen sich für diese Werte ein, vermittelte die Gruppe.
Geschickt in die Veranstaltung wurde von Heinz Vogel der Glockenschlag um 17 Uhr, der hier zu einem Moment des Innehaltens und der Reflexion des Gesagten aufrief. Zum Abschluss appellierte Tsunma Konchok Jinpa Chodron: "Tragen Sie das Gute in die Welt."
Autor:Anja Kurz aus Engen |
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