Bohlingen und Öhningen von Starkregen betroffen
Ein Wetterereignis nie dagewesenen Ausmaßes
Öhningen/Singen. "So ein Ereignis hatten wir hier im Ort noch nie", machte Thomas Renz, Gesamtkommandant der Freiwilligen Feuerwehr Öhningen auf Nachfrage des WOCHENBLATTs deutlich. Ein Starkregenereignis, das den Einsatzkräften vor Ort einiges abverlangte.
Auslöser war Renz zufolge eine Gewitterzelle, die sich um 23 Uhr über Schienen abgeladen hatte und Wassermassen bildete, die sich von drei stark überfluteten Straßen aus an der Schienerbergstraße zu einem Fluss zusammenführten. "Diese Wassermengen stiegen bis auf 40 bis 50 Zentimeter an."
Hilfe von Nachbarwehren
Doch nicht nur in Schienen waren die Einsatzkräfte gefordert, sondern auch in den Ortsteilen Öhningen und Wangen, wie Thomas Renz berichtete: "In Wangen bekamen wir die Meldung, dass dort der Bach auf die Straßen übergelaufen war und auch den Keller eines Wohnhauses überflutete." Selbiges ereignete sich auch in Öhningen, wo unter anderem das Schloss Oberstaad von den enormen Wassermassen bedroht war. "Wir haben dort versucht, mit Hunderten von Sandsäcken entgegenzuwirken, aber schließlich hat es das Erdgeschoss sowie den Keller dort auch erwischt."
Unterstützung erhielt die Freiwillige Feuerwehr Öhningen, die mit allen drei Abteilungen im Einsatz war, in dieser Nacht von der befreundeten Feuerwehr aus dem schweizerischen Stein am Rhein sowie auch aus Gaienhofen. "Die Schweizer Kollegen haben uns dabei vor allem mit den Sandsäcken unterstützt, da uns der Vorrat ausging, sowie in Öhningen und Schienen ausgeholfen." Insgesamt waren 80 Feuerwehrleute im Einsatz, wobei die Kollegen aus Gaienhofen und Stein am Rhein gegen 7 Uhr morgens wieder abrückten. Auch die Stadtwerke Konstanz, die E-Werke des Kantons Schaffhausen sowie Tobias Oexle als stellvertretender Kreisbrandmeister machten sich vor Ort ein Bild.
Bevölkerung half mit
Bis dahin war noch lange nicht alles erledigt, wie Thomas Renz verlauten ließ. "Neben den Bachbetten, welche wir ausspülen mussten, ging es auch darum, die ganzen Keller auszupumpen." Die Ausmaße, so der Gesamtkommandant, hätten sich selbst die Einsatzkräfte vor Ort so nicht vorstellen können. "Wir haben gefühlt zehn LKWs voll Geröll, welches vom Schienerberg hinunterkam, von den Straßen beseitigt." Darüber hinaus wurde ein Gullideckel weggeschwemmt, der Löschteich stark überflutet, Feldwege zerstört sowie Strom- und Glasfaserkabel freigelegt. "Zudem gab es einen Hangrutsch in der Elmenstraße und wir mussten die Kirche am Käppeleberg mit Steinen und Sandsäcken vor den Wassermassen schützen." Zusätzlich dazu musste man um 1.52 Uhr via NINA Warnapp auf das Unwetter sowie mit Durchsagen im Ort auf das durch das Ereignis verunreinigte Trinkwasser hinweisen. Hier musste man auch die Hydranten mit Chlor durchlaufen lassen, um das Wasser von den Keimen zu befreien. All dies führte dazu, dass der Einsatz der Öhninger Wehren erst am 10. Juni gegen 17 Uhr beendet war.
Erfreut war man laut Thomas Renz über die große Unterstützung, nicht nur von anderen Wehren, so halfen die Straßenmeisterei Konstanz mit fünf bis sechs Fahrzeugen, ortsansässige Firmen, Mitarbeiter des Bauhofs sowie viele Bürgerinnen und Bürger mit Klemmbaggern und Schaufelladern bei den Aufräumarbeiten aus.
Großeinsatz auch in Bohlingen
Ebenfalls stark betroffen von diesem Ereignis war der Singener Stadtteil Bohlingen. "Um 0.02 Uhr haben wir die erste Alarmierung erhalten, dass die Ortsmitte unter Wasser steht", so Mario Dutzi, Kommandant der Singener Feuerwehr auf Nachfrage des WOCHENBLATTs. Dieser Verdacht habe sich bestätigt, als man einige Minuten später mit insgesamt 50 Einsatzkräften der Abteilungen Bohlingen und Stadt am Ort des Geschehens eintraf. Die Wassermassen sowie das Geröll gelangte nur deshalb in Richtung Bohlingen, da ein an einem Feldweg gelegener Graben, der das Wasser eigentlich in Richtung Aach umleiten sollte, von einem vom Schienerberg mitgeschwemmtem Baum verstopft wurde. "Das Wasser bahnte sich schließlich bei der Antoniuskapelle über die Dorfstraße in Richtung Ortsmitte", so Dutzi.
Im Singener Stadtteil stieg das Wasser an seiner höchsten Stelle in Richtung Gasthaus Sternen auf bis zu 50 Zentimeter, der Schlamm auf bis zu 15 Zentimeter. "In diesem Bereich drohte auch Wasser in angrenzende Häuser einzulaufen." Dies sowie dadurch mögliche Gebäudeschäden konnten laut dem Singener Kommandanten zufolge auch durch Sandsäcke erfolgreich verhindert werden. Über verschiedene Einlaufschächte konnte die Wehr, die in dieser Nacht mit einem Tanklöschfahrzeug aus Stockach unterstützt wurde, das Wasser in die Kanalisation einlaufen lassen und über die Gräben wieder zurück in das Aachried leiten. "Zudem haben einige Bauhofmitarbeiter mit Fahrzeugen, die mit Schneepflügen bespannt wurden, mitgeholfen, die Straßen vom Geröll und Schlamm zu befreien", so Mario Dutzi. Ein für alle Wehrkräfte sehr aufwändiger Einsatz war ihm zufolge am Montag, 10. Juni gegen 8.30 Uhr beendet.
Und auch wenn die jeweiligen Kräfte alle Hände voll zu tun hatten, in einer Sache waren sich beide Kommandanten einig: "Die höhere Gewalt darf niemals unterschätzt werden."
Autor:Philipp Findling aus Singen |
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