Hilfe für Menschen in der Ukraine
Rühriger Mühlinger Verein trotzt dem Bürokratismus und organisiert weiter direkte Hilfe

- Der Vorstand von "Hilfe für Menschen in der Ukraine" mit Erinnerungen und Nachweisen ihrer rührigen Arbeit: Viktor Krieger (Vorsitzender), Torsten Scigliano (Bürgermeister und jetzt neuer Schirmherr), Manfred Jüppner (bisheriger Schirmherr), Meinrad Joos (stv. Vorsitzender), Andreas Zeiher (Schriftführer) und Thilo Ruther (Kassier).
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Mühlingen. Bilanz zog der Mühlinger Verein „Hilfe für Menschen in der Ukraine“ am Freitagabend im Mainwanger Gemeindesaal. Alt-Bürgermeister Manfred Jüppner, der auch nach seiner Amtsübergabe an Torsten Scigliano die Schirmherrschaft für den rührigen Verein rund um den Vorsitzenden Viktor Krieger ausübte, gab diese nun an seinen Nachfolger ab.
Elf Transporte zählte Viktor Krieger seit Beginn des Krieges in der Ukraine, dabei habe man über 100 Tonnen Hilfsgüter ausgeliefert. Lebensmittel, Kühlschränke, Holzöfen, Baumaterialien und sogar ein Feuerwehrfahrzeug, 2024 dann noch einen Krankenwagen, der über die Malteser im Landkreis günstig erstanden werden konnte wurden in den Westen der Ukraine nahe der slowakischen Grenze gebracht, um den Menschen dort zu helfen. In Huta, Kamyanytza und Orehowzi wurden mit neuen Bohrungen die Wasserversorgung wieder hergestellt.
Im November 2024 brachte der Verein 75 Fahrräder in das Gebiet sowie Möbel. Der Krankenwagen der Maltester konnte für 3.000 Euro erstanden werden, wurde von Markus Auer durchgecheckt und repariert.
2025 wurden bereits Lebensmittel gespendet: Die Lebensmittel wurden vor Ort gekauft und mit 2.500 Euro kann man dort viele Familien langfristig versorgen. Für rund 140 Familien wurden Lebensmittel verteilt, 16 Euro pro Familie. Dafür gibt es pro Familie zehn Kilogramm Lebensmittel und 1,5 Kilogramm Waschmittel.
Die 16 Euro sind in der Ukraine rund 1,5 Monatsgehälter. In immer mehr Familien, beschreibt Viktor Krieger, sind Kriegsheimkehrer. „Manche sehen aus wie Mumien.“ Als Lohn für ihren Einsatz bekämen sie zehn Euro im Monat Unterstützung. Von Betreuung und ordentlicher Versorgung für die Kriegsheimkehrer, wie sie bei uns für jedermann üblich ist, kann keine Rede sein.
Die einstimmigen Neuwahlen des Vorstandes ergaben keine Änderungen: Viktor Krieger und Meinrad Joos führen den Verein, Thilo Ruther übernimmt weiter die Kasse, Andreas Zeiher führt Protokoll, Adolf Bauer und Markus Auer fungieren als Beisitzer. Und der neue Schirmherr Torsten Scigliano erklärte, dass er jederzeit für den Verein da sei, aber wahrscheinlich nicht so reisefreudig wie der Vorgänger sei. Er betonte den Wert der direkten Hilfe, die durch die Mühlinger organisiert wird: „Ich glaube, auf den großen Kanälen verschwinden viele Hilfsleistungen, eure Hilfsleistungen kommen direkt an.“
Um das hinzubekommen, machen die Vereinsleute mehr als ein paar Klimmzüge: Meinrad Joos: „Trotz Krieg ist der Bürokratismis durch nichts zu übertreffen.“ Mariya Koval-Matsyuta, Bürgermeisterin von Onokivzi, wurde von ihrem Sekretär des Amtes entledigt. Er ist jetzt Interimsbürgermeister. Die Tendenz dahinter: Zentralisierung und Mittelabfluss in Richtung Kiew. Um dafür zu sorgen, dass die Hilfen trotz Bürokratismus und Willkür weiterhin direkt vor Ort bei den Menschen ankommen, arbeiten die Mühlinger deshalb mit dem Verein Rocash in der Region (auf Deutsch: Freundschaft) zusammen.
Der sorgt vor Ort für die Verteilung, ohne dass die Behörden Zugriff haben. Jetzt soll eventuell im Herbst ein Gebäude gebaut werden auf einem Grundstück, das dann dem Mühlinger Verein und Rocash gehört, damit dort Sachspenden zwischengelagert werden können. Die frühere Bürgermeisterin hilft im Verein mit, ist dort mit im Vorstand. Beratende Unterstützung und Netzwerkhilfe gibt es für den Verein durch die Bayrische Ostgesellschaft, die sich mit den Bedingungen in der Ukraine und in Russland sehr gut auskennt. Und Viktor Krieger weiß, wie verhandelt werden muss dort. Seine Schilderungen lassen ahnen, dass das wenig mit dem zu tun hat, wie (derzeit) bei uns verhandelt wird.
Dankbar ist der Vorstand vor allem denen, die seit Jahren unterstützen: Allen voran Transco Süd, Autohaus Blenderund Kraftstoff Ley. Ohne sie wäre die Hilfe nicht möglich. Und dankbar ist der Vorstand, dass die Menschen, denen geholfen wird, sich nicht nur über die Hilfen freuen, sondern sie mithelfen und umsetzen: „Rocash verbaut das, was wir liefern gleich, verteilt gleich und viele Hände helfen“, so Krieger sinngemäß.
Und die Formalien? Die Kasse ist ganz gut gefüllt, um weiter zu helfen: Über 22.000 Euro sind in der Kasse, 16.000 Euro kamen an Spenden 2024 rein. Der Kassenstand ist aber auch deshalb hoch, weil man 2024 nur einen Transport organisiert hatte. 2025 hat der Verein mehr vor, auch um der zunehmenden Bürokratie und Korruption im Land ein Schnippchen zu schlagen und dafür zu sorgen, dass die Hilfe auch weiterhin direkt bei den Menschen ankommen, was einiges an Aufwand und Erfindergeist braucht.
Wer mitmachen will, kann sich unter ukrainehilfe.eu (Link öffnet in neuem Fenster) informieren. Und Spendengelder sind natürlich weiterhin gefragt. „Den Menschen auf dem Land geht es in der Ukraine nicht gut“, so Krieger.
Autor:Anatol Hennig aus Singen |
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