Das Hausherrenfest in Zeiten von Mundschutz und Sicherheitsabstand
»Anders, doch trotzdem...«

Hausherrenfest | Foto: Alles fand in kleinerem Rahmen statt als gewohnt. So war auch der Empfang der Mooser Pilger etwas weniger feierlich als gewohnt, dafür war die Freude darüber, dass zumindest der kirchliche Teil der Tradition aufrecht erhalten werden kann umso größer. Auf
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Radolfzell. Normalerweise ist die ganze Stadt auf den Beinen beim höchsten Feiertag der Stadt. Dieses Wochenende erlebte Radolfzell hingegen ein außergewöhnliches Hausherrenwochenende.

Vieles ist in diesem besonderen Jahr anders. Auch lang gepflegte und geliebte Traditionen bleiben davon nicht unberührt. Das zeigte auch das vergangene Hausherrenfestwochenende in Radolfzell. Schon früh wurde absehbar, dass das Fest in seiner gewohnten Form nicht stattfinden kann. Die Tradition wurde indes nicht unterbrochen, denn zumindest der kirchliche Teil konnte in abgeänderter Form stattfinden. Und so wurden insgesamt 16 Gottesdienste gefeiert, deutlich mehr als an einem normalen Hausherrenfest. »Wir wollten, dass jeder, der möchte, die Gelegenheit hat, einen Gottesdienst zu besuchen, auch wenn die Besucherzahl im Münster derzeit reduziert ist«, erklärte der Radolfzeller Stadtpfarrer Heinz Vogel am Montag nach dem Mooser Amt im Gespräch mit dem WOCHENBLATT. Dementsprechend sei das Wochenende eine sehr verdichtete Zeit gewesen und habe viel Kraft gekostet. »Aber es hat sich gelohnt«, ist sich Vogel sicher. In diesem Punkt pflichtet ihm Münsterkantor Andreas Jetter bei. Denn auch musikalisch hatte das diesjährige Hausherrenfest eine große Bandbreite zu bieten. »Wir hatten dieses Jahr viele kleinere musikalische Formationen im Einsatz, darunter auch Musikerinnen und Musiker von auswärts. Alle waren froh, wieder Musik machen zu dürfen, und auch wenn es nicht das gewohnte Fest war, finde ich, dass wir doch sehr reich aus diesem Wochenende herausgehen«, so Jetters Fazit.

Das Herz hängt am Hausherrenfest

Überwältigt zeigte sich Pfarrer Vogel davon, wie viel Einsatzbereitschaft die Zeller für ihr Fest gezeigt haben. »Alle, die jedes Jahr dabei sind, waren auch bereit, sich dieses Jahr einzusetzen. Egal in welcher Form. Dabei kamen auch viele gute Ideen auf und dementsprechend kamen für manches gewohnte, was in diesem Jahr ausfallen musste, auch schöne neue Sachen dazu«, so Vogel. Dazu zählen beispielsweise die Fotos der vergangenen Hausherrenfeste am Pfarrhaus oder die Impulse unter dem Motto »Der Sch(r)ein der Heiligen wird zum Segen«, die am Sonntagnachmittag nicht nur einen Ersatz für die Prozession durch die Altstadt bildeten, sondern auch all denjenigen einen Zugang zum Fest geben sollten, die keinen Zugang zum Thema Heiligenverehrung haben, erklärt Vogel.

»Es war ein bisschen normal, aber gleichzeitig auch ganz anders«, bilanziert Oberbürgermeister Martin Staab. »Für mich war es wichtig, dass zumindest der kirchliche Teil stattfinden kann. Auf das weltliche Fest kann man in einer solchen Ausnahmesituation auch mal verzichten, aber Radolfzell ist eine gläubige Stadt und deshalb war es wichtig, dass zumindest die kirchliche Tradition aufrechterhalten wird. Was bleibt ist die Hoffnung, dass nächstes Jahr wieder normal gefeiert werden kann. Darauf hoffen auch die Mitglieder der Stadtkapelle, berichtet der 1. Vorsitzende Thomas Späth auf Nachfrage des WOCHENBLATTs.

Vereine stark getroffen

»Es ist ein komisches Gefühl, dieses Jahr nicht über vier Tage komplett gefordert zu sein. Es ist seit Jahrzehnten Tradition, dass wir als Stadtkapelle für dieses Fest von Samstagmorgen bis Dienstagabend, praktisch ohne Verschnaufpause, in vollem Einsatz sind. Unsere Auftritte als gesamte Kapelle, insbesondere im Rahmen des kirchlichen Festes, vermissen wir schmerzlich. Zu gerne hätten wir die Sonntags-Prozession und den Empfang der Mooser Delegation zur Wasserprozession mitbegleitet. Getröstet hat uns nun die Möglichkeit, in kleinen Gruppierungen auf dem Turm und in der Kirche während der Gottesdienste am Samstagabend und Sonntag Morgen am Fest aktiv mitwirken zu können. Für die Beteiligten war dies eine wertvolle Erfahrung, und auch aus der Bevölkerung erhielten wir dafür Lob und Zuspruch, was uns sehr gefreut hat«, so Späth.
Viele Vereine trifft die Absage des Hausherenfests nicht nur deshalb, weil liebgewonnene Traditionen wegfallen, sondern auch deshalb, weil sie durch die Bewirtung am weltlichen Fest ihre Vereinsarbeit finanzieren. Davon ist unter anderem auch die Stadtkapelle betroffen.
»Finanziell sind wir momentan so aufgestellt, dass der Ausfall des Hausherrenfests gerade verkraftet werden kann. Dazu trägt auch bei, dass aufgrund der derzeitigen Situation keine Konzertreise stattfinden wird. Insgesamt stellt der Bewirtungsbetrieb am Hausherrenfest unsere primäre Einnahmequelle dar und wir hoffen auf ein erfolgreiches Fest 2021, um unsere musikalischen Aktivitäten weiterhin finanzieren zu können«, erklärt Thomas Späth.

Wasserprozession in kleinem Rahmen

Auch die Mooser Wasserprozession konnte in kleinem Rahmen stattfinden. Das war ebenfalls schon sehr früh klar. »Wir setzen auf jeden Fall über, und wenn wir zu zweit über den See rudern«, hatte der Mooser Bürgermeister Patrick Krauss zu Höri-Pfarrer Stefan Hutterer gesagt, als deutlich wurde, dass die Wasserprozession nicht im gewohnten Rahmen stattfinden kann. »Im Jahr 1796 gelobten unsere Vorfahren, alljährlich zu Ehren der Radolfzeller Hausherren Theopont, Senesius und Zeno nach Radolfzell zu pilgern. Die Hausherren bewahrten die Bauern damals vor einer Viehseuche, die sich über den Südwesten Deutschlands ausbreitete«, erinnerte Krauss in seiner Ansprache auf dem Schiff. Dieses Gelübde sei bis auf nur wenige Ausnahmen, bei denen der Landweg genutzt wurde, immer eingehalten worden. In Anbetracht der Coronapandemie sei es deshalb »umso wichtiger, dass die Tradition unserer Vorfahren weitergeführt wird«, sagte Krauss und betonte: »Ich bin daher sehr glücklich, dass wir heute gemeinsam nicht nur das Versprechen unserer Vorfahren von 1796 erhalten, sondern zu dem auch für das Überstehen der Coronakrise bitten und beten können.

- Dominique Hahn

Autor:

Redaktion aus Singen

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